Neuer Beatles-Bildband

Interview mit Paul McCartney: John Lennons Leben war so früh schon so tragisch!

Während des Corona-Lockdowns 2020 stieß er beim Aufräumen auf einen regelrechten Schatz: Über 300 noch nie veröffentlichte Fotos, die er 1963 und 1964 mit seiner 35 mm Pentax Kamera aufgenommen hatte.

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Musiker Paul McCartney veröffentlicht Fotos aus seiner Zeit mit den Beatles. 
Musiker Paul McCartney veröffentlicht Fotos aus seiner Zeit mit den Beatles. Richard Wainwright/AAP/dpa

Während des Corona-Lockdowns 2020 beschloss er, Schränke voll von Memorabilia in seinem Büro neu zu sortieren. Dabei stieß Paul McCartney auf einen regelrechten Schatz: Über 300 noch nie veröffentlichte Fotos, die er 1963 und 1964 mit seiner 35 mm Pentax Kamera aufgenommen hatte. Es zeigt die Reaktion der Bandmitglieder auf die Beatle-Mania, die den Pilzköpfen auf ihrer ersten großen Tournee entgegenschlug. Eine Auswahl aus den besten Schnappschüssen hat der Ober-Beatle jetzt in einem Bildband unter dem Titel „1964: Eyes of the Storm“ veröffentlicht. Im BMCC Theatre von New York beim Tribeca Filmfestival stellte sich der 81-Jährige zum Pressegespräch.

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Berliner KURIER: Man sieht in den Fotos die unglaubliche Begeisterung, die den Beatles entgegenschlug. Und bis heute bekommen Sie Applaus, egal wo Sie auftauchen. Wird der Jubel irgendwann zur Gewohnheit?

Paul McCartney: Nein. Ich liebe es bis heute, die Beatles-Schreie zu hören!

Sie hatten also wirklich vergessen, dass Sie damals Fotos mit ihrer Pentax geknipst haben?

Ich wusste, dass ich fotografiert und die Bilder entwickelt hatte. Wie man die Negative beim Chemiker abgegeben hat und die Fotos dann anch einer Woche zurückbekam. Aber ich habe gedacht, ich hätte die Fotos verloren. Wissen Sie, in den 60er Jahren haben wir einfach unsere Türen offengelassen. Alles war sehr Hippie-mäßig.

Ein Selbstporträt von Beatle Paul McCartney im Jahr 1963. Paul McCartney hat in einem neuen Bildband erstmals Hunderte privater Fotos veröffentlicht, die in den Jahren 1963 und 1964 entstanden sind, während der weltweite Kult um die Beatles ausbrach.
Ein Selbstporträt von Beatle Paul McCartney im Jahr 1963. Paul McCartney hat in einem neuen Bildband erstmals Hunderte privater Fotos veröffentlicht, die in den Jahren 1963 und 1964 entstanden sind, während der weltweite Kult um die Beatles ausbrach.1963 - 1964 Paul McCartney/Verlag C.H.Beck/dpa

Das ist Ihre Zusammenfassung der 60er Jahre?

Das ist alles, woran ich mich aus der Zeit noch erinnere (lacht).

Was es Ihre erste Kamera?

Ich glaube ja. Deshalb habe ich herumexperimentiert und so viele Fotos geschossen, wie es nur ging – und probiert, ob ich gleichzeitig fotografieren und rauchen kann (lacht).

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Waren die wiederentdeckten Fotos für Sie eine Zeitreise?

Ja. Sie haben mich 60 Jahre zurückversetzt. Ich habe mich wieder daran erinnert, wo wir damals standen und was wir getan haben. Da ist John, wie er auf seinen Nägel kaut. Das war sein Ding und er hat es ständig gemacht, wenn er unbeobachtet war.

In ihren Bildern posiert John Lennon nicht, als hätte er gar nicht bemerkt, dass er fotografiert wird. So kann man in den Bildern bei ihm eine gewisse Verletzlichkeit erahnen, oder täuscht das?

Ich denke, dass das sicher so war. Er hatte eine wirklich schwere Kindheit. Sein Vater Alf hat die Familie verlassen, als John 3 war. Und dann wurde entschieden, dass seine Mutter Julia nicht fähig war, Kinder aufzuziehen. Er musste bei seiner Tante Mimi leben. Eines Nachts kam seine Mutter vorbei, um ihn zu sehen. Auf dem Nachhauseweg wurde sie dann von einem Auto überfahren und starb. Johns Leben war so früh schon so tragisch!

Cover des Buches „1964: Augen des Sturms - Fotografien und Betrachtungen“
Cover des Buches „1964: Augen des Sturms - Fotografien und Betrachtungen“Verlag C.H.Beck/dpa

Ihre Bilder stammen aus einer Zeit, in der die Beatles noch gar nicht geahnt haben, wie groß sie noch werden würden. In einigen der Fotos sieht man, wie nervös sie alle noch vor Auftritten waren.

Genau deswegen liebe ich diese Fotos. Sie zeigen unsere Unschuld. Wir hatten keine Ahnung, dass wir wirklich berühmt werden würden. Natürlich war das unser Ziel und wir haben hart daran gearbeitet.

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Fallen Ihnen zu den Bildern automatisch auch Anekdoten ein?

Klar! Sehe sie das Foto vom grinsenden Ringo? Als ich es sah, erinnerte ich mich an einen seiner Tricks. Er war bei weitem der coolste von uns, fuhr das beste Auto und hat Bourbon mit Sprite getrunken (lacht). Wenn er mit einem Girl auf ein Date gegangen ist, hat er sich immer zwei Zigaretten gleichzeitig im Mund angezündet – das war sein Ding.

Ein Schnappschuss aus dem Fenster zeigt, wie abgeschieden und idyllisch sie 1963 gelebt haben. Der weltberühmte Beatle Paul McCartney lebte auf einem Dachboden.

(lacht). Ja. Ich bin damals mit einem Mädchen namens Jane Asher zusammen gewesen. Ihr Mutter war total lieb und hat mir angeboten, in ihrem Haus unters Dach zu ziehen. Sie wusste, das ich mein Elternhaus vermisse und war eine fantastische Köchin. Alles war super, bis die Fans herausgefunden habe, ich wohne.

Der letzte Beatles-Song soll noch in diesem Jahr erscheinen.
Der letzte Beatles-Song soll noch in diesem Jahr erscheinen.Lapresse/EPA/dpa

Was ist dann passiert?

Ich musste durch das Fenster ins Nachbarhaus springen und bin dann durch den Keller des Nachbarn nach draußen. Ich konnte unbemerkt entkommen und musste dann leider wegziehen.

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Einige der Fotos sind von Ihrer ersten Tour nach Amerika.

Es war meine erste Reise in die USA überhaupt!

Wissen Sie noch, was Sie an den Vereinigten Staaten am meisten erstaunt hat?

Es gibt ein Foto aus Miami, wo ich einen Cop auf dem Motorrad fotografiert habe. Er gehörte zu unserer Polizeieskorte vom Flughafen, unsere erste überhaupt. Ich weiß noch, wie erstaunt ich war, dass er eine dicke Knarre und Munition am Gürtel hängen hatte. In England trägt die Polizei keine Waffen – zum Glück! Dieser Revolver hat mich total fasziniert und mich daran erinnert, wie anders Amerika ist.