Der Transfercoup

1. FC Union und Gosens: Wenn zwei Gewinner der Fußballkrise sich zusammentun

Lange unterschätzt und sich dann durchgesetzt. Der 1. FC Union und Nationalspieler Robin Gosens haben den gleichen Erfolgsweg. Da passt etwas sehr gut zusammen.

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Unions Trainer Urs Fischer begrüßt seinen neuen Nationalspieler Robin Gosens auf dem Rasen der Alten Försterei.
Unions Trainer Urs Fischer begrüßt seinen neuen Nationalspieler Robin Gosens auf dem Rasen der Alten Försterei.imago images/Koch

Er kann es kaum erwarten, die Fans des 1. FC Union sind jetzt schon freudig erregt. Nationalspieler Robin Gosens (29) spielt Sonntag (15.30 Uhr) zum ersten Mal in seinem Leben in der Bundesliga – für die Eisernen gegen den FSV Mainz 05. Das sind die Geschichten, die alle mögen. Nicht diese verzweifelte Episode des FC Bayern, der mit 100 Millionen Euro um sich geschmissen hat, um Englands Superstar Harry Kane zu bekommen, und eigentlich nur zeigt, wie tief der deutsche Fußball in der Krise steckt. Union und Gosens ist das Gegenmodell. Der Verein und der Spieler sind die Gewinner der langjährigen Fußballkrise in Deutschland.

„Das ist keine Floskel. Ich habe damals angefangen, Fußball zu spielen, weil ich die Bundesliga so toll fand. Ich habe als kleiner Junge immer Bundesliga geschaut. Es war mein Lebenstraum, einmal Bundesliga zu spielen. Ich werde Union dafür ewig dankbar sein“, das sagt nicht ein junges Talent bei seiner Antrittsrede. Das sagt der Nationalspieler Gosens.  

Gosens: „Ich bin Union ewig dankbar“

Robin Gosens
Robin Gosensimago images/Beautiful Sports

Dieser Transfer ist so schön normal, dass er vielen schon wieder als verrückt erscheint. Bei genauerem Hinschauen ist es aber eine logische Konsequenz aus den vergangenen Jahren. Kein Mensch hatte vor elf Jahren den 1. FC Union auf dem Radar, wenn es um Champions League ging. Da waren die Köpenicker biederer Zweitligist. Und in Deutschland hatte 2012 keiner so ein richtiges Auge für ein Ausnahmetalent aus Rhede in Nordrhein-Westfalen.

Der damals 18-jährige Robin Gosens wechselte deswegen zu Vitesse Arnheim nach Holland. Drei Jahre später war endgültig er bei Herakles Almelo im Profi-Fußball angekommen. In der Bundesliga nahm noch immer keiner Notiz von diesem schnellen Linksfuß, der als Verteidiger und als Flügelspieler Vollgas gibt. 2017 hatten die Italiener ein feineres Näschen. Atalanta Bergamo lotste Gosens über die Alpen. Und Union vor sechs Jahren? Die Eisernen setzten zum ersten Mal ein zaghaftes Ausrufezeichen und wurden Vierter in der Zweiten Liga. 

Zwei Jahre später war das Wunder von der Wuhlheide 2019 vollbracht. Der 1. FC Union war nach harten Jahren in der Nachwendezeit zum ersten Mal in der Bundesliga. Der Rest ist bekannt. Mit Trainer Urs Fischer ging es sensationell steil bergauf. Selbst die Corona-Krise ohne Zuschauer konnte die Köpenicker nicht mehr aufhalten. 

Union schafft die Sensation, Gosens wird EM-Star

Robin Gosens war bei der verkorksten EM 2021 einer der wenigen Lichtblicke in der deutschen Nationalmannscaft.
Robin Gosens war bei der verkorksten EM 2021 einer der wenigen Lichtblicke in der deutschen Nationalmannscaft.imago images/Action Pictures

Gosens war auch nicht mehr zu stoppen. 2020 im November Länderspieldebüt und bei der verkorksten EM im Sommer 2021 war er einer der wenigen Lichtblicke der DFB-Elf. Ja, ein echter Gewinner der deutschen Fußballkrise. Ein halbes Jahr später wechselte er von Atalanta zu Inter Mailand, obwohl er zu dem Zeitpunkt eine Oberschenkelverletzung hatte. Die Mailänder konnten nicht abwarten. Bei Inter wurde er mit nur 16 Startelfeinsätzen nicht ganz so glücklich. Die Sehnsucht nach der Bundesliga wuchs dagegen umso mehr.

Unions Manager Oliver Ruhnert begriff es sehr schnell und schnappte zu. Gosens verrät jetzt: „Union ist während der Transferperiode sehr hartnäckig geblieben. So eine Wertschätzung habe ich im Fußballbusiness noch nicht erlebt. Das hat mich unfassbar angesprochen. Das hat mich von Anfang an sehr gekitzelt.“

Gosens: „Union hat Werte, für die ich auch stehe“

Er hätte auch zu anderen Bundesliga-Klubs gehen können. Doch dieser Gosens tickt einfach ziemlich normal. „Ich glaube, für so einen Verein zu spielen, ist genau das Richtige für mich. Es sind Werte, für die auch stehe. Man kann vielleicht von dem Romantikerklub sprechen. Union hat sich mit harter Arbeit nach oben gekämpft. Das entspricht auch ein bisschen meinem Weg“, sagt er.

Ein ersten Vorgeschmack von der Försterei hat er am Mittwoch beim öffentlichen Training bekommen. Gosens ist zuversichtlich: „Ich glaube, dass es total harmoniert. Jetzt versuche ich, es auf dem Platz zu bestätigen. Nicht mit Worten, sondern mit vielen Taten.“ Union und Gosens schreiben das nächste Kapitel in der Fußballgeschichte. Anpfiff am Sonntag, 15.30 Uhr in der Försterei. Gänsehaut für ihn und für die Fans.