„Tatort“ aus Münster: Boernes rhythmischer Rittertanz am Seziertisch
Dieser Krimi mit Moonwalk-Tanz und Ritterschwert erreicht seinen Höhepunkt bereits nach 20 Minuten. Danach verliert er leider rasant an Tempo.

Ein echter Krimi sollte zum Finale nochmal richtig Tempo aufnehmen, zum Schluss am aufregendsten sein. Dieser Münsteraner „Tatort: Es lebe der König!“ aber erreicht seinen einsamen Höhepunkt bereits nach zwanzig Minuten. Da zwängt sich nämlich Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) in die Ritterrüstung eines Ertrunkenen und vollführt nun vor seinem Seziertisch einen scheppernden Moonwalk-Tanz zu Michael Jacksons Hit „Bad“. Assistentin „Alberich“ (ChrisTine Urspruch) filmt die alberne Nummer mit dem Smartphone – das Video verspricht auf YouTube Hunderttausende von Klicks.
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Der Rest des Krimis besitzt leider weitaus weniger Tempo, Rhythmus oder Witz. Dabei hat der Drehort – die mittelalterliche Wasserburg Hülchrath bei Grevenbroich – eigentlich besonderen Schauwert. Doch die Kulisse wird gar nicht so richtig ausgereizt. Die coronabedingte Verlagerung der Dreharbeiten ins Freie führt dazu, dass die Figuren so statisch herumstehen, als würden sie sich mit dem Zollstock auf Abstand halten. Die Geschichte von Benjamin Hessler will mit der Münsteraner Wiedertäufer-Historie aus dem 16. Jahrhundert spielen, führt letztlich aber nur zu einer ungewohnt langatmigen Faktenhuberei zwischen Boerne und Kommissar Thiel (Axel Prahl).

Das Mittelalter-Spektakel, das hier von den Angehörigen des ertrunkenen Ritters auf der Wasserburg aufgeführt werden soll, wird lediglich angedeutet. Marek Harloff, der schon im „Tatort“ aus dem Schwarzwald vor ein paar Wochen als Verdächtiger vom Dienst im Einsatz war, schwingt bei den Proben müde ein Schwert. Von der Radikalität der Wiedertäufer ist in diesem biederen Schmunzelkrimi leider gar nichts zu spüren – jede ARD-Märchenverfilmung kurz vor Weihnachten besitzt mehr Thrill. Der eigentliche Kriminalfall, der allenfalls für eine halb so lange Vorabendserienfolge reichen würde, wird von der „Tatort“-Debütantin Buket Alakus so bedächtig erzählt, dass man sich zwischendurch fragt, warum hier überhaupt noch ermittelt wird.
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Für die Gags sorgt diesmal vor allem Mechthild Grossmann mit ihrer markant-rauchigen Stimme als Staatsanwältin Wilhelmine Klemm. Dass sie in der Kantine immer wieder einem neugierigen Kollegen den Zigarettenqualm ins Gesicht bläst, ist für Nichtraucher allerdings nur bedingt lustig. Vor gut einem Monat hatte der „Tatort“ aus Münster mit dem Ausflug in die Vorhölle „Limbus“ für einen absoluten Höhepunkt gesorgt. Nun folgt mit dem Ausflug ins Mittelalter ein regelrechter Absturz. Den Quoten dürfte das keinen Abbruch tun: In der Hitliste der letzten zehn Jahre belegen die „Tatorte“ aus Münster die ersten 18 Plätze.
Tatort: Es lebe der König – So, 13.12., 20.15 Uhr, ARD