Ein rassiges Duell zwischen den Bayern und Union erleben die Fans am Sonntag bestenfalls vor dem Fernseher.
Ein rassiges Duell zwischen den Bayern und Union erleben die Fans am Sonntag bestenfalls vor dem Fernseher. imago-images

Der Anpfiff zum Wiederbeginn der Bundesliga ist noch nicht erfolgt, weiterhin werfen sich Befürworter und Gegner des Weitermachens mehr oder weniger knallige Argumente an den Latz, trotzdem machen erste Anekdötchen die Runde. Da schwebt Bayern Münchens Torhüter, damals Oliver Kahn, dem Dortmunder Angreifer Heiko Herrlich an die Brosche und versucht ihm in feinster Graf-Dracula-Manier seine Beißerchen in den Hals zu rammen – unter Covid-19-Bedingungen, klare Sache, strikt verboten!

Oder das: Wieder Kahn im Bayern-Kasten. Wieder ist Dortmund der Gegner, erneut ist der Schlussmann spitz auf einen BVB-Angreifer. Diesmal ist es Stephane Chapuisat, der Schweizer. Kahn hat zwar den Ball sicher, sein ausgestrecktes rechtes Bein aber reckt er dem Gegner in exzellenter Kung-Fu-Pose Richtung Weichteile – unter Covid-19-Bedingungen, ebenso klare Sache, weil der Mindestabstand gerade so eingehalten wird, mit ganz viel Augenzwinkern erlaubt.

Ganz so einfach ist es nicht, ich weiß, es stimmt auch nicht. Das ist eher was für den Stammtisch, möglichst für den fortgeschrittenen, den nicht mehr ganz nüchternen. Was aber ist, wenn solch ein Ding trotzdem passiert? Man stelle sich nur vor, da kommt jemand wie damals Frank Rijkaard, WM-Achtelfinale 1990 gegen Oranje, das Lama, Rudi Völler, Rote Karte … Am Ende ist trotzdem alles gut, weil der WM-Titel strahlt.

Nur: Um den geht es diesmal ja nicht. Es geht um eine ganz neue, ganz andere und noch nie dagewesene Dimension. Da ist es fast banal, ob die Bayern wieder Meister werden. Wenn doch, na und? Wenn nicht, auch und erst recht na und. Es geht einfach darum, ob dieses fragile Gebilde Bundesliga-Neustart die Stärke besitzt, eine Bresche in die Corona-Sperren zu sprengen oder ob es sich selbst zerlegt.

Es gibt zig Argumente fürs Weitermachen, genauso gut gibt es zig dagegen. Es steigt das Spiel der Spiele für den 1. FC Union. Es steigt zugleich der Frustpegel bei einem Fan wie dem eisernen, denn es ist wie befürchtet: Die Bayern kommen in die Alte Försterei, doch keiner geht hin. Sonst kann schon wieder alles im Eimer sein. Deswegen, Leute: Bleibt vernünftig!

Dilemma zwischen Herz und Kopf

Dabei steckt der eiserne Fan gerade bei diesem Match in einem Dilemma. Er muss, schwer genug, mit sich selbst ausmachen, wie er dieses Ringen zwischen Herz (Da spielen die Bayern endlich mal hier, das erste Mal auch noch, ich muss sie sehen!) und Kopf (Ich darf nicht hin, dafür drücke ich den Eisernen umso mehr die Daumen!) managt. Auch wenn es ein Gefühl ist wie eine unberechtigte Rote Karte, es geht nicht anders. Außerdem trifft es nicht einen, es trifft alle. Das schweißt im Kummer irgendwie zusammen. Dennoch: Die eiserne Seele blutet.

Trotzdem geht das jemandem, durch dessen Adern rot-weißes Blut fließt, gerade bei so einem Spiel gewaltig an die Nieren. Ganz abgesehen davon, dass es genug Supporter gibt, deren ganz spezieller Sport es ist, im Laufe einer Saison alle Stadien besucht zu haben, in denen ihre Mannschaft spielt. Die Briten sind in dieser speziellen Disziplin des Ground hoppings geradezu Weltmeister. Diesmal trifft es die Bayern, später wohl jeden. Wenn es ein Später so bald überhaupt gibt.

Dann, ja dann, wenn wir alle wieder aus unseren Verstecken aufgetaucht sind und die Schutzmasken abgenommen haben, ziehen wir den Bayern, wenn es nicht doch schon am Sonntag passiert, wirklich die Lederhosen aus. Versprochen.