Der Schauspieler im KURIER-Interview

Burghart Klaußner: „Niemand unterscheidet sich mehr von mir als meine Frau“

Im KURIER-Interview spricht Burghart Klaußner über die Liebe zwischen zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnte.

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Burghart Klaußner ist aktuell in dem Film „Die Unschärferelation der Liebe“ im Kino zu sehen.
Burghart Klaußner ist aktuell in dem Film „Die Unschärferelation der Liebe“ im Kino zu sehen.Benjamin Pritzkuleit

Liebe ist nicht vorhersehbar, geradlinig und erst recht nicht bestimmbar. Besonders deutlich wird das in der Komödie „Die Unschärferelation der Liebe“ (seit dem 29. Juni im Kino) mit Burghart Klaußner und Caroline Peters in den Hauptrollen. Während die impulsive Schulsekretärin Greta versucht, den Metzgermeister Alexander mit ihrer quirligen Art aus der Reserve zu locken, will der einfach nur seine Ruhe haben. Doch genau diese Unterschiedlichkeit führt die beiden zusammen.

Eine Entwicklung, die vor allem Burghart Klaußner („Die fetten Jahre sind vorbei“, „Das weiße Band“, „Der Staat gegen Fritz Bauer“) sehr am Herzen liegt und die er unbedingt auf der großen Leinwand sehen wollte, wie er im Interview mit dem Berliner KURIER verrrät.

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Burghart Klaußner: „Liebe ist kein feststehender Begriff“

Berliner KURIER: Vermutlich müssen viele Zuschauer das Wort „Unschärferelation“ erst mal googeln. Der Begriff stammt von dem Physiker Werner Heisenberg und der Heisenbergschen Unschärferelation.

Burghart Klaußner: Genau, die Theorie besagt, dass zwei komplementäre Eigenschaften eines Teilchens nicht gleichzeitig in seiner Geschwindigkeit und in seinem Ort bestimmbar sind. Mit anderen Worten: Nichts Genaues weiß man nicht. Heisenbergs Theorie ist beim Titel natürlich nur eine Assoziation. Auch die Liebe ist ziemlich schwer vorhersehbar. Wie und ob überhaupt was entsteht. Dass es mit vielen Zufällen zusammenhängt, ob zwischen zwei Menschen, die aufeinandertreffen, eine tiefere Beziehung entsteht. Und so ist es auch bei der Begegnung des Metzgers Alexander mit der Schulsekretärin Greta. Sie küsst ihm an einer Bushaltestelle in den Nacken, was natürlich völlig unvermittelt und merkwürdig ist.

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Alexander (Burghart Klaußner) und Greta (Caroline Peters) begegnen sich zufällig in Berlin.
Alexander (Burghart Klaußner) und Greta (Caroline Peters) begegnen sich zufällig in Berlin.X Film_X Verleih

In welchen Punkten unterscheiden sich die Charaktere Alexander und Greta besonders?

Greta ist laut, übersprudelnd und – aus Sicht von Alexander – total durchgeknallt. Und sie stört irgendwie. Deshalb ist diese Frau für jemanden wie Alexander, der ganz still ist, für sich lebt und auf eingespulten Bahnen dahingleitet, natürlich eine Zumutung. Aber er entkommt ihr einfach nicht. Und er ist zu höflich, um zu sagen: „Lassen Sie mich in Ruhe!“ Alexander ist eine Art Bauer in Berlin. Er ist mit allem irgendwie zufrieden und hängt wie ein Klausner – was ja Eremit heißt – in seinen Lebensumständen fest und denkt gar nicht daran, sich verändern zu wollen. Bis er eben auf gewisse Weise von Greta dazu gezwungen wird.

Zur Liebe gezwungen praktisch?

Die Liebe ist allgegenwärtig und muss gepflegt werden. Liebe ist kein feststehender Begriff, den man einfach nur eingeben muss und dann stellt er sich ein. Liebe gestaltet sich von Mensch zu Mensch und von Beziehung zu Beziehung verschieden, das ist ja das Tolle an der Liebe. Da werden Leute zusammengeführt, von denen man das nicht denkt.

Was denken Sie, wie pflegt man denn die Liebe?

Indem man viel miteinander redet und sich nicht aus dem Weg geht. Aber sich trotzdem Freiheiten lässt. Denn wie schön ist es, wenn man sich wiedersieht …

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Alexander und Greta sind sehr unterschiedlich. Wie ist das denn bei Ihnen und Ihrer Schauspielkollegin Caroline Peters? Würden Sie sagen, Sie ticken gleich?

Ich glaube nicht, dass wir gleich ticken, aber wir sind auf der gleichen Wellenlänge. Wir haben eine entscheidende Gemeinsamkeit: Dass wir beide verstehen, wie man gute Komödien macht. Da sind wir uns ganz einig. Aber diese Frage mit den Unterschieden stelle ich mir auch bei meiner Frau, die ich schon über 40 Jahre kenne.

Und was denken Sie?

Da sind gewaltige Unterschiede zwischen uns! (lacht) Es gibt keine andere Person in meinem Leben, die sich mehr von mir unterscheidet. Ich bin sehr unruhig, übersprudelnd und dauernd unterwegs – ich bin eigentlich die Greta in unserer Beziehung. Und meine Frau Jenny ist die Ruhe selbst, ein tiefer Brunnen. Gegensätze ziehen sich an, so heißt es ja.

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Burghart Klaußner und seine Ehefrau Jenny bei der Berlinale im Jahr 2020.
Burghart Klaußner und seine Ehefrau Jenny bei der Berlinale im Jahr 2020.D. Bedrosian/Future Image/imago

„Ich denke nicht daran, mich über Til Schweiger zu empören“

„Unschärferelation der Liebe“ basiert auf dem 2015 uraufgeführten Theaterstück „Heisenberg“, in dem Sie auch schon mit Caroline Peters zusammen die Hauptrollen gespielt haben. Waren Sie skeptisch, ob das auch auf der Leinwand funktioniert?

Nein, skeptisch war ich nie. Sonst wäre ich nicht sechs Jahre so unermüdlich und hartnäckig dahinterher gewesen, den Stoff auf die Kinoleinwand zu bringen. Aber natürlich war es eine Aufgabe, bei der man am Anfang noch nicht genau wusste, wie man sie löst. Wir hatten jedoch mit Lars Kraume einen sehr guten Regisseur, der die Geschichte auf eine wunderbare Art umgesetzt hat.

Sie selbst haben also dafür gesorgt, dass das Theaterstück auf der Leinwand erscheint?

Ja, genau. Wir wollten den Film machen, weil das Theaterstück so erfolgreich war, dass wir uns dachten, das müssen noch mehr Menschen sehen. Kino hat es nicht so leicht, vor allem nach der Pandemie. Aber ich bin mir sicher, die Menschen werden wieder sehen und bemerken, was es für ein Genuss ist, eine Geschichte auf einer riesigen Leinwand serviert zu bekommen.

Der Film spielt überwiegend in Berlin, er endet aber in New York, wo sie keine Drehgenehmigung hatten, richtig?

Ja, das stimmt. Es war relativ aussichtslos, an der Stelle mit dem schönsten Blick über Manhattan eine zu bekommen, weil da so viele Leute drehen wollen, dass die Anwohner das nicht mehr möchten. Aber wir haben es einfach mal versucht und sind gerade mit einer Szene fertig geworden, als ein Polizist kam und freundlich meinte: „Ich glaube, Sie müssen hier verschwinden.“ Aber wir hatten alles, was wir brauchten, und die Szene sieht im Film wirklich toll aus.

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„Die Unschärferelation der Liebe“ läuft seit dem 29. Juni im Kino.
„Die Unschärferelation der Liebe“ läuft seit dem 29. Juni im Kino.X Film_X Verleih

In der Filmbranche herrschte gerade wegen des Til-Schweiger-Skandals und den angeblichen Missständen an Drehsets viel Aufregung. Wie erleben Sie das?

Ich finde nicht, dass es einen Skandal gibt. Es gibt keine bekannten Opfer, keine enorm kriminellen Energien. Das ist alles unglaublich aufgepusht und hochgespielt. Was unterm Strich bleibt, ist natürlich die Tatsache, dass es in allen Situationen, in denen mehrere Menschen zusammenarbeiten und wo eine Person das Sagen hat – Frauen sind da natürlich nicht ausgenommen – zu Reibereien kommt. Aber es gab schon immer Regisseure, bei denen man gesagt hat: „Nein, danke. Das muss ich nicht haben.“ Solch ein Klima am Drehset, wie es jetzt Thema war, muss natürlich vermieden werden, keine Frage. Es geht nicht, dass man angeschrien wird und erst recht nicht, dass man geschlagen wird. Aber ich denke nicht daran, mich zu empören und jemanden zu verurteilen, den ich gar nicht kenne und wo ich von den Hintergründen keine genauen Kenntnisse habe. Bis zum Beweis vom Gegenteil sind alles nur Vermutungen, die zum größten Teil nicht justiziabel sind.

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