Alles so schön bunt hier : Naturparadies Sri Lanka
Die Insel liegt im Indischen Ozean, 7.800 Kilometer von Berlin entfernt. Touristisch stark frequentiert verspricht sie eine faszinierende Flora und Fauna.

Foto: Stürzbecher
Nach Art des Landes fährt mein Fahrer Mahind dem alten Lastwagen vor uns so dicht auf, dass ich denke, wir müssten ihn doch schon vor wenigen Zentimetern getroffen haben. Mahind schert plötzlich aus, überholt den Laster. Im Gegenverkehr tut es uns ein Bus gleich, indem er ein Auto überholt. Wir bewegen uns direkt aufeinander zu.
Da zeigt sich, dass sich vor dem Laster ein Tuk-Tuk befindet, ein dreirädriges Fahrzeug, und davor ein alter Mann mit einem Kind an der Hand die Straße überquert, ohne zu gucken.
Und dann passiert, was hier in solchen Situationen im dichten Verkehr immer passiert: nichts.
Wie das möglich ist? Ich weiß es nicht. Vermutlich schieben die hiesigen Schutzengel Überstunden.
237 Kilometer lange Westküste gehört zu den grünsten der Welt
Zum Nachdenken bleibt keine Zeit inmitten der wilden Mischung aus Lkw und Bussen, Pkw, Tuk-Tuks und Motorrädern, Fahrrädern und Fußgängern. Da bahnt sich schon wieder was an: Ein Transporter schießt aus einer Seitenstraße und schiebt sich zwischen zwei Fahrzeuge in eine Lücke, die es nicht gibt – auf seiner Ladefläche stehen neun Männer.

Erst seit wenigen Minuten sind wir mit dem Tuk-Tuk auf der Küstenstraße unterwegs. Zuvor waren wir mit dem Auto gefahren, ganz entspannt, von Colombo kommend, auf einer Autobahn, die zum Teil an der 237 Kilometer langen Westküste von Sri Lanka liegt und zu den grünsten der Welt zählt. An endlos scheinenden Wiesen fuhren wir vorbei, an Seen, Palmen und Reisfeldern. An der Autobahn saßen Eisvögel und Reiher, auf Laternenmasten hockten Pelikane, in Tümpeln staksten Buntstörche.
Gut 7800 Kilometer von Berlin entfernt, im Indischen Ozean, liegt Sri Lanka. Durch die Produktion von Tee, Kaffee, Kautschuk und Kokosnüssen ist sie bekannt. Von 1983 bis 2009 schnitt ein Bürgerkrieg die Insel vom Touristenstrom ab. Mit ihrer vielseitigen Landschaft und ihren günstigen Lebenshaltungskosten lockt sie inzwischen wieder Scharen von Touristen an.
Ich fahre in den Süden, wo surffreudige Skandinavier und Briten den größten Anteil der Touristen stellen, dorthin, wo die Temperaturen ganzjährig zwischen 28 und 30 Grad Celsius liegen und das Meer hohe Wellen schlägt.
„Chinesen-Fischer“ warten auf profitable Reisegruppen aus China
Noch vor wenigen Jahren saßen im Meer Fischer auf Pfählen, um sich und ihren Familien eine Mahlzeit zu fangen. Heute wartet der Großteil der falschen Pfahlfischer auf Touristen. Stoppt ein Bus, klettern die Männer flink auf ihre Pfähle. Währenddessen verhandeln andere mit den Touristen darüber, gegen Geld Fotos machen zu dürfen. Besonders beliebt sind bei ihnen Reisegruppen aus China, deswegen nennt man sie hier „Chinesen-Fischer“.
Dabei ist das Fischen für viele Küstenbewohner nach wie vor von großer Bedeutung, ob von Booten oder vom Ufer aus, wo sie täglich stundenlang Netze in das Wasser werfen und kraftraubend wieder an den Strand ziehen.

Davon profitiert jetzt eine Brahminenweihe, ein mittelgroßer Greifvogel, nahe Kalametiya. Kurz vor Anlandung des mit Sardinen gut gefüllten Netzes sichert sie sich in drei Anflügen ein dreifaches Frühstück.
Den fünf heimischen Arten von Meeresschildkröten aber macht vieles zu schaffen: das Fischen, ein Mehr an Touristen, das Plastik im Meer, das die Tiere häufig für Nahrung halten und verschlucken, und der Klimawandel. Zahlreiche ehrenamtlich betriebene Schutzstationen bemühen sich, den Tieren zu helfen.
Für die farbenfrohen Bienenfresser wiederum, unter den einheimischen sind viele Wintergäste, ist die Insel ein Schlaraffenland. Auch der Bananen liebende Braunkopf-Bartvogel fühlt sich im Land der 26 Bananenarten wohl. Auch wenn es hier viele gefiederte Schreihälse gibt – er übertönt sie alle.
Je kleiner die Hotels, je weiter von den Touristenmassen entfernt, desto angenehmer ist es
Bei einer Fahrt in der Koggala-Lagune komme ich Silberklaffschnäbeln, einer Familie der Störche, bei der Gefiederpflege sehr nahe, auch Storchenschnabel-Eisvögeln und Ceylon-Hutaffen mit ihrem Nachwuchs.
Palmenhörnchen haben die größeren Hotelgelände an der Küste für sich entdeckt. Jeden Morgen grasen sie das gepflegte Grün nach frischen Trieben ab, danach huschen sie die Fassaden hoch, bis in die höchsten Etagen, um auf den Balkonen nach Fressbarem zu suchen.

Um die Hotels halten Tuk-Tuk-Fahrer, selbst ernannte Touristenführer und Verkäufer Ausschau nach Kundschaft. Es wird mit Fotomappen geworben, die zeigen sollen, was man auf einer Zwei-Stunden-Tour alles erleben kann, deren Ziele jedoch teilweise vier Fahrstunden entfernt liegen. Nicht immer wird ein Nein als Nein akzeptiert.
Je kleiner die Hotels, je weiter von den Touristenmassen entfernt, desto angenehmer ist es auf Sri Lanka, deren Natur ihresgleichen sucht – und wo sich auch Schutzengel erholen können.