Es ist im Internet inzwischen ein Running Gag: Apple TV+ hat einige der besten aktuellen Serien im Angebot, häufig sogar mit Hollywood-Größen in der Besetzung, aber niemand wird jemals von ihnen hören, weil Apple sie einfach nicht bewirbt. Oder zumindest nicht so sehr wie seine Streamingdienst-Konkurrenten. Aber der Fluch scheint gebrochen zu sein, denn die Serie „Severance“ ist momentan in aller Munde. Und das zurecht. Warum auch Sie einschalten sollten – und zwar am besten noch heute.
„Severance“ ist ein Büro-Krimi mit Anspruch
„Severance“ ist keine dieser Serien, die einen neugierig machen auf mehr, wenn man nur Standbilder von ihnen sieht. Vielleicht sind Sie sogar schon über Bilder gestolpert und haben sie für generische Büro-Bilder gehalten. Ich habe lange gedacht, „Severance“ wäre eine Serie über den Büro-Alltag, bestenfalls eine Komödie wie „Stromberg“. Da hatte ich mich ganz schön geirrt.
Am ehesten würde ich „Severance“ als Science-Fiction-Thriller mit Mystery-Elementen beschreiben. Es geht um die Mitarbeiter einer Firma, Lumon, die einen kontroversen medizinischen Eingriff erfunden hat, um die eigenen Firmengeheimnisse zu bewahren. Mithilfe des sogenannten Severance-Programmes werden die Erinnerungen auf der Arbeit komplett von den privaten getrennt. Ein Mensch führt also zwei komplett unterschiedliche Leben: Eines als „Innie“, auf der Arbeit, und eines als „Outie“. Es ist quasi die perfekte Work-Life-Balance.
Aber wie soll es auch sonst sein, natürlich hat Lumon nicht gerade das Beste für seine Mitarbeiter im Sinn. Sie verbirgt dunkle Geheimnisse, denen eine besonders neugierige Abteilung für Datenverarbeitung so langsam auf die Schliche kommt.

Über „Severance“ kommt man ins Gespräch
Dadurch erinnert mich „Severance“ ein bisschen an eine meiner Lieblingsserien, „Twin Peaks“. In beiden Serien geht es um eine vordergründig normale Situation, bei der es unter der Oberfläche endlose clevere Mysterien gibt, die einen ins Philosophieren bringen (als ehemalige Philosophie-Studentin kann ich bei sowas nicht widerstehen). Dazu kommt, dass es mit seinen Mysterien ziemlich clever umgeht: Es wird nicht alles auf einmal verraten, dadurch bleibt es spannend, aber in jeder Folge wird gerade genug verraten, dass man nicht das Gefühl hat, hingehalten zu werden.
Ich glaube, das ist es auch, was dann dafür sorgt, das Leute so gerne darüber reden. Gerade läuft die zweite Staffel, und Apple hat sich dazu entschieden, nicht alle Folgen auf einmal zu veröffentlichen, sondern pro Woche eine Folge – immer freitags bis zum 21. März. Dadurch fühlt es sich gerade ein bisschen an wie früher, als wir alle gemeinsam auf die nächste Folge warten mussten. Nicht nur auf Social Media, auch in meinem Bekanntenkreis und sogar in der Bahn bekomme ich mit, wie Menschen über „Severance“ reden und darüber spekulieren, was als nächstes passieren könnte. Jetzt ist also der beste Zeitpunkt, selbst einzuschalten und mitzureden.
Jana Hollstein schreibt immer dienstags für den KURIER über die große weite Welt des Internets. Mails an wirvonhier@berlinerverlag.com ■