Schauspielerin Whoopi Goldberg bei der Premiere ihres neuen Films „Till“.
Schauspielerin Whoopi Goldberg bei der Premiere ihres neuen Films „Till“. AP/Andy Kropa/Invision

Emmett Till – dieser Name steht für ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Es ist die Geschichte eines schwarzen Jugendlichen aus Chicago, der bei einem Besuch seiner Verwandten im Mississippi der 1950er-Jahre von Rassisten entführt, gefoltert und gelyncht wurde. Erst jetzt, nach fast sieben Jahrzehnten, wird das Schicksal des Teenagers endlich auf der Leinwand aufgearbeitet. Auch dank der Oscar-Gewinnerin Whoopi Goldberg, die in „Till“ nicht nur selbst eine Rolle übernimmt, sondern auch als Produzentin fungiert.

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Berliner KURIER: „Till“ handelt von Emmetts Mutter Mamie, die 1955 Gerechtigkeit für ihren 14-jährigen Sohn einfordert. Hat diese Story nach 67 Jahren …

Whoopi Goldberg unterbricht: 67? Oh, Shit! Guten Morgen erst einmal! 67 Jahre! Diese Geschichte liegt bereits seit 67 Jahren herum. Die Leute glauben, die Story zu kennen, und werfen ständig mit dem Namen Emmett Till umher. Doch in Wirklichkeit kennt kaum einer die Details.

Haben Sie deshalb das Projekt selbst mit in die Hand genommen?

Ja, genau. Ich habe es aber hauptsächlich für mich getan. Ich habe schon so viel Unsinn gedreht, da war dieser Film das genaue Gegenteil. Emmett Tills Schicksal muss endlich genauso bekannt werden wie das Tagebuch der Anne Frank. Wir alle müssen sehen, was damals wirklich passiert ist. Denn erst danach werden auch viele sich eingestehen müssen, dass Rassismus uns alle angeht.

Eine Szene aus dem Film „Till“ mit Danielle Deadwyler als Tills Mutter und Whoopi Goldberg als Alma Carthan, Tills Großmutter.
Eine Szene aus dem Film „Till“ mit Danielle Deadwyler als Tills Mutter und Whoopi Goldberg als Alma Carthan, Tills Großmutter. AP/Lynsey Weatherspoon/Orion Pictures

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Das Schicksal von Emmett Till ist Ihrer Meinung nach also heute noch immer sehr relevant?

Dieser Film wird mit jedem Tag relevanter in meinen Augen. Die Zuschauer werden darin alle Elemente wiedererkennen, mit denen wir uns auch noch heutzutage auseinandersetzen müssen. Und die Thematik betrifft nicht nur uns, sondern kann auch auf viele andere angewandt werden.

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Wie meinen Sie das?

Es ist wirklich wichtig, dass jeder erkennt, wie institutioneller Rassismus aussieht. Denn wir werden immer weiter und weiter da hineingezogen. Bis wir den Leuten zeigen können, was damals in Amerika abgegangen ist, werden sie es nicht sehen. Wie Leute einfach in dein Haus marschieren können, weil es ihnen egal ist, wer du bist – weil sie dich nicht als menschliches Wesen sehen.

Sie glauben wirklich, was in den 50er-Jahren war, könnte in den USA heute noch einmal zurückkehren?

Wenn wir nicht aufpassen, könnten wir durchaus in Gefahr laufen, dass sich diese Dinge so noch einmal wiederholen! Aber ich glaube auch, dass die Mehrheit das nicht will. Das hat man ja auch an den Reaktionen nach dem Tod von George Floyd gesehen. Wir wollen uns das nicht mehr länger gefallen lassen. Doch wir müssen von Punkt A den nächsten Schritt machen. Und sagen, wir können es stoppen, wenn wir uns dazu entscheiden, es zu tun.

Die Mutter von Emmet Till und dessen gesamte Familie bei der Gerichtsverhandlung zu seiner Ermordung
Die Mutter von Emmet Till und dessen gesamte Familie bei der Gerichtsverhandlung zu seiner Ermordung Imago Images/Everett Collection

Sie glauben also, dieser Film könnte ein echter Wendepunkt für die amerikanische Gesellschaft sein?

Na ja, ich rede immer viel. Jeden Tag. Weshalb man zu mir auch ständig „Halt die Klappe, Whoopi“ sagt (lacht). Ich will andere einfach dazu bringen, sich selbst besser zu informieren. Durch Fakten werden Menschen schlauer, weil sie dann auch verstehen, wie sie selbst ein Teil des Ganzen sind. Emmett Till ist nur der Anfang.

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Von was?

Seine Geschichte ist die des Rassismus. Doch man kann sie auch übertragen auf Sexismus und all die anderen schlimmen Vorurteile und Ideologien, in deren Namen Menschen anderen Menschen schreckliche Dinge antun. Deshalb werden sich auch homosexuelle, heterosexuelle, schwarze, weiße und weibliche Zuschauer von diesem Film angesprochen fühlen.

Welcher Aspekt der Story geht Ihnen besonders nah?

Ich spiele Emmetts Oma und bin auch selbst schon Großmutter, seitdem ich 33 bin. Und es gab viele Momente, in denen ich meine Tochter damit genervt habe, meine Enkel einfach mal loszulassen. So wie ich es im Film zu meiner Tochter Mamie sage. Nur dass es bei mir, bei meinen Enkelkindern, natürlich einen ganz anderen Ausgang hatte als bei Emmett. Das wird einem dann plötzlich bewusst.