Sechs Operationen in drei Jahren: Box-Legende Ulli Wegner kämpft gegen den K.o. abseits der Ringecke
Der Traum vom WM-Fight mit Kubrat Pulev lässt den Trainer die ewigen Wochen im Krankenhaus überstehen.
Der Held des Seilquadrats hat schwere Jahre hinter sich. Ulli Wegner (80), Deutschlands bekanntester Boxtrainer, wird in der Schmerzklinik von Sommerfeld bei Berlin von Chefarzt Dr. Liefring betreut. Besuch ist dort wegen der Ansteckungsgefahr nicht gestattet. Mit Ehefrau Margret sitzt Ulli auf dem Parkplatz vor der Klinik im Auto.
„Ich habe es vor Schmerzen nicht ausgehalten und wollte meine Margret nicht Tag und Nacht strapazieren. Ich bin jetzt in der Schmerzklinik und werde von den Schwestern, Pflegern und Ärzten so betreut, dass die Schmerzen hoffentlich verschwinden“, gibt der so eisenharte Ulli zu.
Wegner will Kubrat Pulev auf den WM-Kampf vorbereiten
Fast schon trotzig hält der schmerzgebeutelte „Professor Faust“ an einem Ziel fest: „Ich will unbedingt Kubrat Pulev noch einmal auf einen WM-Kampf vorbereiten.“ Ehefrau Margret (75) hört diese Ansage schon länger jeden Morgen am Frühstücktisch, bleibt aber ruhig: „Ulli soll erst einmal wieder auf die Beine kommen.“
Margret weiß, wovon sie spricht. Im Dezember 2019 war es, die Wegners hatten eine Kreuzfahrt gebucht, doch statt auf dem Traumschiff zu tanzen, lag die Trainer-Legende auf dem OP-Tisch. Wegner hatte sich im linken Bein einen Oberschenkel-Halsbruch zugezogen. Nach dem Aufenthalt im Vivantes-Klinikum Reinickendorf und mehreren Wochen in der Reha „Hoppegarten“ fühlte sich der eiserne Ulli wieder fit und düste nach Bulgarien. Drei Wochen paukte er am Sonnenstrand von Warna mit Kubrat Pulev Haken, Side Steps und Deckung.
Auf dem Flughafen BER hatte Ulli gesundheitliche Probleme
Kurz vor der Abreise Pulevs zum WM-Kampf nach London flog Ulli Wegner nach Berlin. Auf dem neuen Flughafen BER angekommen, „wusste Ulli nicht mehr, wo er sich aufhielt. Ich wurde alarmiert. Ich holte Ulli mit einem Krankenwagen vom Flughafen ab. Er hatte sich in Bulgarien Corona mit hohem Fieber eingefangen. Ulli kämpfte längere Zeit mit der Krankheit“, erinnert sich Frau Wegner ungern an den Herbst 2020.
Den Kampf Anthony Joshua gegen Kubrat Pulev verfolgte die Trainer-Ikone statt am Ring nur im Fernsehen. Pulev unterlag in der neunten Runde durch K.o. Natürlich will der verdienstvolle Trainer seinen Schützling noch einmal mit einem WM-Gürtel sehen. Doch unter den Schmerzen leidet Ulli Wegner nicht von ungefähr. Nach dem linken zog sich der Trainer 2021 auch rechts einen Oberschenkel-Halsbruch zu. Wieder OP. „Die Nägel in meinen Oberschenkeln wurden entfernt, die Schmerzen blieben. Ich kann fast nicht laufen“, klagt der sonst ein Leben lang eisenharte Ulli mit feuchten Augen.
Und dann kam bei Ulli Wegner auch noch Krebs dazu
Im Dezember vorigen Jahres folgte dann eine neue Hiobsbotschaft. Als ein Nagel aus dem Bein entfernt werden sollte, stellten die Ärzte Darmkrebs fest. „37 Zentimeter Darm wurden Ulli entfernt“, erzählt seine Ehefrau, mit der die Ringlegende seit 38 Jahren verheiratet ist. Es war die sechste schwere Operation innerhalb von dreieinhalb Jahren.
Nächste Woche soll der Startrainer aus der Schmerzklinik in Sommerfeld entlassen werden. „Ich hoffe, dass es Ulli dann wieder besser geht“, sagt Ehefrau Margret, die zwar nicht darüber spricht, aber es ist ihr schon ein bisschen anzusehen, dass fast vier Jahre Intensivpflege etwas über ihre Kräfte gehen.