Theaterintendant Martin Woelffer bangt um seine Bühne.
Theaterintendant Martin Woelffer bangt um seine Bühne. Foto: Michael Petersohn/zVg

Wie lebt es sich als Chef eines Privattheaters in der Corona-Krise? Martin Woelffer, Leiter der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater, kann ein Lied davon singen. Eins in Moll.

Berliner KURIER: Herr Woelffer, wo arbeiten Sie gerade?

Martin Woelffer: Teils im Homeoffice, teils bin ich auch im Theater. Die meisten Mitarbeiter sind ja in Kurzarbeit geschickt worden, aber es gibt trotzdem viel zu tun, und für Fragen muss ich zur Verfügung stehen.

Können Sie schon beziffern, wie hoch der Schaden ist?

Man kann sagen, jeder Tag, an dem nicht gespielt wird, kostet uns 20.000 Euro. So muss man sich den Verlust vorstellen. Das heißt für uns als Privattheater: Jeder Tag, an dem die Vorstellung ausfällt, ist eine 20.000-Euro-Katastrophe.

 Wie geht’s den Künstlern und anderen Mitarbeitern? Katharina Thalbach steckte gerade in den Endproben zu „Mord im Orientexpress“.

Ich vergleiche das gern mit einem Trauma. Die Bewegung wurde mittendrin angehalten. Es ging auf die Premiere zu, und auf einmal war Schluss. Das ist erst ein Riesenschock, dann kommt eine Traurigkeit, danach ein Fatalismus und Zusammengehörigkeitsgefühl. Und genau da steht jetzt der Betrieb.

Ungewollte Pause für die "Mord im Orientexpress"-Stars Nellie Thalbach (v. l.), Katharina Thalbach und Anna Thalbach, die sich hier zusammen mit Designer Guido Maria Kretschmer zeigen. <br>
Ungewollte Pause für die "Mord im Orientexpress"-Stars Nellie Thalbach (v. l.), Katharina Thalbach und Anna Thalbach, die sich hier zusammen mit Designer Guido Maria Kretschmer zeigen.
Foto: dpa

Wirtschaftlich und psychisch hält man das wohl kaum lange aus …

Nun, psychisch betrachtet: Wir sind, was Krisen angeht, geübt. Wir haben in den vergangenen 15 Jahren eigentlich immer existenziell bedroht gearbeitet. Wir sind das also gewöhnt, und so gesehen, ist der Krisenmodus schnell angesprungen. Wirtschaftlich kann man das allerdings höchstens ein bis zwei Monate aushalten, und dann müssen die angekündigten Maßnahmen der Politik greifen, sonst gibt es ein riesiges Theatersterben in der Stadt.

Was erwarten Sie vom Senat?  

Zunächst einmal stelle ich fest, dass Kultursenator Klaus Lederer eine richtig gute Arbeit macht. Und nun muss sein Haus aber auch all das wirklich umsetzen, was er in den Raum gestellt hat. Da heißt: Die Hilfe sollte schnell kommen und sie muss unbürokratisch über die Bühne gehen.

Wie geht es für Sie weiter, wenn die Corona-Maßnahmen doch verlängert werden sollten? Fällt der „Orientexpress“ von Katharina Thalbach dann komplett aus?

Den wollen wir auf jeden Fall auf die Bühne bringen. Wir haben dafür drei, vier Notfall-Spielpläne in der Schublade.

Und die verkauften Tickets?

Wir hatten einen enormen Vorverkauf. Wir haben alle Leute kontaktiert, und die meisten verlangen das Geld nicht zurück. Andere wollen einen Gutschein haben. Das ist für uns natürlich sehr gut.

Liquidität ist momentan also vorhanden?

Liquidität ist vorerst da. Doch wie bei jedem Betrieb, der von täglichen Einnahmen lebt, wird es nicht lange dauern, bis sie aufgebraucht sind. Und dann wäre Schluss.