Auch der 1. FC Union kennt es: Das mit dem reinen Zufall ist manchmal wie im Film ...
Mal profitieren die Eisernen, öfter waren sie schon die Leidtragenden. Aber Missgeschicke sind nicht immer unvorhersehbar.

Manches im Leben ist purer Zufall. Als junger Mensch wählt man diese oder jene Ausbildung, verändert sich hier- oder dorthin zum Studium, sucht sich in der heimatlichen Umgebung eine Arbeitsstelle oder in der Ferne – so werden unbewusst die Weichen für eine Zukunft gestellt, die nur bei der kleinsten anderen Entscheidung einen komplett anderen Verlauf nehmen würde. Das ist, völlig klar, die reinste Philosophie, und man geht eigentlich immer davon aus, das Richtige zu tun.
Manchmal ähnelt der Fußball dem Leben. Demnach ist auch hier manches purer Zufall. So wie das Tor von Janik Haberer zum 1:0 beim 2:0-Sieg des 1. FC Union gegen Borussia Dortmund. So etwas kommt sonst nicht einmal im Training vor, so ein Tor der Marke Hätte-meine-Oma-auch-gemacht, oft noch mit dem hämischen Zusatz: wenn sie mit ihrem Rollator denn so weit nach vorn gekommen wäre.
1. FC Union: Spielglück hat nichts mit Können zu tun
Im Fußball nennt man derartige Zufälle neuerdings Spielglück. Das hat nichts mit Zocken zu tun und mit Können erst recht nicht. Während sich im jüngsten Fall die Dortmunder auf ihren Schlussmann Gregor Kobel blind verlassen haben – die Gefahr, dass der den Ball nicht kontrollieren würde, tendierte in der Tat gegen null –, lief Haberer eigentlich nur locker aus und war fast schon am Abdrehen. Bis er die unverhoffte Chance – na gut, man soll offensiv pressen und den Gegner damit stressen – wahrnahm und das wahrscheinlich mit Abstand einfachste seiner inzwischen 15 Tore in der Bundesliga einschob.
Von derartigen Aussetzern ist kein Team frei. Meistens betrifft es die Schlussleute, weil es dann häufig mit einem Tor endet. Von Slapstick-Einlagen gerade von Torhütern gibt es mittlerweile abendfüllende Filmchen. Als neutraler Beobachter kommt man vom Grinsen ins Schmunzeln ins Brüllen ins Auf-die-Schenkel-Klopfen. Demjenigen, dem das jedoch gerade passiert, ist eher nach Schimpfen, nach Fluchen, nach Tränen, nach Nicht-mehr-gesehen-werden-Wollen.
Schäfer, Luthe, Andrich und noch viele mehr beim 1. FC Union
Auch den Rot-Weißen ist das bereits passiert. Ähnlich x-beinig hat sich Andras Schäfer erst jüngst in Malmö angestellt, als er den Ball zu seinem Feind machte und in dessen Folge vom Platz flog. Gefreut hat sich auch Andreas Luthe nicht, als er in der Vorsaison im Europapokal gegen Feyenoord Rotterdam ausrutschte und damit den Niederländern den 2:1-Sieg schenkte. Schön war es auch für Robert Andrich nicht, als er einst in Frankfurt unbedrängt aus 20 Metern einen Treffer der Marke Eigentor des Jahres in den Luthe-Kasten schmetterte und so die Schotten öffnete zum 2:5 der Eisernen.

Als das Tor des Monats, das die ARD seit 1971 im Programm ihrer Sportschau hat, noch in den Kinderschuhen steckte, ließ sich beim NDR jemand mit dem Anti-Tor des Monats den Kontrast einfallen. Eine Wahl hatte es in der Tat in sich. Regen. Matsch. Peitschender Wind. Ganz tiefer Boden. Von Rasenheizung hatten die allermeisten damals so viel gehört wie von künstlicher Intelligenz heute. Der Ball sauschwer und die Schuhe nicht mehr standfest. Alles in allem Bedingungen vom Allerfeinsten.
Die Mutter aller Slapstick-Tore
Das Spiel läuft in einer unteren Liga, Barmbek-Uhlenhorst gegen irgendjemanden. Im Anschluss an eine Ecke fliegt ein unspektakulärer Schuss, eigentlich kullert der Ball eher, aufs linke untere Eck. Dort steht ein Verteidiger, weil damals bei Ecken sowohl am kurzen als auch am langen Pfosten einer zu stehen hatte, und will den Ball mit richtig Schmackes aus der Gefahrenzone bolzen. Was aber passiert?
Weil der Typ so grandios ausholt, bleibt er im Tornetz, das damals längst nicht so gespannt ist wie heute und durch den Regen noch schwerer geworden ist, hängen. Während er in die Pfütze vor sich fällt, bleibt der Ball, durch eben diese Pfütze gebremst, sagenhafte 30 Zentimeter hinter der Torlinie liegen. So viele Zufälle! Sieht das jemand im Kino, tippt er sich an die Stirn und sagt: Na ja, ist bloß ein Film. Da wird manchmal dick aufgetragen.
Mittwoch und Sonntag droht 1. FC Union Gefahr
Was trotz des eher zufälligen Tores von Janik Haberer indes kein Zufall ist, ist die Position des 1. FC Union. Zum fünften Mal schon sind die Eisernen Tabellenführer und damit so oft wie kein anderes Team in diesem Spieljahr. Dass eine andere Mannschaft als Bayern München zuletzt fünfmal in einer Saison ganz oben war, liegt eine ganze Weile zurück. Im Herbst 2019 ist es passiert, als die Spieler um Trainer Urs Fischer und Kapitän Christopher Trimmel neu in der Bundesliga waren und es mit Mönchengladbach und Leipzig gleich zweien gelungen ist.
Zufall ist es auch nicht, dass ein Tabellenführer gegen einen vermeintlich krassen Außenseiter stolpert. Vor dieser Gefahr stehen die Köpenicker im Pokal heute Abend in der Alten Försterei gegen Zweitligist Heidenheim und um Punkte am Sonntag in Bochum beim Bundesliga-Schlusslicht. Mit Außenseitern ist manchmal nicht gut Kirschen essen. Deshalb, Eiserne: Obacht vor den Kleinen! Bis vor Kurzem wart ihr nämlich selbst welche …
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