Mit der schwulen Love-Reality-Show „Prince Charming“ landete die RTL-Gruppe einen riesigen Erfolg. Als erstes Dating-Format überhaupt gab es sogar den Grimme-Preis. Nun kündigte der Sender an, dass es bald auch eine „Princess Charming“ geben soll. Dass die allerdings nicht lesbisch, sondern bisexuell ist – und dann auch noch Männer gegen Frauen antreten sollen, stößt vielen Fans negativ auf.

Eine Userin schreibt: „Ich habe nichts gegen ein bisexuelles Format. Aber, die Schwulen haben ihr eigenes, die Heterosexuellen haben hunderte und bei den Lesben tut man dann Männer rein? Weil Frauen ohne ja nicht können???“ Kritik, die sich so immer wieder in den Kommentarspalten zum Casting-Aufruf gibt. Denn dort ist klar formuliert, was sich Produktion und Sender versprechen: Heterosexuelle Männer, die mit bisexuellen und lesbischen Frauen um eine Frau kämpfen.

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Das kritisiert auch Jenny Luca Renner, die für den für den Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) im ZDF Fernsehrat sitzt. Zwar sei es immer gut, wenn es ein Format für Bisexuelle gebe und diese einer größeren Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden, doch den Casting-Aufruf findet sie unglücklich. „Wahrscheinlich liegt diese Entscheidung in der Quote begründet“, sagt sie dem KURIER. „Vielleicht ist es für den Zuschauer eben spannender, wenn Männer gegen Frauen antreten.“

Renner befürchtet außerdem, dass in dieser Konstellation die unterschiedlichen Sexualitäten in der Sendung gegeneinander ausgespielt werden. „Man hätte für die ‚Princess Charming‘ auch einfach 20 bisexuelle Frauen casten können“, sagt sie.

RTL begründet bisexuelle Kandidatin mit Diversität

RTL begründete den an Männer und Frauen gerichteten Casting-Aufruf gegenüber dem KURIER damit, dass die Show so „divers wie möglich sein“ solle. Und tappt damit in eine altbekannte Fall. Denn es gibt viele Beispiele in denen sich sexuelle Minderheiten, aber auch andere unterdrückte Gruppen wie Frauen oder Menschen mit Rassismus-Erfahrungen in Sachen Sichtbarkeit oder auch beim Werben um Fördergelder um Brotkrumen streiten müssen, die ihnen die Mehrheitsgesellschaft hinwirft, anstatt ein ganzes Stück vom Kuchen abzubekommen.

So ist es auch im Unterhaltungs-Fernsehen. Während die Zahl der heterosexuellen Dating-Formate immer weiter steigt, werden nun verschiedene Sexualitäten in ein Format gepresst, in dem die Kandidatinnen und Kandidaten nicht nur um die „Princess Charming“ sondern auch um Sichtbarkeit konkurrieren. Die Gefahr, dass das zum Thema der Show wird, ist gegeben.

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Jenny Luca Renner würde sich wünschen, dass in der Sendung die Heterogenität von lesbischen oder bisexuellen Frauen dargestellt wird. Denn dadurch, dass es so wenig Sichtbarkeit für Menschen aus der LGBTIQ-Community gebe, würden, wenn sie sichtbar gemacht werden, oft nur die gleichen Stereotype bedient. „Bei lesbischen Frauen geht es meist ums Kinder kriegen und bei schwulen Männern immer um Körper und Sex“, sagte Renner um nur zwei plakative Beispiele zu nennen.

„Princess Charming“ kann Sichtbarkeit für  bisexuelle Frauen erhöhen

Wenn die Sendung gut gemacht werde, und Emotionen und Gefühle im Vordergrund stehen, könne diese Sendung der bisexuellen Community aber im Kampf um Sichtbarkeit helfen, so Renner. Schließlich finden Menschen aus der LGBTIQ-Community in vielen Formaten überhaupt nicht statt, klagt Renner an. „Mir fallen auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen keine Rolemodels ein, was ich ziemlich schade finde“, sagt sie.

Zudem entfalle laut Renner viel Sichtbarkeit auf Menschen aus der LGBTIQ-Community auf schwule Männer – und so würden lesbische und bisexuelle Frauen noch stärker um Sichtbarkeit kämpfen. So wie es auch heterosexuelle Frauen schwerer haben, in einer Welt von heterosexuellen Männern gesehen zu werden.

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Renner hofft, dass es zukünftig vielleicht auch eine lesbische „Princess Charming“ geben wird – und sich „RTL auch den anderen Buchstaben des Buchstabensalates annimmt“. Ganz konkret meint Renner damit, dass „lesbische, transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Personen“ in tragender Rolle ihren Weg ins Programm finden – ohne dabei Sexualität und Geschlecht in den Vordergrund zu rücken, sondern einfach nur abzubilden und es damit zu normalisieren.

Zunächst arbeitet RTL allerdings an dem bisexuellen Format. Wann „Princess Charming“ zu sehen sein wird, teilte der Sender noch nicht mit. Aktuell läuft die Casting-Phase.