Deutscher Filmpreis: So reagieren Heike Makatsch und Co. auf den Til-Schweiger-Skandal
Der Deutsche Filmpreis 2023 wurde von einem ernsten Thema beherrscht: Wie gravierend sind die Missstände in der deutschen Filmindustrie wirklich?

Die deutsche Filmbranche feiert sich selbst – doch bei der Lola 2023 schwingt auch ein ernstes Thema mit: Seit einigen Tagen diskutiert Deutschland über die Frage, welch starke Missstände in der Traumfabrik wirklich herrschen.
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Til Schweiger und die Missstände in der Filmbranche
Angefangen hatte alles mit einem Bericht im Spiegel, der insbesondere Til Schweiger in den Fokus rückt. Von Vorwürfen der Schikane und Gewalt am Set war die Rede, Schweiger soll Wutausbrüche gehabt und diese gegen Mitarbeiter ausgelebt haben. Des Weiteren soll es zu Arbeitsschutzverletzungen in Form von Überschreitung der Drehzeit oder Nichteinhaltung der Ruhetage gekommen sein. Sogar Nora Tschirner meldete sich auf Social Media zu Wort und erklärte: „Das ist für jeden in der Branche seit Jahrzehnten – bis auf einige wenige Sets – ein absolut offenes Geheimnis, dass diese Zustände herrschen.“
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Klar wurde darüber auch beim Filmpreis gesprochen. Keiner der Gäste – ob Schauspieler, Regisseur oder Produzent – kam an diesem Freitagabend (12. Mai) in Berlin, an dem der Deutsche Filmpreis verliehen wurde, an den eher unangenehmen Fragen vorbei. Am Red Carpet wurden die Stars am laufenden Band danach gefragt, wie es ihrer Meinung nach wirklich an deutschen Drehsets zugeht. Während einige lieber nichts dazu sagen wollten, nahmen andere bereitwillig Stellung und bezogen Position. Die meisten sind sich dabei einig: Es muss über das Thema gesprochen werden.
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Kritische Stimmen bei der Lola 2023
Wilson Gonzalez Ochsenknecht: „Ich selber habe davon nichts mitbekommen. Man hört immer wieder davon, dass es solche Situationen gibt. Ich finde es wichtig, dass darüber gesprochen wird. Das Verstecken, weil man Angst hat, seinen Job zu verlieren, oder weil Menschen über einem stehen, ist nicht richtig. Das sollte man aufklären.“
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Daniel Donskoy: „Auf Taten müssen Konsequenzen folgen. Ich hoffe, dass bei dem Thema nicht geschwiegen wird, weil wir in der Gesellschaft gerne heftig und kurz über solche Dinge diskutieren, sie aber dann wieder schnell vergessen. Deswegen hoffe ich, dass es eine Nachhaltigkeit geben wird.“
Heike Makatsch: „Ich glaube, dass überall, wo Machtstrukturen herrschen, auch Machtmissbrauch stattfindet. Das ist ja nichts Neues. Wenn es Menschen gibt, die einen Leidensdruck erfahren haben, dann sollte dem auf jeden Fall nachgegangen werden. Aber ich finde nicht, dass die Branche im Allgemeinen verurteilt werden sollte. Sondern es muss halt dahin geschaut werden, wo es passiert.“
Palina Rojinski: „Es ist nicht alles nur schlecht. Es gibt auch ganz wunderbare Produktionen. Aber dann gibt es eben welche, die etwas Nachhilfe brauchen.“
Mina Tander: „Ich erinnere mich an einen Low-Budget-Film, ich war 19, bei dem wir 24 Stunden gedreht haben. Ich habe das Gefühl, ganz so schlimm ist es heute nicht mehr, aber einige Bedingungen sind auf jeden Fall verbesserungswürdig. Das bedeutet aber, dass mehr investiert werden muss und mehr Drehtage stattfinden müssen.“

Beim Deutschen Filmpreis wird über das Thema nicht geschwiegen
Auch bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises selbst kam das Thema gleich mehrfach zur Sprache. Die Präsidenten des Deutschen Filmpreises, Alexandra Maria Lara und Florian Gallenberger, teilten noch vor Beginn der Liveübertragung auf der Bühne ihre Meinung mit. Alexandra Maria Lara betonte, dass es wichtig sei, die Chance nicht verstreichen zu lassen, faire Arbeitsbedingungen zu schaffen. Plötzlich stockte der Schauspielerin die Stimme, es würden bei dem Thema eben auch einige Emotionen mitspielen, erklärte sie. Florian Gallenberger bestätigte, dass es in der Branche Hierarchien gebe, dass diese aber keine Entschuldigung für respektloses und übergriffiges Verhalten seien.
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Und auch Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien der Bundesrepublik Deutschland betonte auf der Bühne, dass Betroffene, die den Mund aufmachen, nicht als Nestbeschmutzer bezeichnet werden dürfen: „Wir brauchen die Auseinandersetzung, wir brauchen sie ehrlich und offen. Es muss möglich sein, darüber zu sprechen, was falsch läuft, welche Strukturen verändert werden müssen, damit ein Set ein Ort ist, an dem ein Film in einer kreativen und konstruktiven Arbeitsatmosphäre entsteht. Ein Ort des Respekts und des Teamgeists, an dem autoritäres Gehabe, Gewalt und Belästigung nicht mit Genie verwechselt oder hingenommen werden, weil am Ende nur der wirtschaftliche Erfolg des Films zählt. Ein Klima der Angst können und wollen wir nicht dulden.“ Claudia Roth verspricht sogar, dass die Filmförderung reformiert wird und somit Arbeitsbedingungen verbessert werden.
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Mit Ernst und Humor gleichermaßen ging Filmpreis-Moderatorin Jasmin Shakeri an die Thematik ran. Die deutsch-iranische Schauspielerin scheute sich nicht, vor den Gästen im Saal und den TV-Kameras speziell noch einmal auf Til Schweiger als Paradebeispiel hinzuweisen: „Das Problem ist nicht nur der Schweiger, das Problem sind auch die Schweiger“, scherzte sie und machte dadurch auf ein grundlegendes Problem aufmerksam – den prominenten Gästen blieb das Lachen geradezu im Halse stecken.
Bleibt zu hoffen, dass die vielen Worte zu dem Thema nicht, wie Daniel Donskoy befürchtet, verpuffen und wirklich Veränderung stattfindet.