Michael Schulz (43) zusammen mit seiner Großmutter Lieselotte (80). Er schließt nicht aus, Anzeige gegen einen Arzt zu erstatten.
Michael Schulz (43) zusammen mit seiner Großmutter Lieselotte (80). Er schließt nicht aus, Anzeige gegen einen Arzt zu erstatten. Foto: Thomas Uhlemann

Berlin - Bezirkspolitiker Michael Schulz (43, Die Grauen) aus Reinickendorf kämpft weiter für seine Oma Lieselotte (80) und hält sie so am Leben. Sie ist nicht mehr ganz so fit, wohnt in einem Pflegeheim in Rudow und liegt derzeit mit Atemproblemen im Krankenhaus.

Sein Vorwurf:  Ärzte und Pfleger hätten die Großmutter zu früh aufgegeben, ihr nur noch Schmerzmittel verabreicht, sie so auf das Sterben vorbereitet. „Zu unrecht“, findet Schulz. Nachdem der KURIER über den kämpfenden Enkel berichtet hatte, haben sich andere Angehörige mit ähnlichem Schicksal gemeldet. In einigen Fällen ermittelt sogar die Staatsanwaltschaft.  

Auch Michael Schulz möchte vor Gericht ziehen. Ein Arzt soll im Pflegeheim ohne Rücksprache seiner Großmutter ein starkes Schmerzpflaster gegeben und sie auf den Palliativ-Status gesetzt haben, bei dem Patienten als austherapiert gelten, klagt er.  Dem KURIER sagt Schulz: „Stellt sich heraus, dass man andere Möglichkeiten hätte wählen können, werde ich den Arzt anzeigen!“

Beim KURIER hat sich ein weiterer Enkel aus Berlin  gemeldet, der anonym bleiben möchte. Auch er hat lange um seine Großmutter gekämpft, sie starb im vergangenen Jahr in der Klinik. Nach ihrem Tod befassen sich bereits Kripo und Staatsanwaltschaft mit dem Fall. Denn der Enkel erstattete Anzeige gegen das Krankenhaus-Personal. Das Verfahren läuft noch. „Es wurde auch teils gegen ihren und meinen Willen agiert sowie externer ärztlicher Rat ignoriert“, sagt er unverhohlen. Und weiter:„Bei klar erklärtem Willen von Patienten und Angehörigen sind bestimmte Entscheidungen von Seiten der Klinik nicht nachvollziehbar. Und das ist noch freundlich ausgedrückt.“

Der Berliner Staatsanwaltschaft sind einige Fälle bekannt, in denen genau das passiert ist: Angehörige haben medizinisches Personal angezeigt. In der Regel geht es um den Tatvorwurf der unterlassenen Hilfeleistung. Genaue Zahlen nennt die Staatsanwaltschaft nicht. Eine Sprecherin bestätigt aber: „Wir haben gerade in Corona-Zeiten ein erhöhtes Anzeigeverhalten.“

Enkel Michael Schulz möchte, dass das Thema nicht aus der Öffentlichkeit verschwindet. Er stellt sich als Bezirkspolitiker als Ansprechpartner zur Verfügung. Klar weiß er: Es gibt zu wenig Pflegekräfte, die bei zu vielen Patienten einfach überfordert sind. „Doch im Pflegeheim ist man zum Teil zu faul gewesen, meiner Oma die Windeln zu wechseln“, blickt er zurück. Trocken sagt Michael Schulz: „Weil Ärzte alte Menschen zu früh aufgeben, ermittelt die Staatsanwaltschaft.“