Box-WM in Wembley : Ullis Kobra Pulew schnappt nach der Schwergewichtskrone
Trainer-Legende Wegner hat den Bulgaren auf Weltmeister Anthony Joshua vorbereitet. In der Ecke vertraut er auf Faruk Shabani, seinen alten Kumpel aus Marzahn.

Wembley, Hilton-Hotel, sechster Stock: Überwachungskameras, Sicherheitspersonal, überall. Niemand soll in die Blase eindringen, in der sich der Bulgare Kubrat „Kobra“ Pulew (39) und der Brite Anthony Joshua (31) gerade bewegen. Die beiden boxen am Sonnabend (ab 21.30 Uhr, DAZN) in der Wembley-Arena vor 1000 Zuschauern um die WM im Schwergewicht. Pflichtherausforderer Pulew hat lange auf dieses Duell gewartet. Und Faruk Shabani mit ihm.
Der Berliner ist Pulews Freund, seit mehr als zehn Jahren. Er wohnt im Hotelzimmer neben dem bulligen Boxer. „Pulew ist in Bulgarien ein Volksheld. Jeder Hund kennt ihn“, verdeutlich Trainer Ulli Wegner. Er hat aus Berlin Pulews Training über WhatsApp, Video und Telefon gesteuert. In Belmeken und Warna hat Shabani Pulew begleitet - als „Helfertrainer“, wie er sagt: „Jeden Tag Training, Training, laufen, laufen. Alles so, wie es Herr Ulli Wegner vorgegeben hat.“
Freundschaft aus Marzahn
Shabani kommt es vor, als träume er nur, dass beim WM-Duell nicht Wegner, sondern er mit anderen Coaches in Pulews Ecke steht: Wenn er zurückdenkt an 1995 etwa, als er bei Boxring Eintracht anfing, in einem 50-Quadratmeter-Keller in Marzahn. Als er beim Projekt „Boxen statt Gewalt“ lernte, dass nicht nur Kraft, Technik und Ausdauer zu dem Sport gehören, sondern auch die Hand geben, „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ sagen. „Manchmal bin ich so aufgeregt, dass ich nicht schlafen kann“, sagt Shabani.
Als Pulew 2009 nach Berlin zum Sauerland-Boxstall kam, wurde Shabani sein bester Freund. Das blieb so, als Shabani in Hellersdorf eine Sportsbar betrieb, Pulew gegen Wladimir Klitschko verlor, Alexander Dimitrenko, Dereck Chisora oder Hughie Fury besiegte, in den USA gewann.
Ulli Wegner: „Pulew ist ein ganz Schlauer“
Auch Pulews Kontakt zu Wegner blieb. Als sie noch für Sauerland arbeiteten, sollte Pulew 2017 gegen Joshua boxen. Der Brite hatte gerade spektakulär die Karriere von Wladimir Klitschko beendet und sich mit dessen WM-Titeln geschmückt. Aber im Training riss Pulews Brustmuskel. Er fragte Wegner: „Worauf setzen wir? Auf das Geld? Oder auf den Sieg?“ Der Herr Wegner hat keine zehn Sekunden überlegt, bis er sagte: „Wir wollen gewinnen. Wir müssen topfit sein für den Kampf. Dann schaffen wir es eben ein, zwei Jahre später.“
Für Pulew war das entscheidend, Wegner immer wieder zu vertrauen: „Viele denken, er ist 78 Jahre alt, da muss er ja alte Programme haben. Aber nein, es ist unglaublich, wie modern er ist.“ Wegner sagt: „Pulew ist ein ganz Schlauer. Er setzt um, was ich sage. Es wird schwer gegen Joshua, aber er ist klug genug, das zu schaffen.“ Und was hofft Shabani? „Dass Kubrat seinen besten Tag erwischt und Weltmeister wird - für Bulgarien, für unsere Fans in Berlin und in Deutschland.“ Und natürlich für Ulli Wegner.