Berliner Dozent verzweifelt:„Bitte holt mich nach Hause zurück!“
Mitten in der Corona-Krise verlor Wolfgang Knie aus Zehlendorf in der Fremde seinen Job und seine Wohnung.

Er hofft, dass der Spuk bald vorbei ist: Wolfgang Knie (55) aus Zehlendorf sitzt allein in einem spanischen Obdachlosenheim auf einem Bett und ist in großer Sorge. Seit der Corona-Krise sitzt er in Ourense (Galizien) fest und kommt nicht mehr zurück. Dem KURIER erzählt er, wie er von heute auf morgen in der Fremde seinen Job und seine Wohnung verlor.
„Ich hoffe, dass der Spuk bald vorbei ist und ich nach Berlin zurückkehren kann. Ich fühle mich mit jedem Tag unwohler hier und habe keine Rückzugsmöglichkeit“, sagt Wolfgang Knie. Er lebt seit zwei Wochen in einem Obdachlosenheim in der spanischen Stadt Ourense (rund 307.000 Einwohner) und muss sein 15 Quadratmeter großes Zimmer mit drei weiteren spanischen Obdachlosen teilen. Tagsüber dürfe er sich nur in den Aufenthaltsräumen aufhalten und aufgrund der Ausgangssperre das Haus nur kurz zum Einkaufen im Supermarkt in der Nähe verlassen.
So kam es zur Wohnungslosigkeit: Der Berliner kündigte seine Wohnung in Zehlendorf unter und zog vergangenen September nach Galicien, wo er zum 1. Oktober in der Erwachsenenbildung an einer privaten Schule deutsch unterrichtete. „Es lief alles reibungslos, ich bekam immer pünktlich mein Honorar. Doch als die Corona-Krise ausbrach, wurde die Schule Ende Februar geschlossen und ich verlor meinen Job und auch mein möbliertes Zimmer, weil ich die Miete nicht mehr bezahlen konnte“, sagt Wolfgang Knie traurig. Der spanische Vermieter habe ihm die Kaution bis heute nicht zurück gezahlt. Bereits im Januar seien die Anmeldungen stark zurückgegangen und er habe wesentlich weniger zutun gehabt, als in den Monaten davor. Da seine Ersparnisse bereits aufgebraucht seien, habe er jetzt keinen Cent mehr zum Leben.
Von der deutschen Botschaft abgewiesen
In seiner Not versuchte er Hilfe bei der Deutschen Botschaft bekommen. „Sie waren in der Not telefonisch nicht erreichbar und haben erst ein paar Tage später auf meine Mail reagiert“, sagt Wolfgang Knie. Der Mitarbeiter verwies ihn an die spanischen Behörden vor Ort. Das Problem: Da Wolfgang Knie bereits in Galicien gemeldet ist, sind die deutschen Behörden nicht mehr für ihn zuständig. „Sollte keiner von ihren Freunden oder Ihrer Familie in der Lage sein, Sie finanziell zu unterstützen, wird Ihnen sich in der gegenwärtigen Situation keine andere Möglichkeit bleiben, als sich an den spanischen Sozialdienst zu wenden“, schrieb eine Mitarbeiterin der Deutschen Botschaft in einer Mail, die dem KURIER vorliegt.
Da sämtliche Abflüge nach Deutschland am nächsten gelegenen Flughafen gestrichen worden seien und er wegen der Ausgangssperre nicht nach Madrid käme, habe er daraufhin bei den spanischen Behörden vorgesprochen. Wolfgang Knie bekam Mitte März einen Platz in dem spanischen Obdachlosenheim nahe der Kathedrale von Mondoñedo zugewiesen. „Ich bin zwar sehr froh, dass ich hier einen Platz gefunden habe und genug zu essen und zu trinken bekomme, aber ich kann hier nicht raus und fühle mich so eingesperrt“, sagt er.
Besonders wehmütig sei ihm gestern beim Mittagessen geworden. Es gab typisch deutsche Hausmannskost, Linseneintop. Da habe er richtige doll Heimweh bekommen. Freunde in Berlin hätten ihm schon zugesagt, dass er bei ihnen vorübergehend wohnen kann. „Ich hoffe, dass die Ausgangssperre bald vorbei ist und ich mir dann Geld für einen Rückflug nach Berlin leihe kann.“ Er wünsche sich nichts sehnlicher als das. Für einige Zeit muss Wolfgang Knie wohl noch im spanischen Obdachlosenheim ausharren.