Monopoly-Mord: Wie spannend ist der „Tatort“ auf Norderney?
Eine Reporterin will Häuser am Deich verhindern. Dafür muss sie um ihr Leben fürchten. Im aktuellen „Tatort“ geht es um Immobiliengeschäfte auf der Insel.

Der Titel ist eine Tautologie. Denn die Flut ist im Krimi ja immer tödlich und sorgt für dramatisch-metaphorische Bilder: Sie trägt fort und schwemmt wieder an. Die dünn besiedelten Eilande im Watt werden gern von TV-Krimis besetzt. So war Norderney schon Spielort der ARD-Serie „Reiff für die Insel“ und der „Friesland“-Krimis des ZDF. Am Montag steigt der Nordsee-Mordsee-Pegel schon wieder im ZDF-Thriller „Neben der Spur“.
Eine Reporterin ist einem Skandal auf der Spur
In diesem „Tatort“ aber erscheint die Flut lange Zeit nicht dramatisch, sondern bleibt zunächst Kulisse. Die Kommissare Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) sind auf Norderney gelandet. Insulanerin Imke (Franziska Hartmann), eine „Freundin von früher“, hatte Falke zuvor schon in Hamburg aufgelauert und ihm erklärt, sie werde bedroht. Die Reporterin ist verdächtigen Immobiliendeals auf der Insel auf der Spur: Luxusbauten sollen in den geschützten Dünen entstehen. Als die drei einen Makler aufsuchen wollen, finden sie ihn erschlagen in seiner Luxusvilla.

Doch die Story von Autor David Sandreuter kreist nur vordergründig um das Monopoly auf Norderney. Die reihum verdächtigen Insulaner bleiben weniger interessant. Den stärksten Eindruck hinterlässt noch Oliver Bröcker als kleiner Bauunternehmer, der verzweifelt um jeden Auftrag kämpft. Immer stärker rückt Reporterin Imke ins Zentrum: Sie mischt sich in die Arbeit der beiden Bundespolizisten ein, bedrängt sie abends auch privat und beschwört bei Falke die Erinnerungen an die „intensive“ gemeinsame Zeit.
Meeresrauschen und Rotorengeräusche der Hubschrauber
Aus investigativ scheint obsessiv zu werden. Franziska Hartmann beweist in der Rolle ihre enorme Wandlungsfähigkeit. Ihre Imke ist nicht einfach nur penetrant, sondern strahlt zugleich eine ansteckende jugendliche Begeisterung aus. Dagegen bleibt die Inszenierung von Lars Henning unentschlossen, verweigert sich den erwarteten Zuspitzungen zum Thriller. Eigentlich müssten die Kommissare auf der kleinen Insel eingeschlossen oder abgekapselt wirken – tatsächlich aber setzt der sonst in Hamburg beheimatete „Tatort“ auf die Weite der Landschaft.
Diesen Eindruck verstärkt vor allem die breitflächige sinfonische Musik, die von der NDR Radiophilharmonie unter Leitung von Christian Schumann eingespielt wurde und die insgesamt vierzig Minuten lang erklingt. Die Kompositionen von Stefan Will und Peter Hinderthür bleiben neben dem Spiel von Franziska Hartmann am stärksten im Gedächtnis stehen. Bedrohlich anschwellen dürfen die Klänge allerdings erst im Finale in den letzten zehn Minuten – da mischen sich die Rotorengeräusche der Hubschrauber in den Sound.
Tatort: Tödliche Flut – So, 24.1., 20.15 Uhr, ARD