Sperrstunde bringt Sicherheitsgefühl in in Berlin aus dem Takt
Die Professorin für Metropolenforschung sieht die Sperrstunde in Berlin kritisch.

Nach Meinung der Soziologin Talja Blokland unterschätzt die Politik mitunter, wie wichtig Kneipen für die Gesellschaft sind. Die Sperrstunde in Berlin sieht sie kritisch. „Es kommt rüber, als wären Bars und Cafés zum Feiern da und nichts Notwendiges“, sagte die Professorin am Georg-Simmel-Zentrum für Metropolenforschung an der Humboldt-Universität Berlin.
Wenn man sich frage, wie man lerne, wie man von einer Jobmöglichkeit erfahre oder politisch etwas höre, was anders als zu Hause sei, dann passiere das dort, wo man neue Menschen treffe. „Für das soziale Gefüge der Stadt sind das wichtige Orte.“
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Ihrer Einschätzung nach kann sich die Sperrstunde auch auf das Sicherheitsgefühl in der Stadt auswirken. „Wir brauchen volle U-Bahnhöfe, um abends das Gefühl zu haben, sicher nach Hause zu kommen“, sagte Blokland der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn die Stadt um 23.00 Uhr zumacht, ist das nicht mehr da. Man kann sagen: „Das ist es uns wert.“ Aber man muss es bedenken.“
Im Kampf gegen das Coronavirus verschärft Berlin die Regeln. In der Hauptstadt gelten seit Samstag wieder strengere Vorgaben für private Feiern. Restaurants, Kneipen und die meisten Geschäfte müssen außerdem nun von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr geschlossen sein.
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Einem Teil der Menschen mache die Sperrstunde nicht viel aus, weil der ohnehin nicht nachts unterwegs sei, sagte Blokland. Aber es treffe zum Beispiel Menschen, die nachts ihr Geld verdienen müssten: Restaurantbetreiber, Taxifahrer, Tellerwäscher.
Es werde argumentiert, dass Partys der Grund für die steigenden Infektionszahlen seien. „Das braucht in der Öffentlichkeit klare Belege“, forderte Blokland von der Politik. Mit einer aktuell noch laufenden Umfrage will ihre Universität erforschen, was die Menschen während der Pandemie vermissen und wie sich Einschränkungen auf das Vertrauen in Behörden und Politik auswirken.