Puhdys-Prozess erneut verschoben
Anwältin der verklagten Musiker lehnt den Richter ab. Er wollte den Termin nicht aussetzen

Der Termin zu dem Puhdys-Prozess, in dem der Frontmann Dieter „Maschine“ Birr seine Bandkollegen auf die alleinigen Kompositions-Rechte verklagt, wurde gestern abgesagt. Einen Tag vor dem Prozess hat die Anwältin Barbara Erdmann, die die fünf Puhdys vertritt, den zuständigen Richter wegen Befangenheit abgelehnt. Sie erzeugt damit für diesen Zivilprozess vor dem Landgericht in der Littenstraße eine Dramatik, wie man sie sonst vor allem aus hochpolitischen Strafprozessen kennt.
Von Anfang an stand fest, dass die verklagten Puhdys nicht das geringste Interesse haben an einem Prozess. Die Termine wurden mehrfach verschoben, bevor das Gericht schließlich den 15. Oktober festsetzte und daran festhalten wollte. Im September beantragte die Anwältin Erdmann, den Prozess auszusetzen, weil die Erben des im August verstorbenen Musikers Harry Jeske noch „unbekannt“ seien. Daraufhin trennte das Gericht das Verfahren gegen Jeske ab. Die Erben wiederum waren nicht so „unbekannt“, als dass sie sich nicht von der Anwältin Erdmann vertreten lassen könnten. Sie forderte anschließend im Namen von Peter Meyer, Dieter Hertrampf, Klaus Scharfschwerdt, Gunter Wosylus sowie den Erben von Harry Jeske, den Prozess auszusetzen.
Dem gab das Gericht nicht statt. Es sah keine Veranlassung, weil der Prozess gegen Jeske doch bereits abgetrennt war. Einen neuen Verzögerungsversuch unternahm Erdmann am Dienstag dieser Woche, als sie erklärte, der Keyboarder Peter Meyer sei krank. Das Gericht lehnte ab: Die Musiker seien nicht geladen, es gebe für sie keine Anwesenheitspflicht, der Prozess werde also stattfinden. Am Mittwoch nun griff Erdmann zu dem vorerst letzten Mittel und stellte einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht Van Dieken, der partout den Prozess nicht aussetzen wollte. Den Vorwurf muss das Gericht nun prüfen.
2013 zerstritt sich Dieter Birr mit den Puhdys
Wie kam es zu dem Prozess? 2013 hat sich der Frontmann Dieter Birr mit seiner Band existenziell zerstritten, danach entstand keine gemeinsame Platte mehr. 2016 lösten sich die Puhdys auf. 2018 erhob Dieter Birr gegenüber den anderen Musikern den Anspruch, nachträglich als alleiniger Komponist für die Rechte an fast allen Puhdys-Songs eingetragen zu werden. Er erklärte in Berliner Zeitung und Berliner KURIER, dass man sich in den 70er-Jahren aus freundschaftlichen Gründen darauf geeinigt hatte, bei Komposition „Puhdys“ anzugeben. Sie verstanden sich als Kollektiv, jeder trug damals etwas zum Gelingen des musikalischen Projektes bei, der eine als Manager, andere als Musiker oder eben als Komponist. Ab 2005 wurde Birr als alleiniger Komponist ausgewiesen.
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Nach dem Ende des Projektes Puhdys verlangte Birr die Rechte an 218 Titeln zurück, die er allein komponiert, aber geteilt habe – entweder mit allen Musikern oder mit Peter Meyer, der die Demos dafür aufnahm. Die Geschäftsgrundlage hatte sich im Lauf der Jahre geändert, sie waren keine Freunde mehr. Birr bot zunächst an, weder rückwirkende Forderungen zu stellen noch solche für die nahe Zukunft: Bis zum Tod der Musiker würde es bleiben wie es war – nur auf die Erben sollten die Rechte dann nicht übergehen.
Darauf gingen die Musiker nicht ein. Im März 2019 reichte Dieter Birr Klage ein. Im ersten Prozess sollte es zunächst um zehn Titel gehen, darunter „Alt wie ein Baum“, „Eisbärn“ und „Lebenszeit“, quasi als Musterprozess. Die Beklagten erklärten, sie hätten immer alle an den Titeln mitgewirkt. Ihre Anwältin führte aus, die Kompositionen seien gemeinsam entstanden oder es ließe sich nicht mehr nachweisen. Der Prozess wird nun voraussichtlich erst im nächsten Jahr stattfinden.