Zuschauer beschweren sich über Joko und Klaas! Habt ihr noch alle Latten am Zaun?
Dieser Abend schrieb TV-Geschichte – und trotzdem beschwerten sich viele Menschen, weil aufgrund der Pflege-Doku ihre Serien ausfallen mussten. Das ist ekelhaft, findet KURIER-Reporter Florian Thalmann.

Dieser TV-Abend machte fassungslos – nicht ohne Grund diskutiert Deutschland an diesem Donnerstag einmal mehr über Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf. Zwei Spaßvögel, die seit Jahren zu den festen Größen der deutschen TV-Landschaft gehören. Und die es trotz viel Klamauk immer wieder schaffen, ordentlich Dreck aufzuwirbeln. Nun hatten sie wieder 15 Minuten Sendezeit gewonnen, die sie frei gestalten konnten.
Statt 15 Minuten sahen die Zuschauer zur Prime Time aber überraschend eine Sieben-Stunden-Reportage. Aufnahmen einer Intensiv-Krankenschwester, die sich an einem ganz normalen Tag die Kamera um den Hals hängte, im ihren Alltag zu dokumentieren. Gespickt mit Statements von Pflegern aus ganz Deutschland zur Situation in ihrem Arbeitsalltag. Eine der bewegendsten Dokumentationen, die es bisher zum Pflegenotstand gab. Ein Fernsehabend, der wachrütteln muss.
Manche Kommentare auf Facebook machen unfassbar wütend
Und das schaffte er, aber nicht bei jedem. Denn: Unfassbar wütend machen Kommentare, die es unter anderem auf der Facebook-Seite von Pro.7 zu lesen gab. Denn hier beschweren sich ernsthaft TV-Zuschauer, dass ihre Serien „9-1-1: Notruf LA“, „9-1-1: Lone Star“ und „Seattle Firefighters“ ausfallen mussten. ERNSTHAFT! Menschen beschweren sich darüber, dass sie ihre fiktiven Serien über die Feuerwehr von Seattle und Notrufe in Los Angeles nicht gucken können – während im TV zu sehen ist, wie das deutsche Pflege-System zerbröselt!
Es sind Kommentare wie diese: „Was ist mit dem TV-Programm? Das sollte doch nur 15 Minuten gehen. Es gibt Leute, die müssen morgen arbeiten.“ – „Als nach der angekündigten Viertelstunde noch immer nicht das angekündigte Programm kam, habe ich umgeschaltet.“ – „Erst 911 groß ankündigen mit neuen Folgen und dann den Mist zeigen. Wir sind echt enttäuscht dass so gelogen wurde, von wegen 15 Minuten.“ – „Wir wollen das nicht sehen, wir wollen unsere Serien sehen.“ – „Die eigentliche Sendung zu verschieben oder zu canceln ist eine Frechheit.“ – „Schlimm genug dass sie 15 Minuten vor den eigentlichen Serien bekommen.“
Lesen Sie dazu auch: Notstand! Joko und Klaas zeigen die Schicht einer Pflegekraft in Echtzeit >>
Diese Kommentare sind keine Einzelfälle. Aber an dieser Stelle muss ich aufhören, aus Facebook zu zitieren, denn ich glaube, dass ich vor Wut gleich platze. Joko und Klaas legen einen der eindrucksvollsten Fernsehabende des Jahres hin. Und das ist eure Meinung dazu? Seid ihr einfach ignorant?
Interessiert euch die Gesellschaft nicht, sondern nur, dass ihr euren eigenen Hintern in Harmonie vor dem Fernseher parken könnt? Oder seid ihr einfach nicht schlau genug, um zu kapieren, dass „9-1-1: Notruf L.A.“ eben nicht die harte Realität ist, sondern das, was hier im Fernsehen zu sehen ist? Natürlich werden nicht die TV-Zuschauer die Zustände ändern, dafür ist die Politik zuständig. Aber kann man von Menschen nicht trotzdem ein Minimum an Empathie erwarten? Offenbar nicht. Tja, Leute: Ein Feuerwehrmann aus Seattle wird euch nicht retten, wenn ihr selbst in Not geratet. Und auch kein Cop aus Los Angeles.
Diese wichtige Sendung wird hoffentlich Preise gewinnen
Es gibt viel positives Feedback – und das zu Recht. Diese Sendung wird hoffentlich Preise gewinnen. Und sie wird hoffentlich vielen den Anstoß geben, mehr über die Situation der Pflegekräfte nachzudenken. Dennoch bleibt die Frage, warum so viele Menschen einfach mit derart viel Ignoranz gesegnet sind, der bittere Beigeschmack des Fernsehabends. Euer Verhalten ist einfach nur ekelhaft.
Lesen Sie dazu auch: Pfleger klagen an: Wir fühlen uns im Stich gelassen >>
Ein junger Mann schrieb auf Facebook: „Absoluter Rotz was da gezeigt wird. Ich filme auch nicht meinen Job was ich da täglich mache.“ Ein Blick auf sein Profil verrät: Er arbeitet laut eigener Aussage beim Edel-Auto-Unternehmen Aston Martin in München. Und schon macht sein Kommentar noch fassungsloser.
Zum Glück gibt’s wenigstens Kontra. Auf die Serien-Junkies, die auf ihr TV-Programm verzichten mussten, antwortet ein Nutzer etwa: „Dieses Verhalten ist der Inbegriff von asozial! Was seid ihr für Menschen, die sich aufregen, dass eine fiktive Serie nicht kommt, obwohl eine wichtige Doku läuft, die ein echtes und reales Problem darstellt? Wenn ihr mal Hilfe oder Pflege braucht, möchte ich eure Reaktion sehen, wenn keiner kommt, da gerade 9-1-1 läuft.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.