Schicksal Lipödem
„Ich bekam noch nicht einmal Herren-Gummistiefel über meine dicken Beine“
Eléna S. (29) leidet unter einer krankhaften Fettverteilungsstörung.

Während sich andere auf den Sommer freuen, ist diese Jahreszeit für Eléna S. (29) die Hölle, wie sie sagt. Bei Hitze schwellen ihre Arme und Beine so stark an, dass sie schmerzen und sie sich kaum bewegen kann. Sie leidet seit ihrem 11. Lebensjahr unter einem schweren Schicksal, dem Lipödem. Die Krankheit ist nicht heilbar und nur die Entfernung der schadhaften Fettzellen durch Liposuktion (Fettabsaugung) könnte das Problem beheben.
Die Sonne scheint an diesem Morgen. Es sind 25 Grad am Hackeschen Markt. Dort treffen wir Eléna S. in einem Café. Sie trägt eine schwarze Kommpressionsstrumpfhose unter ihrem blauen Kleid. „Es ist ist unangenehm bei der Wärme, aber sie schützt das Gewebe“, sagt sie. Ihre Beine und auch ihre Arme sind überproportional zum Rest des Körper dick. „Ich habe unerträgliche Druck- und Berührungsschmerzen und muss täglich offene Wunden versorgen, weil meine Oberschenkel bei jeder Bewegung aneinander reiben“, sagt sie. Zudem leide sie auch stark unter ihrem Schönheitsmakel. Von der Krankheit, bei der sich Fettzellen unkontrolliert in der Unterhaut vermehren, sind schätzungsweise fünf Millionen andere Frauen betroffen – viele wissen es gar nicht.
Sport und Diäten helfen nicht gegen das Lipödem
Besonders tragisch: Es hilft kein Sport und keine Diät gegen das Lipödem. „Man kann sich abmühen wie man will, das Fett wird nicht weniger“, sagt S. Sie habe unzählige Diäten gemacht, die keinen Erfolg versprachen. Sie wiege nach wie vor 93 Kilo bei einer Körpergröße von 1,70 Meter, die Maße 107-88-121 blieben stets unverändert.
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Die Krankheit brach in der Pubertät aus. „Ich merkte ich, dass meine Arme und Beine fülliger aussahen als die meiner Mitschülerinnen“ Als ihr Lehrer sie vor einer Klassenfahrt bat Gummistiefel einzupacken, fand sie keine in der passenden Größe. „Ich musste Herrenstiefel kaufen, aber noch nicht einmal die, bekam ich über meine Beine.“ Das sei sehr demütigend gewesen.
Das Schlimmste ist, dass ich ständig zu hören bekomme, ich soll einfach weniger essen.“
Die gelernte Erzieherin ist trotz ihres unnormalen Körperbaus eine attraktive Frau, die sich gern schminkt. Sie trägt knallroten Lippenstift und hat die Nägel in der gleichen Farbe frisch lackiert. Doch hinter der Fassade bröckelt es. „Ich habe nur noch wenig Lebensfreude“, sagt sie. Da sie ihr Äußeres so sehr belastet, habe sie wie viele Lipödem-Patientinnen, die glaubten sie seien Schuld an der Krankheit, eine Essstörung entwickelt. „Das Schlimmste ist, dass ich ständig zu hören bekomme, ich soll einfach weniger essen.“ Elénas Ehe zerbrach sogar vor drei Jahren an ihrem Leiden. Seitdem erhalte sie Hilfe bei einer Therapeutin. „Die Betroffenen werden oft von ihrem Umfeld nicht verstanden und selbst Ärzte kennen sich mit dem Lipödem oft nicht aus", bestätigt auch Dr. Slobodan Reba, Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie. Die Symptome der Patienten seien nicht einfach mit einem Fieberthermometer oder EKG messbar.
Das Einzige, was Eléna S. helfen könnte, ist eine Liposuktion (Fettabsaugung). Doch hierfür fehlten ihr die finanziellen Mittel (20.000 Euro), denn noch immer erstatten die Krankenkassen das Geld nur, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Viele Betroffene sind jahrelang in psychologischer Behandlung und erhalten aufwändige Lymphdrainagen, durch die sich das Lipödem aber nicht zurückbildet. Anfang des Jahres hat Eléna S. wegen zu vieler Krankheitstage wegen ihres Lipödems sogar ihren Job verloren. In ihren Augen ist ein chirurgischer Eingriff die einzige Möglichkeit, zurück ins Leben zu finden. Dafür hat sie nun einen Spendenaufruf gestartet, weil sie keinen anderen Weg sah. Sie sagt:“Erst wenn diese schrecklichen Qualen ein Ende haben, kann ich meinen Seelenfrieden finden.“