Johnny Depp: Hollywood ist mir egal, Hollywood brauche ich nicht mehr!
Schauspiel-Star Johnny Depp spricht über seine neue Rolle als König Ludwig XV. und sagt, warum ihm Hollywood gestohlen bleiben kann

Die Filmfestspiele in Cannes wurden für ihn zum Triumphzug. Zum ersten Mal nach dem Ende seines gewonnenen Gerichtsprozesses gegen Ex-Frau Amber Heard stand Johnny Depp wieder als Hauptdarsteller vor der Kamera. Als alternder König Ludwig XV., französisch Louis XV, in dem Historiendrama „Jeanne du Barry“, das der Eröffnungsfilm war.
Der 59-Jährige genoss sichtlich den Gang über den roten Teppich und winkte jubelnden Fans zu. Hinterher gab es siebenminütige Standing Ovations für die Mitwirkenden. Am nächsten Tag war der Star (der wegen des Verkehrs in Cannes mit 30 Minuten Verspätung ankam) noch immer tief beeindruckt von dem lang anhaltenden Applaus.
„Ich muss zugeben, dass es mir sogar etwas Angst gemacht hat!“, sagte der Hollywoodstar.
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Warum das?
Es war so, als würden wir in einer Zeitschleife stecken. Wir standen alle und hörten den Applaus. Diese Energie, die durch diese Reaktion losgelöst wurde, war … unbeschreiblich. Es hörte auch nicht auf.
Macht Sie das stolz?
Ich war sehr stolz auf das Resultat von wirklich guter Arbeit. Irgendwie sind wir ja alle die Mamas und Papas dieses Films, auch wenn es natürlich (Regisseurin) Maïwenns Baby ist.
Waren Sie überrascht, dass man Ihnen eine Rolle in einem französischen Film angeboten hat?
Ja, sehr. Ich habe erst gedacht, jemand hätte einen Fehler gemacht. Vielleicht wurde ein Name falsch geschrieben und ich war nicht gemeint. Ich habe dann beim ersten Treffen auch Maïwenn gefragt, ob sie nicht besser einen anderen Mann als Louis XV. ausprobieren sollte.
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Was war ihre Reaktion?
Sie hat kurz darüber nachgedacht und meinte: „Ich habe es mir auch lange überlegt und beschlossen, dass ich dich für die Rolle haben will.“ Das fand ich sehr mutig, ein Landei aus Kentucky als französischen König zu wählen. Allerdings wollte ich keine kulturelle Aneignung betreiben, wenn Sie verstehen. Zum Glück hat sie darauf bestanden, dass ich es tue.

Ist es Ihnen schwergefallen, auf Französisch zu drehen?
Ich spreche etwas Französisch. Doch das genügte nicht, um Worte so klingen zu lassen, als kämen sie aus dem Mund von Louis XV. Ich spreche eher modern. Doch dank einer fantastischen Lehrerin namens Matilde habe ich die richtige Aussprache hinbekommen. Sie war sehr feurig und hat mich hart rangenommen ... Scherz! Sie war großartig.
Und Sie haben dann alles perfekt beim Dreh hinbekommen?
Nicht ganz. Ich brauchte noch immer viel Hilfe und viele Klappen. Manchmal habe ich der Crew so leidgetan, dass sie mich zurück in meine Garderobe geschickt haben. Dort habe ich mich zusammengerollt und stundenlang geweint. (lacht) Nein, nicht wirklich. Aber lassen Sie es mich so sagen, Maïwenn war sehr geduldig mit mir!

Sie haben in einem Interview 2021 gesagt, dass Sie sich von Hollywood boykottiert fühlen. Hat sich der Wind gedreht?
Es war nie mein Wind, über den wir hier sprechen. Und habe ich mich von Hollywood boykottiert gefühlt? Also du musst keinen Puls haben, wenn du nicht irgendwann denkst „Passiert das wirklich, ist das Ganze ein komischer Witz?“ Natürlich habe ich mich boykottiert gefühlt! Insbesondere, wenn sie dich dazu bringen, von einer Filmrolle zurückzutreten – nur weil ein paar Vokale und Konsonanten durch die Luft wirbeln …
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Fühlen Sie sich noch immer boykottiert?
Nein, gar nicht. Ich fühle mich nicht von Hollywood boykottiert, weil ich gar nicht darüber nachdenke. Ich denke nicht an Hollywood und ich brauche auch Hollywood nicht mehr. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich glaube, wir leben in sehr merkwürdigen, komischen Zeiten.
Wie meinen Sie das?
Alle würden es lieben, einfach sie selbst sein zu können. Doch sie können es nicht, weil sie genau die Linie des Vordermanns befolgen müssen. Wenn Sie diese Art von Leben bevorzugen, dann kann ich Ihnen nur das Beste wünschen. Ich werde auf der anderen Seite sein! Besten Dank auch.
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Können Sie sich noch an Ihr erstes Mal in Cannes erinnern? Hat sich seit damals viel verändert?
Ja, das war 1992 und es war eher Zufall, dass ich zur Zeit des Filmfestivals vor Ort war. Es war schon damals ein absoluter Zirkus. Wobei der Zirkus ja von den Medien kreiert wird. Wir sind nur hier, weil wir unseren Film vertreten.
Meinen Sie den Medienrummel um die Stars?
Ja. Es geht darum, was über uns geschrieben wird. In meinem Fall waren die Storys über mein Leben in den letzten sechs Jahren schrecklich geschriebene Fantasiegebilde. Ich bin heute hier, um über einen Film zu reden und nicht Fragen zu beantworten, wie es mir geht. Unser Werk sollte der einzige Fokus sein. Und das andere Zeugs, das geschrieben wird, damit kannst du dir dann den Boden deines Papageienkäfigs auslegen.
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Was sagen Sie zu denjenigen, die im Vorfeld meinten, man solle Sie nicht einladen?
Was kommt als Nächstes? Dass sie mich davon abhalten wollen, den Rest meines Lebens zu McDonald’s zu gehen? Wer sind diese wütenden Leute, warum kümmert es sie so sehr? Sie sind wie ein anonymer Berg Kartoffelbrei vor dem Computerbildschirm, mit scheinbar zu viel freier Zeit! Ich glaube also nicht, dass ich mir Sorgen machen sollte – diese Leute sollten mal in sich gehen und erkunden, worum es ihnen wirklich geht!
Gehen Sie Ihren Beruf jetzt anders an als früher?
Ich lache mehr. Ich finde es übrigens so merkwürdig, dass man mit dem Wort Comeback um sich wirft. Nur weil jetzt ein Film von mir in Cannes herauskommt. Ich hatte scheinbar ungefähr 17 Comebacks in meinem Leben. Ich frage mich nur, wie es ein Comeback sein kann, wenn ich nie weg war!