„Sport schmiert ab“
Ulli Wegner: Durch die Fußball-Pleiten fällt der Verfall erst richtig auf
Die Box-Trainer-Legende Ulli Wegner spricht über den Absturz der deutschen Athleten in so vielen Sportarten.

Erfolgstrainer Ulli Wegner bleibt ein Sportfan, der auch mit 81 noch den deutschen Leistungssport genau beobachtet und dabei so manches Mal ins Grübeln verfällt. Für ein Gespräch zu diesem Thema findet der einstige Box-Held immer Zeit, auch wenn er sich gerade auf der Insel Usedom zu einem Kurzurlaub befindet.
Das Ausscheiden der deutschen Frauen bei der Fußball-WM schmerzt ihn zwar, überrascht hat es ihn nicht. Die schwachen Resultate zuletzt im Fußball, im Becken-Schwimmen bei der WM, bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften, im Turnen oder der Tour de France rissen den studierten Trainer nicht vom Hocker. Ulli Wegner erklärt, warum Deutschland sich von der Sportnation zum Sport-Entwicklungsland verändert.
„Die deutschen Radprofis scheinen nach einem Jan Ullrich von einem Tour-Sieg so weit entfernt wie die Erde vom Mond. Den einst so erfolgreichen deutschen Eisschnelllauf gibt es praktisch nicht mehr. Mit dem Untergang des deutschen Fußballs fällt die Talfahrt des deutschen Leistungssports so richtig auf. Von den Mannschaftssportarten konnten doch nur die Eishockeyspieler mit ihrem WM-Silber überzeugen. Allerdings auch da ist Vorsicht angemahnt, wenn man die jüngsten Ergebnisse der Junioren mit ihren hohen Klatschen gegen Schweden oder die USA sieht.
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Wir haben noch genauso viele Talente und Trainer-Talente wie vor 30 Jahren
Damit bin ich beim Thema. Wir haben in Deutschland genauso zahlreiche Talente und Trainer-Talente wie vor 30 Jahren. Nur fehlt aus meiner Sicht die Konsequenz beim Trainingsprozess. Wenn Trainer Fehler erkennen, weisen sie oft nicht konsequent darauf hin, weil sie fürchten müssen, ihren Job zu verlieren. Der Leistungssport ist für mich ein Spiegelbild der Politik. Es gibt keine klare Linie. Die Klasse des deutschen Sports wurde beileibe nicht nur durch die DDR hoch gehalten. Es lohnt sich, einmal in die alten Olympiabücher zu gucken oder in den Archiven zu blättern. Deutsche Athleten waren aus Ost und West gleichermaßen erfolgreich. Ich sage nur viermal Fußball-Weltmeister durch die Bundesrepublik Deutschland, Handball-Olympiasieger durch die DDR. Dazu stehen Sprinter-Namen wie Armin Hary, Heide Rosendahl (beide West) oder Renate Stecher und Marlies Göhr (beide Ost).
Der Schwimmer Michael Groß (West) und der Kugelstoßer Udo Beyer (Ost) können ebenso genannt werden. Vom Boxen mit unseren zahlreichen Olympiasiegern und Welt- und Europameistern, allerdings meist aus der DDR, will ich gar nicht reden. Natürlich liegt am Ende eine Leistung auch an den Trainingsumfängen, aber beileibe nicht nur. Als Trainer muss man auch das Training richtig dosieren, um am Ende Spitzenleistungen zu erzielen. Wie das richtig gemacht wird, habe ich oft in Kienbaum bei den damaligen DDR-Turnern beobachtet.
Wegner: Es wird viel zu wenig in den Nachwuchs investiert und viel zu viel geredet
Die deutsche Sportnation ist für mich, wie gesagt, ein Spiegelbild der Politik. Es wird viel zu wenig in den Nachwuchs investiert und viel zu viel ge- und zerredet. Die Handballer bilden dabei durch den umtriebigen Bob Hanning eine kleine Ausnahme, was zahlreiche internationale Titelgewinne der deutschen Nachwuchsmannschaften unterstreichen.
Wenn wir die Sportnation nicht untergehen lassen wollen, müssen wir uns intensiv um den Nachwuchs kümmern. Es fällt dabei keinem ein Stein aus der Krone, wenn er bei den einstigen Erfolgstrainern vorbeischaut und von deren Erfahrungen profitiert.“