Im KURIER-Interview
Sterbenskranker Nino de Angelo: „Ich denke jeden Tag an den Tod“
Nino de Angelo gibt sich im Interview mit dem Berliner KURIER trotz unheilbarer Krankheit lebensfroher denn je. Ihm bleiben nur noch wenige Jahre.

Nino de Angelo ist ein Kämpfer. Das zeigt der Schlagerstar immer wieder aufs Neue – er hat Leukämie und Lymphdrüsenkrebs überstanden, hat drei Bypässe und machte 2020 öffentlich, dass er an der unheilbaren Lungenkrankheit COPD leidet. Sich selbst gab Nino zu diesem Zeitpunkt nur noch fünf Jahre. Der Sänger wollte sich aus dem Showbusiness zurückziehen, die Fans mussten sich an den Gedanken gewöhnen, schon bald Abschied von Nino de Angelo zu nehmen.
Doch dann die Überraschung: Nino machte seinen Rücktritt rückgängig und strotzt heute mehr denn je vor Lebensfreude. Zum ersten Mal in über 40 Jahren Karriere geht der Musiker auf eigene Deutschland-Tournee. An einen Abschied von der Bühne und vom Leben denkt Nino noch lange nicht.
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Nino de Angelo will „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ wandern
Herr de Angelo, Sie gehen erstmals in Ihrer Karriere auf eigene Deutschland-Tournee. Das kann man eigentlich kaum glauben, so lange, wie Sie schon im Geschäft sind.
Ja, das liegt daran, dass ich früher eher der Single-Verkäufer als der Alben-Verkäufer war. Damals habe ich Alben aufgrund meines Hits „Jenseits von Eden“ verkauft und heute, weil die Leute das ganze Album hören wollen. Ich habe mich weiterentwickelt, meine Musik ist heute viel erwachsener und textlich tiefgründiger geworden. In meiner Musik steckt sehr viel Lebenserfahrung. Nun habe ich die Chance, diese Musik live das erste Mal in meinem Leben mit einer Rockband auf die Bühne zu bringen und ich freue mich sehr darauf.
Ihre Tour und das neue Album heißen „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“. Wie kam es zu diesem Titel?
Ich habe das Album so genannt, weil ich der Überzeugung bin, dass die Seele immer irgendwie weiterlebt. Die Hülle verabschiedet sich irgendwann, aber ich glaube fest daran, dass die Seele von einer Ewigkeit zur anderen wandert. Wenn man seine Aufgaben auf der Welt nicht alle erfüllt hat, wird man wiedergeboren und muss noch mal ran, und wenn doch, schwirrt man irgendwo im Universum herum. Ich denke, nach dem irdischen Leben kommt noch ganz viel und ich bin gespannt, was das sein wird.
Denken Sie oft an den Tod?
Jeden Tag mindestens einmal. Ich laufe jetzt nicht 24 Stunden mit dem Gedanken herum, aber einmal am Tag denke ich an den Tod und daran, was sein wird, wenn ich einmal nicht mehr bin.
Was löst dieser Gedanke in Ihnen aus?
Das hat viel mit der Zeit zu tun. Dass ich irgendwann sterben muss, ist klar, das gehört zum Leben dazu. Mir kommen Dinge in den Kopf, die ich vielleicht hätte anders machen sollen. Momente, auf die man sich hätte fokussieren müssen, in denen man Zeit verloren hat – ob das jetzt Beziehungen sind, ob das Pläne sind, die gescheitert sind. Ich denke an Phasen, in denen ich Zeit verplempert habe, in denen ich mich hängen ließ, zu viele Partys gefeiert habe, wo ich mir heute überlege: „Was hat mir das eigentlich gegeben?“ Und dann überlege ich, wie ich den Rest meiner Zeit verbringen möchte.
Sie haben in Ihrem Leben viel durchgemacht, hatten Leukämie, Lymphdrüsenkrebs und haben vor einigen Jahren die chronisch obstruktive Lungenerkrankung diagnostiziert bekommen. Wie geht es Ihnen im Moment damit?
Ich probiere sehr viel aus. Ich bin jemand, der eher nach alternativen Heilungsmethoden guckt als nach schulmedizinischen. Eine Lungentransplantation – wenn sie denn nötig wäre – würde ich nicht mehr machen wollen. Dafür lag ich in meinem Leben schon zu oft unterm Messer. Ich habe das Gefühl, immer wenn der Körper aufgemacht wird, verändert sich etwas in einem Menschen. Ich suche immer nach alternativen Möglichkeiten – ob das die chinesische Medizin ist, ob das der Fortschritt ist. Gerade habe ich wieder einen Tipp bekommen, dass es in Hessen eine Klinik gibt, die sich darauf spezialisiert hat, die Lunge wieder sauber zu bekommen. Aber das werde ich nicht mehr vor der Tour machen, sondern wahrscheinlich danach in Angriff nehmen.
Ihre neue Single heißt „Mein Kryptonit“ und trägt die Botschaft: Auch Superhelden haben Schwachstellen. Fühlen Sie sich denn trotz Schwachstellen körperlich fit genug für die Tour?
Wenn man meine Vita kennt, denkt man natürlich: „Der trinkt und raucht zu viel.“ So ist es nicht mehr. Ich höre auf meinen Körper und weiß mittlerweile, wann ich vom Gaspedal gehen muss, wann Schluss ist und wann ich mich um meinen Körper kümmern muss. Ich bin ganz einfach nicht so belastbar wie jemand mit einer gesunden Lunge. Natürlich besteht eine Beeinträchtigung und natürlich muss ich deswegen aufpassen. Ich kann jetzt nicht nach dem Konzert mal eben eine halbe Flasche Whiskey trinken, dann wäre die Stimme am nächsten Tag im Eimer. Das hat viel mit Disziplin zu tun, und die habe ich. Ich bereite mich gut auf meine Tour vor, vor allem mit gesundem Essen, ich habe sechs Kilo abgenommen. Ich versuche, fit zu werden, damit das auch alles Spaß macht und keine Tortur wird.

Zukunftspläne mit Bald-Ehefrau Simone in der Toskana
Sie sind nicht nur körperlich krank, Sie sagten auch einmal, Sie seien chronisch depressiv. Glauben Sie, dass das Bühnenleben Depressionen noch begünstigen kann?
Ob Menschen jetzt durch abflachenden Erfolg depressiv werden, ich weiß es nicht. Ich kann mir schon vorstellen, dass, wenn man so hoch gelobt und gefeiert wird und kurze Zeit später interessiert sich dann keiner mehr für einen, diese Ablehnung sicherlich in eine Depression stürzen kann.
Diese Depressionen sind natürlich was ganz Furchtbares. Oft handelt es sich um Menschen, die sehr leidensfähig sind und durch diese Leidensfähigkeit auch sehr kreativ sein können. So war es zumindest bei mir. Die Depressionen haben mich in Abgründe gestürzt, aus denen ich dann aber auch kreativ geschöpft habe. Es gibt Leute, die haben den Hang zur Depressivität, genetisch bedingt: Das kann mit der Geburt zu tun haben, das kann mit Ereignissen in der Familie zu tun haben – bei mir ist es der tote Bruder, der denselben Namen hatte wie ich – so wird man mit einer Grunddepressivität geboren.
Sie hatten zwei Privatinsolvenzen und arbeiten momentan daran, schuldenfrei zu werden. Was würden Sie jungen Künstlern in Bezug auf einen richtigen Umgang mit Geld raten?
Das Wichtigste ist, was auf die Seite zu legen – für schlechte Zeiten, die auf jeden Fall kommen werden, bei jedem Künstler. Es läuft nicht immer von alleine so weiter. Aber es kommt immer auch darauf an, wie viel man mit dem ersten Erfolg verdient hat. Wenn man jetzt Ed Sheeran oder Helene Fischer heißt, dann braucht man sich wahrscheinlich keine Sorgen mehr ums Geld zu machen. Man läuft Gefahr, pleitezugehen, wenn man kurzzeitig großen Erfolg hat, eine Menge Kohle verdient und sich dann an das süße Leben gewöhnt. Bei mir war das so. Ich habe damals nie miteinberechnet, dass ich mal so krank werde, dass ich Krebs bekomme und dann siebe Jahre pausieren muss. Damit habe ich nicht gerechnet, und dann war auf einmal zu wenig Geld da.
Frank Zander hat gerade mit 81 Jahren seinen Bühnenabschied gefeiert. Denken Sie auch schon ans Aufhören?
Das mit dem Planen habe ich mal versucht und habe es dann auch gleich ausgeplaudert, dass ich aufhören möchte. Kurze Zeit später habe ich es bereut, weil ich es mir anders überlegt habe. (lacht)
Ich glaube, ich bin noch zu jung, um darüber nachzudenken. Und ehrlich gesagt, habe ich meine Schäfchen auch noch nicht im Trockenen. Also wäre es absoluter Blödsinn, in der Welle des Erfolgs seinen Abschied zu verkünden. Ich werde singen und Musik machen, so lange ich es noch gut finde. Wenn ich irgendwann höre, dass meine Stimme nachlässt oder ich einfach nicht mehr so singen kann, wie ich es gewohnt bin, wenn die Musik, die ich schreibe, nicht mehr gut ist, wenn mir nichts mehr einfällt, dann ist es Zeit, aufzuhören. Aber vorher nicht – und das hatte ich bei meinem Abschiedsgedanken vor ein, zwei Jahren gar nicht berücksichtig. Ich kann noch gar nicht aufhören, dafür macht es mir noch zu viel Spaß. Ich glaube, wenn ich erst mal die Tour mache, bin ich infiziert und werde sicherlich noch mehr Tourneen machen wollen. Natürlich mit Blick darauf, ob das auch gesundheitlich klappt.

Sie haben noch so einige Pläne fürs Leben: Sie heiraten Ende des Jahres Ihre Lebensgefährtin Simone in Las Vegas und wollen mit ihr in die Toskana auswandern. Ist dieser Plan noch aktuell?
Oh ja, wir haben auch schon was gefunden und nun schauen wir mal, wie wir das hinbekommen. Simone hat ja ein großes Anwesen im Allgäu, das würden wir wahrscheinlich irgendwann aufgeben. Aber in den nächsten drei Monaten ist der Plan vom Auswandern im Sack.
Sie bleiben Ihren Fans in Deutschland aber hoffentlich noch weiter erhalten?
Sicherlich! Wir wohnen dann überwiegend in Italien, aber vielleicht habe ich noch einen zweiten Wohnsitz in Deutschland, das muss man mal sehen.
Hier können Sie Nino de Angelo live erleben:
30. September – Fulda
1. Oktober – Mannheim
2. Oktober – Stuttgart
3. Oktober – Karlsruhe
6. Oktober – München
8. Oktober – Erfurt
10. Oktober – Leipzig
11. Oktober – Berlin
13. Oktober – Rostock
14. Oktober – Magdeburg
15. Oktober – Regensburg