Hitze, Rumgeschwitze, Gottschalk-Witze! Unglaublich: Beim deutschen Nachwuchsfilmpreis in Berlin zog es einem glatt die Schuhe aus
Gekrönt wurden Deutschlands Filmküken, aber die Krönung waren mal wieder die Gäste.

First Steps, der wichtigste deutsche Nachwuchsfilmpreis, ist in einem schweißtreibenden Finale bei 31 Grad Außentemperatur auf dem Holzmarkt am Berliner Spreeufer erfolgreich über die Bühne gegangen. Gekrönt wurde am Montag der abendfüllende Spielfilm „Schattenstunde“ von Benjamin Martins. Die Krönung aber waren die Gäste. Einer kam sogar ohne Schuhe zum roten Teppich spaziert.
Der österreichische Filmregisseur Paul Ploberger (35, „Eisprung mit Papa“) erschien gendergerecht im Kleidchen am Holzmarkt, und dann auch noch barfuß, was vielen Gästen der Preisverleihung nicht nur ein Schmunzeln auf die Lippen zauberte. Viele waren ob der schwül-heißen Berliner Frühsommerluft ohnehin leicht bekleidet aufgaloppiert, Jury-Mitglied Dunja Hayali schaute in Sandalen vorbei, andere in Adiletten. Aber barfuß, das traute sich dann doch nur Ploberger.

Unter den Gala-Besuchern waren auch First-Steps-Miterfinder und Top-Produzent Nico Hofmann, Filmakademie-Präsident Ulrich Matthes, Nina Eichinger, die Tochter von Produzentenlegende Bernd Eichinger (1949-2011), die Schauspieler Dennenesch Zoudé, Sabin Tambrea mit Ehefrau Alice Dwyer und Regisseur Christian Schwochow („Deutschstunde“, „The Crown“), um nur einige zu nennen.
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Im Saal saßen dann alle artig an runden Tischen (Corona-Schutzmasken mussten beim Gehen getragen werden) und lauschten zunächst den Jokes und Scherzen von Moderator Aurel Mertz. Der 31-jährige Spaßmacher nannte sich selbst „Thomas Gottschalk im Jimi-Hendrix-Kostüm“ und hatte sich auf die Fahne geschrieben, „alle dicht zu machen“, immerhin gebe es eine offene Bar. Das war für den Anfang nicht schlecht.
Gekonnter Wechsel zwischen Mut und Zerbrechlichkeit
Gleich danach wurde die erste Trophäe überreicht. Schauspielerin Barbara Colceriu bekam für ihre Rolle in „Liebe, Pflicht & Hoffnung“ den Götz-George-Nachwuchspreis. Sie spielt darin hinreißend lebensecht und mit einem außergewöhnlichen Gespür für die Aktualität ihrer Rolle eine Supermarktangestellte, die wegen eines angeblich geklauten Pfandbons ihren Job verliert. Die Jury begründete ihre Entscheidung so: „Barbara Colceriu trägt mit ihrem Gefühl für die Kamera, ihrem präzisen Timing in den Dialogen und ihrem gekonnten Wechsel zwischen Mut und Zerbrechlichkeit jede einzelne Szene des Films.“ Da kann man nur sagen: Bravo!
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Der Sieger-Film „Schattenstunde“ (Kategorie Abendfüllender Spielfilm) von Benjamin Martins erzählt von den letzten Stunden des christlichen Schriftstellers Jochen Klepper und seiner jüdischen Ehefrau und Tochter – „einer Familie, die in einem nationalsozialistisch regierten Deutschland nur noch den Selbstmord als Ausweg sieht“, so die Jury um Maryam Zaree. „Kammerspielartig inszeniert Regisseur Benjamin Martins Hadern und Ausweglosigkeit. Obwohl der physische Raum so klein ist, wird die Geschichte gesellschaftsübergreifend erzählt.“
Der First Steps Award ist mit insgesamt 119.000 Euro dotiert und wird jährlich in mehreren Kategorien vergeben. Preis-Gründer Nico Hofmann sagte: „Das ist nicht nur eine Preisverleihung, es ist auch eine Kontaktförderung.“ Ulrich Matthes freute sich diebisch über die Wildheit des Filmnachwuchses. In diesem Jahr waren die vorherrschenden Themen Heimat und Identität, merkte Dokumentarfilm-Jurorin Dunja Hayali an.
Alle Preisträgerinnen und Preisträger auf der Homepage von First Steps