Ist unser Bargeld eine Virenschleuder?
Experten geben eine Einschätzung, wie die hoch die Wahrscheinlichkeit ist, sich an Münzen und Scheinen mit Corona zu infizieren.

Frankfurt/M. - Den Deutschen ist ihr Bargeld bisher lieb und teuer - weniger als in anderen europäischen Ländern setzen sie auf Kartenzahlung, vor allem bei kleinen Einkäufen. Die Deutsche Bundesbank versicherte jetzt die Bargeldversorgung sei auch in Zeiten der Corona-Krise gesichert. Im Zuge der Pandemie sind allerdings Zweifel aufgetaucht: Ist Bargeld eine Virenschleuder?
Wahrscheinlichkeit, sich an Münzen und Scheinen mit Corona zu infizieren, ist gering
Die Wahrscheinlichkeit, sich an Geldscheinen oder Münzen mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren, ist nach Einschätzung deutscher Experten sehr gering. „Das auf dem Geldstück klebende Virus würde ich mal weitgehend vergessen“, sagte dazu der Virologe Christian Drosten in einem NDR-Podcast. Der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité erläuterte, bei Corona- und Influenzaviren handele es sich um behüllte Viren. Diese seien gegen Eintrocknung „extrem empfindlich“. Anders sei es bei Schnupfenviren, die unbehüllt seien und weniger empfindlich gegen Eintrocknung. Diese würden eher mit den Fingern in die Nase gebracht und könnten dort für Infektionen verantwortlich sein. Bei Coronaviren erfolge eine Infektion dagegen meist über den Rachen - „und wir stecken uns den Finger nicht in den Hals“, so Drosten. Er verwies darauf, dass die Abläufe nicht abschließend erforscht seien. Aber „wahrscheinlich ist das so, dass diese Viren einfach schwerpunktmäßig mehr über Tröpfcheninfektion übertragen werden, weil sie eben eingeatmet werden müssen“. Deshalb trage bei der aktuellen Coronaviruserkrankung die Kontaktübertragung eine geringere Rolle, als bei anderen Erkältungskrankheiten.
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Übertragung von Viren beim Streicheln eines Haustieres ist unwahrscheinlich
Der Greifswalder Hygienefacharzt Günter Kampf sieht zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit, im unbelebten Umfeld von Covid-19-infizierten Personen Viren zu finden - etwa auf der Kleidung, auf Brillen und auch Geldscheinen. Aber: „Ob das Material noch infektiös ist, weiß man nicht. Ob die Menge ausreicht, um über die Hände auf die Nasenschleimhaut übertragen zu werden und eine Infektion auszulösen, weiß man nicht“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Ebenso unwahrscheinlich sei es, dass Viren beim Streicheln des Fells von Hunden und Katzen übertragen werden. „Theoretisch ja, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es passiert, geht gegen Null“, sagte Kampf.
Auch der Leiter des Frankfurter Gesundheitsamtes, der Infektiologe René Gottschalk, hält eine Ansteckung mit dem Coronavirus über Scheine oder Münzen für unwahrscheinlich. Würde das Virus über Geldscheine oder Lappen übertragen, wären die Fallzahlen höher, sagte Gottschalk. Möglicherweise könne man die Viren auf Geldscheinen nachweisen, aber diese erreichten nicht die Keimzahl, um einen Menschen zu infizieren. Darum halte er es auch für „völlig überzogen“, Geldscheine zu desinfizieren, sagte Gottschalk.
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Häufiges Händewaschen um Infektion zu vermeiden
US-Forscher haben für eine neue Studie nachgewiesen, dass das Coronavirus Sars-CoV-2 mehrere Tage auf Oberflächen überdauern kann. Das lebensfähige Virus sei in Luftpartikeln bis zu drei Stunden nachweisbar gewesen, auf Kupferoberflächen bis zu vier Stunden und auf Pappe etwa einen Tag, schrieben die Forscher mehrerer Institute in der Studie, die im „New England Journal of Medicine“ publiziert wurde. Auf Kunststoff und Edelstahl konnten lebensfähige Coronaviren noch nach zwei bis drei Tagen nachweisbar gewesen. Geldscheine oder Münzen wurden für diese Studie allerdings nicht untersucht. Die Empfehlung, sich oft und gründlich die Hände zu waschen, bleibt also von höchster Bedeutung, um eine Virenübertragung auf Atemwege und Schleimhäute zu vermeiden.