Eine Warnung des nationalen Wetterdienstes erscheint per Cell Broadcasting auf dem Display eines Smartphones zu sehen.
Eine Warnung des nationalen Wetterdienstes erscheint per Cell Broadcasting auf dem Display eines Smartphones zu sehen. dpa/Bernd von Jutrczenka

Verheerenden Unwetter im Westen Deutschlands, auch in Bayern und Sachsen wüteten sintflutartige Regenfälle. Nun ist die Debatte entbrannt, wie die Bevölkerung schneller vor Ort gewarnt werden kann. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe prüft nun die Einführung von einfachen Handy-Benachrichtungen für alle - über sogenanntes Cell Broadcasting. Dabei kann eine öffentliche Stelle veranlassen, dass alle angeschalteten Handys im Bereich einer Funkzelle über die Netzbetreiber dieselbe kurze Textnachricht erhalten, wie der Telekommunikationsexperte Nick Kriegskotte vom Digitalverband Bitkom erläutert.

„Technisch gesehen ist das keine SMS“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Der Unterschied ist wichtig: Braucht es fürs Versenden einer SMS eine Rufnummer, funktioniert Cell Broadcasting anonym. Datenschutzbedenken dürften dadurch weitgehend zerstreut werden. Anders als SMS würde eine Nachricht über Cell Broadcasting auch bei überlastetem Netz ankommen. Bricht allerdings das Mobilfunknetz ganz zusammen, kommen keine Nachrichten mehr durch.

Manche Handynutzer müssen Technologie erst freischalten

Zudem müsse die Technologie bei manchen Handys erst in den Einstellungen aktiviert werden, gab Kriegskotte zu bedenken. Das stellt ähnlich wie bei den Warnapps Nina und Katwarn die Hürde dar, dass ausreichend Menschen die Technologie aktiv nutzen wollen müssen, damit sie ihren Zweck erfüllt.

Anders als die Apps kann das System außerdem keine Grafiken oder andere über Text hinausgehenden Informationen übermitteln - denn die Technologie ist laut Kriegskotte schon mehr als 30 Jahre alt. Demnach nutzen Länder wie Japan und die USA im Katastrophenschutz bereits ähnliche Systeme. Datenschützer halten diese Technologie, die in vielen anderen Staaten bereits genutzt wird, für relativ unbedenklich.

Manche User schalten nachts ihre Handys aus

Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Armin Schuster, hatte bereits im Mai eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um Kosten und Nutzen zu prüfen. Dieses zusätzliche Mittel könne möglicherweise eine sinnvolle Ergänzung zu den bereits existierenden Methoden sein, meint Schuster. Ein Allheilmittel wäre aber auch die Warnung per SMS nicht. Denn nicht jeder benutzt ein Handy, und manche schalten nachts den Klingelton aus. In einigen Regionen, die jetzt von den Fluten betroffen sind, hatten die Wassermassen die Mobilfunkmasten umgerissen.

Der Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, sowie Bundesinnenminister Horst Seehofer haben in Aussicht gestellt, Cell Broadcasting einzuführen. „Wenn es bundesweit nicht geht, wird Nordrhein-Westfalen den Weg dafür ebnen“, kündigte Laschet an. Seehofer sagte, dass die Bevölkerung bei Hochwasser und anderen Gefahren künftig auch per SMS gewarnt werden soll.