Streaming-Tipp
Dieses knallharte Dokudrama auf Netflix dürfen Sie nicht verpassen
Der Missbrauch von Opioid-Medikamenten hat hunderttausende Amerikaner das Leben gekostet. Die Netflix-Serie „Painkiller“ lässt Zuschauer fassungslos zurück.

Auf Netflix ist seit dem 10. August das sehenswerte Doku-Drama „Painkiller“ zu sehen. Es handelt von den Anfängen der Opiod-Krise in den USA und zeigt Opfer, Ermittler, Mitläufer und Schuldige. Die knallharte Reality-Serie lässt den Zuschauer fassungslos zurück.
1996 beginnt der kleine Medikamentenhersteller Purdue Pharma, das verschreibungspflichtige Medikament OxyContin herzustellen und mit geschickten Marketingstrategien zu bewerben. Zum Einsatz kommen junge, attraktive Frauen, die das neue Medikament gegen Schmerzen der überwiegend männliche Ärzteschaft andrehen sollen. Je mehr OxyContin die Ärzte ihren Patienten verschreiben, umso mehr verdienen die Pharma-Vertreterinnen.
Sie versprechen, die Schmerzen der Patienten würden verschwinden, weniger als ein Prozent soll abhängig werde. Das besage ein Artikel im angesehenen Fachmagazin „Journal of Medicine“. Doch die Zahl stammt aus einem Leserbrief, nicht aus einer wissenschaftlichen Studie.
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OxiContin macht nicht süchtig - eine Lüge mit tödlichen Folgen
Eine Lüge des Herstellers Purdue mit tödlichen Folgen: Zwischen 1999 und 2021 sterben in den USA über 930.000 Menschen an einer Überdosis des Opioids, das 50 mal stärker als Heroin ist und extrem abhängig macht. Fast ein Drittel der Toten geht auf das Konto der verschreibungspflichtiger Opioide. Und die Opiodkrise in den USA ist noch nicht vorüber. 2010 war OxyContin das absatzstärkste Medikament in den USA, bis der Verkauf reguliert wurde.
Es gab bis heute keine Langzeitstudien zur Wirkung von „Oxy“. Die Zulassung der Federal Drug Administration (FDA) wird in der Netflix-Serie zur Farce, wenn der zuständige FDA-Mitarbeiter von dem Hersteller umgarnt, beschenkt und nach der Zulassung auch noch eingestellt wird, für ein fürstliches Gehalt. Das toxische Medikament wird beworben und vermarktet wie eine harmlose Süßigkeit. Diese Skrupellosigkeit macht den Zuschauer immer wieder fassungslos.
Shannon bekommt Gewissensbisse und bietet ihre Insider-Informationen an
Die reale Story wird in dem Doku-Drama anhand der (fiktiven) Staatsanwalts-Ermittlerin Edie Flowers erzählt (Uzo Aduba, „Orange Is The New Black“). Sie entdeckt durch Zufall, dass OxyContin, ein Medikament, von dem sie noch nie gehört hat, auffällig oft von Ärzten verschrieben wird. Flowers deckt auf, dass das starke Schmerzmedikament massenweise missbraucht wird. Und dass es sehr viele Patienten süchtig macht.
Flowers treibt die Ermittlungen knallhart voran, die später zu dem ersten Prozess gegen den Hersteller Purdue führen. Als Gegenperspektive wird der Aufstieg der Pharma-Vertreterin Britt und Shannon Scheffer (sehenswert: West Duchovny) erzählt, die durch den Vertrieb des Medikaments sehr viel Geld verdienen und in der Firma aufsteigen. Zumindest Shannon bekommt schließlich Gewissensbisse und bietet Flowers Insider-Informationen an.
Die Perspektive des Süchtigen wird durch den Automechaniker Glen Kryger (stark: Taylor Kitsch) abgedeckt, der nach einem Unfall Oxy verschrieben bekommt und davon süchtig wird. Er nimmt immer höhere Dosen ein, verliert die Kontrolle, seine Familie und fällt immer wieder in die Sucht zurück. Er steht symbolisch für die hunderttausend Familien, die durch Oxy zerstört wurden. Einige reale Hinterbliebene von Oxy-Opfern werden zu Beginn jeder Folge eingeblendet. Keine leichte Kost und nichts für einen lustigen Netflix-Abend.
Der Hersteller von OxyContin stiehlt sich mit einer Insolvenz aus der Verantwortung
Auch die Oxy-Erfinder spielen in „Painkiller“ eine wichtige Rolle, die Purdue-Besitzerfamilie Sackler. Der Aufstieg von Raymond Sackler (großartig: Sam Anderson) beginnt mit der Entwicklung des vermeidlich harmlosen Schmerzmittels, führt über Lügen und Leugnen und endet schließlich in Strafprozessen, Vergleichen und Entschädigungszahlungen von weit über 1, 5 Milliarden Dollar. Und mit der Tilgung des Namens Sacklers. Mit einer Reihe von Anwälten, einem windigen Vergleich und schließlich einer Insolvenz kann sich die Firma zum größten Teil aus der Verantwortung stehlen. Sehr zum Ärger der fiktiven Ermittlerin Flowers. Es bleibt die Frage, wie so etwas in der Realität geschehen konnte.
„Painkiller“ ist seit dem 10. August 2023 als Mini-Serie in sechs Folgen auf Netflix abrufbar. Regie führte Peter Berg, das Drehbuch stammt von Micah Fitzerman-Blue und Noah Harpster. Sie basiert auf dem gleichnamigen Buch von Barry Meier (2003) und einem Artikel von Patrick Radden Keefe.