Die Katar-WM hinterlässt eine Lücke im TV: Die Fußball-Frauen und Basketballer könnten sie nutzen!
Wenn im Weltfußball fragwürdige Entscheidungen getroffen werden, bietet sich für andere eine Chance: Werden sie diese nutzen?

Im Fernsehen ist es wie im echten Leben: Wenn die Großen Mist bauen, dann haben die kleinen die Chance, sich zu zeigen und endlich auch ein bisschen von der Aufmerksamkeit abzubekommen, die ihnen sonst verwehrt bleibt. Besonders bei Sportübertragungen ist das immer wieder der Fall. In Deutschland gibt es da außer Männerfußball nicht viel. Ein bisschen Formel 1 (nach dem Aus von RTL deutlich weniger) vielleicht, die Olympischen Spiele – und im Winter Biathlon und Skispringen.
Mit der Katar-WM macht der Männer-Fußball Platz für andere
Doch der Fußball hat bereits im Dezember 2010 einen folgenschweren Fehler: Mehrere Fifa-Funktionäre verkauften das Turnier nach Katar. Seither ist viel passiert: In Katar wurden mehrere Stadien aus dem Boden gestampft, bei deren Bau nicht das Leben der Gastarbeiter vorsichtig ausgedrückt nicht im Vordergrund stand. Vielmehr war von Sklavenarbeit die Rede. Hinzu kommt die Kritik, dass Katar keine eigene Fußballtradition besitzt – und das wie auch beim WM-Gastgeber von 2018, Russland, Menschenrechte, etwa die von Homosexuellen, verletzt werden.
Zu allem Überfluss bedachte man bei der Vergabe wohl auch nicht die heißen Temperaturen, die üblicherweise im Sommer in Katar herrschen. Jahre später verlegte man die WM nun in den Winter.
Die Ignoranz der Funktionäre, die nicht nur vom zugegebenermaßen eurozentristischen Fußball-Kalender abweicht, sondern auch Menschenrechte gegen Profite aufwiegt, brachte zahlreiche Menschen gegen das Turnier auf. In Deutschland, aber auch in anderen Staaten wie Dänemark oder Norwegen gab es Aufrufe, das Turnier in Katar zu Boykottieren. Doch während die Verbände und Athleten dem schnell einen Riegel vorschoben, denken viele Fans tatsächlich darüber nach, kein Spiel anzuschauen. Bietet sich hier vielleicht die Chance für andere?
Andere Sport-Events drängen in die Lücke
Das kann durchaus sein: Im Juli begeisterte die deutschen TV-Zuschauer die Frauen-Europameisterschaft im Fußball, bei der die Spielerinnen um Alexandra Popp mit gutem Fußball ins Finale vordrangen und erst dort nach einem mitreißenden Spiel an Gastgeber England scheiterten. Auch die versammelten Europameisterschaften in München fanden als Mini-Olympia viele Fernseh-Zuschauer.

Nun, im September, sind es die Basketball-Männer um Kapitän Dennis Schröder, die ganz Deutschland bei der Heim-EM zu überzeugen wissen. Bereits in der Vorrunde eilten die Basketballer von Erfolg zu Erfolg – und erspielten sich so die Gunst des TV-Publikums und der TV-Macher, die ihnen für das Viertelfinale gegen Griechenland sogar einen Platz im Free-TV freiräumten.
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RTL zeigte die magische Nacht, in der Schröder, Wagner und Co. in der Berliner Benz-Arena sich nicht einmal von Giannis Antetokounmpo, einem der besten Spieler weltweit, ins Wanken bringen ließen. Sie machten beste Werbung für ihren Sport und sorgten dafür, dass am Freitag wenn das Halbfinale gegen Spanien ansteht, sicher noch mehr Menschen vor den Fernsehern sitzen werden – und das völlig verdient.
Natürlich ist der Basketball, besonders wenn man an die USA denkt, keine Randsportart. In Deutschland schafft sie es dennoch kaum in den Mainstream. Wenn die Großereignisse im Männer-Fußball sich aber immer weiter in einen moralisch fragwürdigen Elfenbeinturm zurückziehen und am Horizont eine Superleague droht, kann das selbst eingefleischte Fußballfans abschrecken. Die Alternativen stehen in jedem Fall bereit.
Domescu Möller schreibt jeden Donnerstag im KURIER über die Welt des Fernsehens.
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