Pleite beim ESC: Lord Of The Lost aus Deutschland während der Abstimmung beim Finale des 67. Eurovision Song Contest.
Pleite beim ESC: Lord Of The Lost aus Deutschland während der Abstimmung beim Finale des 67. Eurovision Song Contest. Peter Kneffel/dpa

Na, haben Sie den Eurovision Song Contest gesehen? Ich gebe zu: Ich bin nach dem Wettbewerbsteil auf dem Sofa eingeschlafen. Als ich aufwachte, lief die Punktevergabe – aber für Deutschland waren die Messen eigentlich bereits gelesen. Auch das Publikums-Voting konnte den Karren nicht mehr aus dem Dreck ziehen. Aus „Lord of the Lost“ war „Lord of the Last“ geworden – und die Vorstellung, es mit einer feschen Metal-Band endlich aus dem Tabellen-Keller zu schaffen, blieb ein Traum.

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Woran lag es nun? Die ersten Kritiker aus den eigenen Reihen werfen Deutschland musikalisches Versagen vor. Klar: Besser geht immer. Dennoch hätte es die Gruppe aus Hamburg verdient gehabt, zumindest im Mittelfeld zu landen. Denn auch in den sozialen Netzwerken waren sich während der Show viele Zuschauer einig: Es gab Auftritte, die musikalisch deutlich weniger glänzten.

Die miese Platzierung von Deutschland beim ESC ist keine Überraschung

Überraschend ist die Platzierung Deutschlands aber nicht mehr: In den letzten neun Jahren landeten wir sieben Mal hinten. Haben wir einfach kein Gespür für Performances und Musik? Sicherlich kann man diesen Vorwurf nicht ganz von der Hand weisen. Trotzdem beschleicht viele nach dem neuen Debakel wieder ein anderes Gefühl: Wenn es auf dem europäischen Parkett keine Sympathien für uns gibt, hat es dann noch Sinn, dass man sich überhaupt am Wettbewerb beteiligt?

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Lord of the Lost aus Deutschland landeten beim ESC auf dem letzten Platz.
Lord of the Lost aus Deutschland landeten beim ESC auf dem letzten Platz. Martin Meissner/AP/dpa

Denn was gewinnen wir dadurch? Für die Zuschauer ist es frustrierend, für das Land peinlich, für die jungen Musiker ein herber Schlag, den ich mir kaum vorstellen möchte – immerhin wird ja jeder Teilnehmer am Ende doch mit der Hoffnung in den Wettbewerb gehen, zumindest nicht ganz hinten zu landen. Natürlich lächeln auch „Lord oft he Lost“ die Pleite weg und natürlich freuen sich die Musiker zu Recht auf ihre Tour, auf die Konzerte, auf die Fans. Und doch lehne ich mich gern aus dem Fenster und sage: Ganz spurlos geht so etwas sicherlich an keinem vorbei.

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ESC ohne Deutschland? Vielleicht brauchen wir eine Pause vom Spektakel

Wenn Europa also der Meinung ist, dass wir es musikalisch nicht drauf haben, sollten wir vielleicht auf Europa hören – und uns eine Pause vom Show-Spektakel nehmen. Um mal ganz böse zu werden: „ESC“ steht nicht nur für den „Eurovision Song Contest“, sondern auch auf einer Taste auf der Computertastatur. Jene, die man drücken muss, wenn man ein Programm verlassen will. Sollten wir diese Taste endlich drücken und uns eine Auszeit von der Mega-Show gönnen?

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Das wäre eine Möglichkeit. Es gibt aber noch eine andere Option: Vielleicht sollten wir einfach mal auf alles pfeifen und jemanden in den Wettbewerb schicken, der unsere Traurigkeit durch Biss ersetzt. Weg mit dem Zwang, musikalisch glänzen und Trends setzen zu wollen. Hin zu mehr Humor und Selbstironie.

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Anke Engelke und Bastian Pastewka bei ihrem Auftritt als Jenny und Mel bei LOL - Last One Laughing.
Anke Engelke und Bastian Pastewka bei ihrem Auftritt als Jenny und Mel bei LOL - Last One Laughing. Amazon Prime Video

Wie? Während der ESC lief, schlugen etwa immer wieder Zuschauer auf Twitter vor, im kommenden Jahr „Jenny & Mel“ nach Schweden zu schicken. Das Schlager-Paar, gespielt von den Comedy-Legenden Anke Engelke und Bastian Pastewka, ist seit der neuen Staffel von „LOL – Last One Laughing“ bekannt, der Hit „Schu Schu Schu“ schlug riesige Wellen. Und: Es wäre nicht das erste Mal, dass wir mit Klamauk beim Wettbewerb für Unterhaltung sorgen. Nur wäre die Schlager-Parodie sicherlich ein kleines bisschen geistreicher als „Wadde hadde hude da“ von Stefan Raab.

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Schickt Jenny & Mel oder Jan Böhmermann für Deutschland zum ESC!

Oder aber: Was ist mit Jan Böhmermann? Der Satiriker legte diese Woche mit „Allemagne Zero Points“ einen echten Hit vor, der mit deutschen Eigenarten, der düsteren Geschichte des Landes, aber auch dem ständigen schlechten Abschneiden im Wettbewerb ins Gericht geht. Und das mit Ohrwurm-Garantie! Ob Böhmi oder „Jenny & Mel“: Mit beiden Acts würde Deutschland für Stimmung sorgen, dem Wettbewerb den Stinkefinger zeigen. Und wenn es am Ende trotzdem nur ein letzter Platz wird, haben wir zumindest Humor und die Fähigkeit zur Selbstironie bewiesen.

Wen sollte Deutschland zum ESC schicken – oder sollten wir uns gänzlich aus dem Wettbewerb zurückziehen? Schreiben Sie es mir unter wirvonhier@berlinerverlag.com. Ich freue mich auf Ihre Meinungen!