Nicht nur dieser Schlag schlug bei George Foreman ein, trotzdem ließen ihn die Punktrichter verlieren.
Nicht nur dieser Schlag schlug bei George Foreman ein, trotzdem ließen ihn die Punktrichter verlieren. Foto: Marianne Müller/Imago Images

Berlin - Axel Schulz hat gerade sein eigenes Bier auf den Markt gebracht. Da Pils heißt, na ja, „Schuuulz“, wie das Schuuulz beim Rülpsen. Es passt zu seiner Grillkollektion. Denn Schulz (51) verkauft jetzt Grillsaucen, Fleisch und sich selbst („Ick bin käuflich“) als Grillmeister. Nun rufen die Reporter aber nicht wegen des Biers, sondern wegen des Jubiläums bei ihm in Frankfurt/Oder an.

„Es ist erschreckend, dass das schon 25 Jahre her sein soll“, sagt der Ex-Boxer. Ist es aber: das Spektakel in Las Vegas gegen Schwergewichts-Weltmeister George Foreman, das Schulz auf der Beliebtheitsskala der Deutschen nach oben katapultierte, fand am 22. April 1995 statt.

Foreman war eine Legende, spätestens seit dem Rumble in the Jungle, den er gegen Muhammad Ali verlor. 1994 hatte er den WM-Titel zurückerobert. Für die freiwillige Titelverteidigung suchte Foreman nun, im Alter von 46 Jahren, ein Opfer. Axel Schulz, damals 26, kein großer Puncher, bot sich an.

Schulz sorgte für Besucheransturm

Allerdings musste der Deutsche beim Weltverband IBF für einen WM-Kampf unter die besten Zwölf der Weltrangliste geschummelt werden. „Die IBF war bestechlich“, sagt Jean-Marcel Nartz, der damals Matchmaker bei Wilfried Sauerland im gleichnamigen Boxstall war, für den Schulz boxte. „Ich musste bei der Dresdner Bank in Düsseldorf 100000 Dollar holen. Die habe ich Sauerland gegeben. Der hat sie dem Box-Agenten Cedric Kushner weitergereicht. Kushner gab das Geld dann Bobby Lee, den Präsidenten der IBF, der später wegen Bestechlichkeit im Gefängnis war.“

Lee bugsierte Schulz in die Top Zwölf der Weltrangliste. Nach dem Videostudium mit Trainer Manfred Wolke dachte Schulz: „Eigentlich müsste Foreman zu schlagen sein.“ Nartz hatte dafür gesorgt, dass 100 Journalisten aus Ostdeutschland akkreditiert wurden. RTL war dabei, das Profiboxen im wiedervereinigten Deutschland groß zu präsentieren. Schulz konnte der Nachfolger von Max Schmeling werden.

„Wenn du in den Kampf rein gehst und gleich versuchst, auf Biegen und Brechen durchzukommen, bei jemandem, der ’ne K.o.-Quote von 80 Prozent hat, wäre das schwierig. Wir haben gesagt, dass ich auf Schnelligkeit gehe, auf die Länge der Runden und hinten raus noch ’ne Schippe drauflege. Ist alles aufgegangen.“

Axel Schulz

In Frankfurt hatten sich hunderte Boxfans im Einkaufszentrum Oderturm vor der Videoleinwand versammelt. Die Übertragung lief morgens um fünf Uhr, vier Millionen Menschen starrten auf die Fernsehgeräte. Schulz war schneller, wendiger als Foreman. Er holte sich Runde für Runde, steckte ein, wich aber den Fäusten von Big George meist aus. Über Foremans Auge wölbte sich eine Beule. „Wenn du in den Kampf rein gehst und gleich versuchst, auf Biegen und Brechen durchzukommen, bei jemandem, der ’ne K.o.-Quote von 80 Prozent hat, wäre das schwierig. Wir haben gesagt, dass ich auf Schnelligkeit gehe, auf die Länge der Runden und hinten raus noch ’ne Schippe drauflege. Ist alles aufgegangen.“

Einer der größten Skandale in der Schwergewichtsgeschichte

Matchmaker Nartz sagt: „Wir waren uns sicher, dass Axel gewonnen hat.“ Nach dem Schlussgong der zwölften Runde riss Schulz die Arme hoch. Foreman senkte den Kopf. Aber die Punktrichter werteten anders: einer unentschieden, zwei sahen Foreman eine Runde vorn. „Beschiss“, schimpfte Nartz. Noch heute findet er: „Es war eines der größten Skandal-Fehlurteile der Schwergewichtsgeschichte.“

Schulz sagt, klar sei er enttäuscht gewesen. „Aber wenn du im Amerika gegen so ’ne Legende boxt, musst du ihn halt umhauen. Das hab ich nicht geschafft.“

Auch Henry Maske konnte Schulz nach dem Skandalurteil nicht aufrichten.
Auch Henry Maske konnte Schulz nach dem Skandalurteil nicht aufrichten. Foto: Mausolf/Imago Images

Nach dem Kampf fuhr er mit dem Taxi zu einem Hotel, in dem Freunde warteten. „Der Fahrer hat immer in den Rückspiegel geguckt. Ich dachte, ach du scheiße, der will dich jetzt entführen. Am Ziel hat er gesagt: ,Du brauchst nichts bezahlen, dich ham se gerade betrogen. Eigentlich wärst du jetzt Weltmeister.‘ Dit fand ich toll.“

Die Boxfans fanden Schulz toll. In Frankfurt wurde er vom Oberbürgermeister am Balkon empfangen. Mehr als tausend Leute feierten einen Verlierer, der keiner war.

Schulz bekam in Stuttgart eine zweite WM-Chance gegen den Südafrikaner Frans Botha. 18,03 Millionen schauten zu. Schulz vs. Botha hält noch heute den Quotenrekord im deutschen Fernsehboxen. Auch in Stuttgart verlor Schulz knapp – aber Botha war gedopt, musste den Titel abgeben. Im Sommer darauf unterlag Schulz Weltmeister Michael Moorer. „Bei drei WM-Kämpfen wurde Axel zweimal betrogen. Deshalb ist er heute so beliebt und in den Augen vieler der heimliche Nachfolger von Max Schmeling“, meint Nartz. „Axel lebt heute noch von dem Beschiss.“ Am Mittwoch, sagt Schulz, werde er ein Bierchen trinken – auf Foreman.