Tausende Fans des 1. FC Union reisten nach Braga und werden auch beim zweiten Auswärtsspiel im schwedischen Malmö dabei sein. 
Tausende Fans des 1. FC Union reisten nach Braga und werden auch beim zweiten Auswärtsspiel im schwedischen Malmö dabei sein.  Imago/Matthias Koch

Nach einer Niederlage ist vor dem nächsten Sieg. Das ist ausnahmsweise kein Spruch von Alt-Bundestrainer Sepp Herberger. Dabei hat auch er einige Spiele vergeigt. Manche sogar mit Absicht, so jedenfalls die Legende, die sich noch immer hartnäckig um das 3:8 gegen Ungarn in der Vorrunde der WM 1954 rankt. Wer am Ende triumphiert, ob bei einem großen Turnier, einer Meisterschaft oder einem Pokalwettbewerb, behält schließlich immer recht und hat alles richtig gemacht.

Nun also hat auch der 1. FC Union sein erstes Saisonspiel in der Bundesliga verloren. Als letzte Mannschaft, das sollte nie jemand vergessen. Leverkusen hat es gleich am ersten Spieltag erwischt und danach noch ziemlich oft. Auch Frankfurt ist mit einer Niederlage gestartet. Freiburg ist in Runde 2 gestrauchelt, Dortmund und Leipzig einen Spieltag später. Es folgten Bremen und Mainz, dann Mönchengladbach und in Runde 7 die Bayern.

Der 1. FC Union kennt und kann Siegesserien

Die Spieler des 1. FC Union wurden von den Fans trotz der Niederlage in Braga gefeiert. Am Donnerstag sollen in Malmö die ersten Punkte her. 
Imago/Matthias Koch
Die Spieler des 1. FC Union wurden von den Fans trotz der Niederlage in Braga gefeiert. Am Donnerstag sollen in Malmö die ersten Punkte her. 

So lange hat es die Eisernen noch nie ungeschlagen durch die oberste Spielklasse getragen. Nicht einmal in 19 Spielzeiten in der DDR-Oberliga hatten die Männer aus der Alten Försterei einen solchen Lauf. Eine deutlich stärkere Serie ist noch gar nicht so lange her. Im Herbst 2018 blieben Christopher Trimmel und Rafal Gikiewicz, Felix Kroos und Ken Reichel, Manuel Schmiedebach und Florian Hübner, Marcel Hartel und Akaki Gogia in der kompletten Hinrunde unbezwungen. Erst 24 Stunden vor dem Weihnachtssingen endete die einmalige Serie mit einem 0:3 in Aue. Das klitzekleine Manko: Es war eben „nur“ die 2. Bundesliga, wenngleich am Saisonende der Aufstieg stand.

Mit dem 0:2 in Frankfurt steht übrigens fest, dass es auch im 60. Jahr Bundesliga keinen Meister geben wird, der ungeschlagen durch die Saison marschiert. Das hat, um die Kirche im Dorf zu lassen, von den Spielern um Trainer Urs Fischer niemand auch nur im Traum erwartet. Schließlich ist es nicht einmal den großen Bayern um Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Sepp Maier, Paul Breitner und Uli Hoeneß gelungen und auch nicht den in den 1970er-Jahren großartigen Mönchengladbachern um Günter Netzer, Berti Vogts, Ulrik le Fevre, Allan Simonsen und Henning Jensen. Die Bayern haben es zweimal hauchdünn nur verpasst. 1987 und 2013 holten sie die Meisterschale mit nur einem verlorenen Spiel.

Steaua Bukarest ist der König, der Unschlagbaren

Meistertitel ohne Niederlage sind ohnehin eine absolute Rarität, zumindest in Europa. 1972 hat es in Portugal Benfica Lissabon mit dem einmaligen Eusebio geschafft und 2011 dort der FC Porto. In Italien ist es 1992 dem AC Mailand mit der geballten Oranje-Macht um Ruud Gullit, Marco van Basten und Frank Rijkaard geglückt und 2012 Juventus Turin um Superstar Andrea Pirlo.

In den Niederlanden hat es 1994/95 Ajax Amsterdam um Patrick Kluivert und Finnlands Jahrhundert-Fußballer Jari Litmanen zur perfekten Saison gebracht und in England 2003/04 der FC Arsenal mit Torhüter Jens Lehmann, Oranje-Stürmer Dennis Bergkamp und den Franzosen-Assen Patrick Vieira und Thierry Henry. In der Ukraine ist 2002 Schachtjor Donezk ohne Niederlage Meister geworden und in Norwegen 2010 Rosenborg Trondheim.

Den Vogel abgeschossen hat bisher Steaua Bukarest. Die damalige Weltklasseelf hat, mit der Saison 1986/87 beginnend, in Rumänien sogar den ungeschlagenen Meister-Hattrick geschafft. 104 Spiele in Folge ist das Team um den legendären Torhüter Helmut Ducadam, der im europäischen Meistercupfinale 1986 beim Triumph über den FC Barcelona im Elfmeterschießen sagenhafte vier Versuche abgewehrt hat, ungeschlagen geblieben.

1. FC Union: Europa-Sieg in Malmö hilft gegen Liga-Schmerz 

Dass eine Meistersaison ohne Niederlage andererseits keine Garantie für eine rosige Zukunft ist, zeigt das Beispiel von Skonto Riga. 1991 gegründet, eilte das Team aus der Hauptstadt Lettlands von Meisterschaft zu Meisterschaft, schaffte den Triumph 1995 ungeschlagen, ist mit 14 Titeln Rekordmeister, ging 2016 allerdings bankrott und wurde aufgelöst. So etwas muss man auch erst einmal hinkriegen …

Was das für den 1. FC Union bedeuten mag? Gar nichts. Als Tabellenführer der Bundesliga darf jeder im Fan-Block natürlich weiterhin träumen. Mancher mag es vom Meistertitel, ein anderer vom Triumph im Pokal, ein dritter vom Durchstarten in der Europa League, wo nach zwei Niederlagen morgen in Malmö das dritte Spiel bevorsteht.

In ihrer Gruppe sind die Eisernen nur deshalb Vorletzter, weil die Schweden bei gleichfalls zwei Niederlagen in der Tordifferenz um eine Winzigkeit schlechter sind. Vielleicht geht es in Europa für die Männer aus der Wuhlheide ja gerade anders herum: Der erste Sieg in Europa würde den Schmerz der ersten Niederlage in der Liga deutlich lindern.

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