Freiheit nach dem Lockdown

„Ich will den Menschen in Spanien erzählen, dass es ein Leben nach Corona gibt“

Marit J. (47) ist nach 13 Wochen Quarantäne zurück in Berlin.

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Marit J. und Mutter Renate können sich nach drei Monaten endlich wieder sehen.<br>
Marit J. und Mutter Renate können sich nach drei Monaten endlich wieder sehen.
camcop media / Andreas Klug

Sie sitzt in einem Kreuzberger Café und nippt entspannt an einem Erdbeershake. Irritiert schaut sie dem munteren Treiben im Bergmannkiez zu. Marit J. (47) war 13 Wochen in ihrer Wohnung in Madrid eingesperrt. Der KURIER berichtete über die Berlinerin, die in Spanien mit weitaus härteren Corona-Maßnahmen leben musste. Nun ist sie zurück, um ihre Mutter Renate (80) aus Johannisthal zu besuchen und genießt den Moment der Freiheit.

„Ich bin von einer Welt in die andere gekommen. Es ist fühlt sich total verrückt an“, sagt Marit J. Als sie in Madrid am Flughafen angekommen sei, sei er menschenleer gewesen, die Anzeigetafeln zeigten nur wenige ein- und abgehende Flüge an. „Diese gespenstische Stille hat mir großes Unbehagen bereitet und ich habe geweint, weil ich solche Angst hatte, in den Flieger nach Deutschland zu steigen“, sagt sie. Das lange Abgeschottetsein in der eigenen Wohnung habe große Spuren der Unsicherheit hinterlassen. Doch ihr Mut hat sich belohnt: Endlich konnte sie in ihrer Heimat Berlin ihre Mutter Renate wieder in die Arme schließen. Die Beiden hatten sich Anfang März zuletzt gesehen. Sie hätten eine sehr enge Bindung, und seitdem sie vor zehn Jahren nach Madrid ausgewandert sei, besuchten sie sich alle vier bis sechs Wochen. „So lange waren meine Tochter und ich noch nie getrennt. Ich hätte nie gedacht, dass es mal so etwas wie die Corona-Krise geben könnte und uns auseinander bringt“, sagt Renate J. und nimmt fürsorglich die Hand ihrer Tochter. 

Zurück in Berlin könne sie verstehen, warum manche Deutsche die Existenz des Virus sogar angezweifelt hätten, sagt Marit J. „Sie haben den Lockdown, das lange Eingesperrtsein und die ganzen kranken und sterbenden Menschen um sich herum nicht so erlebt wie wir.“ In Berlin fühle sie sich relativ sicher. „Überall bieten die Gastronomen und Einkaufszentren Desinfektionsmittel an, der überwiegende Teil der Gesellschaft achtet auf Mindestabstände und trägt Masken“, sagt die Geschäftsführerin der Vertretung der Deutschen Messe in Madrid.

Zwei Wochen Quarantäne bei Rückkehr nach Madrid

Am liebsten würde sie ganz in Deutschland bleiben. Denn wenn Marit J. Sonntagfrüh zurück nach Madrid fliegt, muss sie zurück in Quarantäne und darf ihre Wohnung zwei Wochen überhaupt nicht mehr verlassen. So ist das momentan vorgeschrieben, wenn ein Ausländer zurück ins Land kommt. In Madrid herrscht momentan noch Stufe 2 der Rückkehr nach dem Lockdown. Für die Menschen, die wie Marit J. und Ehemann Miguel dort leben, bedeutet es, dass sie nur noch zu bestimmten vorgeschriebenen Zeiten aus dem Haus gehen dürfen.

Hier in Berlin sei sie schon wieder viel rum gekommen, habe mit der Familie und Freunden Restaurants, Cafés und einen Erdbeerhof besucht und das erste Mal seit drei Monaten wieder einen Baumarkt betreten, in Spanien seien sie noch immer geschlossen. Es sei schön zu spüren, dass das unbeschwerte Lebensgefühl in Berlin nach und nach zurückkehre. Diese Erfahrung wolle sie mit nach Spanien nehmen, wo noch sehr viele Menschen ganz verängstigt seien. „Ich will ihnen erklären, dass es eine Zeit nach Corona gibt“, sagt Marit J.