Entlarvt! 17 Mythen aus dem Straßenverkehr: Was gilt, wenn der Parkscheinautomat kaputt ist? Darf man quer parken? Ist das Benutzen der Lichthupe Nötigung?
Sie halten sich für fit bei den Regeln im Straßenverkehr? Dann prüfen Sie das doch mal ...

Eigentlich kennen wir uns ja alle gut aus mit den Verkehrsregeln. Eigentlich. Dabei wird viel behauptet – und einiges davon ist einfach Quatsch. Der KURIER räumt auf mit Mythen im Straßenverkehr. Was stimmt denn nun wirklich?
1. Wenn der Parkscheinautomat kaputt ist, muss ich nicht zahlen
Das stimmt... fast. Grundsätzlich bleibt die Nutzung eines gebührenpflichtigen Parkplatzes ohne Parkschein rechtswidrig und damit auch strafbar. Ist der Automat kaputt, sind Sie verpflichtet, alternativ eine Parkscheibe (oder einen Zettel) mit ihrer Ankunftszeit gut lesbar in die Windschutzscheibe zu legen. Und Sie müssen auch die erlaubte Maximalparkdauer einhalten. Ansonsten zahlen Sie vielleicht trotzdem.

2. Ständig auf der Mittelspur einer (dreispurigen) Autobahn zu fahren, ist verboten
Wieder lautet die Antwort: Jein.
Wer hat sich nicht schon mal über das Auto vor sich geärgert, dessen Fahrer offenbar vom Rechtsfahrgebot noch nie gehört hat. So oft wird die Mittelspur genutzt, um gemütlich die langsam fahrenden LKW zu überholen, ohne anschließend wieder rechts einzuscheren. Viel empfinden das als stures Verhalten. Aber ist es auch verboten?
Offiziell gilt: Behindert man kein anderes Fahrzeug, ist das Fahren auf der Mittelspur kein Verstoß gegen die Regeln. Dafür reicht, wenn nur „hin und wieder“ ein Auto auf der rechten Spur fährt. Natürlich ist das Auslegungssache. Ist die rechte Spur dagegen komplett leer, droht beim durchgehenden Befahren der Mittelspur ein Bußgeld.

3. Beim Auffahren müssen die Autos auf der Autobahn Platz lassen – oder machen
Nein, müssen sie nicht.
Jeder Auffahrende muss selber abschätzen, ob die Fahrzeuge, die gerade auf der Autobahn herangerauscht kommen, noch weit genug entfernt sind, um gefahrlos aufzufahren. Grundsätzlich haben Autos, die sich bereits auf der Autobahn befinden, die Vorfahrt. Selbst wenn es nett gemeint ist: Sie sollen und dürfen sogar nur Platz machen, wenn Sie durch Bremsen oder Spurwechsel garantiert niemanden gefährden. Auffahrende müssen im Zweifel warten, bis eine Lücke zwischen den Fahrzeugen auf der Autobahn groß genug ist, damit sie sich problemlos einfädeln können.
4. Man muss als Autofahrer feste Schuhe tragen
Das muss man nicht, aber...
Feste Schuhe sind in der Straßenverkehrsordnung nicht zwingend vorgeschrieben. Aber schon in der Fahrschule haben wir wohl alle den Hinweis bekommen, dass man barfuß, mit Latschen oder Sandalen besser nicht fahren sollte. Und das hat einen guten Grund: Sollte es zu einem Unfall kommen, könnte die Versicherung das lose Schuhwerk als Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht interpretieren und deshalb nicht für die Schadenssumme aufkommen wollen. Aber unabhängig davon dienen feste Schuhe wohl der Sicherheit für alle im Straßenverkehr.

5. Auf Parkplätzen gelten andere Regeln als im Straßenverkehr
Falsch. Zwar darf ein privater Eigentümer ergänzende Regeln erlassen, aber grundsätzlich gilt auch dort die Sraßenverkehrsordnung. Das bedeutet: Das Fahren ist nur in Schrittgeschwindigkeit erlaubt, eine vorsichtige und angemessene Fahrweise ist Pflicht. Auch auf dem Parkplatz gilt die Regel „Rechts vor Links“ – außer bei der Ausfahrt, wo Sie nie Vorfahrt haben.
6. Man hat nie Schuld, wenn man bei einem Auffahrunfall vorne ist
Auch diese Regel gilt nicht immer. Natürlich ist jeder Autofahrer verpflichtet, auf den Verkehr vor sich zu achten und entsprechend Abstand einzuhalten. Wenn aber das vordere Fahrzeug völlig grundlos oder aus vergleichsweise „nichtigem“ Grund (so hart es klingt, dazu gehört auch das Stoppen für ein kleines Tier) abrupt bremst, so dass das hintere Fahrzeug keine Chance hat, darauf noch zu reagieren, dann kann die oder der Vorausfahrende für den Schaden haftbar gemacht werden.
Ein Problem gibt es allerdings. Der Auffahrende muss erst einmal nachweisen, dass das Bremsen unverhältnismäßig war. Das dürfte in den meisten Fällen sehr schwierig werden. Es hilft also nur: Abstand halten!
7. Rechts überholen ist immer verboten!
Falsch. Das ist ein lange gepflegter Mythos. Es gibt sogar mehrere Ausnahmen.
Laut §5 Abs. 7 StVO darf man zum Beispiel eingeordnete, links abbiegende Fahrzeuge immer rechts überholen. Und wird bei zähfließendem Verkehr auf der Autobahn auf allen Spuren langsam gefahren, ist es ebenfalls erlaubt.
Schienenfahrzeuge dürfen sie sogar grundsätzlich nur rechts überholen – es sei denn die Umgebung lässt es nicht anders zu, etwa wenn die Schienen auf der rechten Seite der Straße liegen.
8. Nach einem Verkehrsunfall müssen die Fahrzeuge genau so stehen bleiben
Totaler Quatsch. Dabei klingt es scheinbar plausibel: Nach einem Crash sollten alle Fahrzeuge so stehen bleiben, wie sie sind, damit Beweise noch sichtbar sind, wenn die Polizei eintrifft. Stimmt aber nicht.
Oft blockieren die Fahrzeuge die Straße und behindern den Verkehr. Daher sollten die Fahrer (wenn das Auto noch fahrtüchtig ist) die Wagen unbedingt an die Seite fahren, um die Straße frei zu machen. Ansonsten droht sogar ein Bußgeld wegen Blockieren des Verkehrs.
Ist das Auto nicht mehr fahrtüchtig, sind sie verpflichtet, ein Warndreieck in angemessenem Abstand zum Unfallort aufstellen.
9. Wenn die Rettungskräfte kommen, muss eine Rettungsgasse gebildet werden
Falsch, das ist viel zu spät. Die Regel ist viel strikter. Und das entscheidende Stichwort heißt: sofort! Sobald sich also ein Stau bildet, müssen Autofahrer Platz machen, damit Rettungskräfte durch die Gasse können. Übrigens: Wer das versäumt, dem droht ein saftiges Bußgeld und sogar Punkte in Flensburg.

10. Die Lichthupe zu benutzen, das ist Nötigung
Es ist unhöflich, es ist nervig, aber es ist grundsätzlich erstmal nicht verboten. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf laut StVO §16 Abs. 1 „die Absicht zu Überholen mit der Hupe oder der Lichthupe signalisiert werden“. Anders sieht es jedoch aus, wenn die Lichthupe dauerhaft aufleuchtet und vor allem, wenn zu dicht aufgefahren wird! Dann ist es Nötigung.
11. Es reicht, wenn man seine Kontaktdaten hinterlässt, wenn man ein parkendes Auto rammt
Falsch, das gilt sogar als Unfallflucht.
Es ist beim Einparken so schnell passiert: Kurz nicht aufgepasst und schon hat man ein Auto leicht gerammt. Dann reicht es aber bestimmt aus, die eigenen Kontaktdaten auf einen Zettel zu schreiben und unter den Scheibenwischer des anderen Fahrzeugs zu klemmen, glauben viele. Aber das ist ebenfalls ein Mythos!
Man muss tatsächlich auf den anderen Fahrer warten. Dauert das zu lange, bleibt nur der Ausweg, die Polizei anzurufen. Den Beamten können Sie dann hinterlassen, was passiert ist und dabei ihre Personalien angeben. Erst dann dürfen Sie den Ort verlassen. Ansonsten machen Sie sich strafbar – wegen Unfallflucht!
12. Auf deutschen Autobahnen muss man mindestens 60 km/h fahren
Falsch, es gibt keine Mindestgeschwindigkeit. Zwar dürfen nach StVO nur Kraftfahrzeuge auf Autobahnen fahren, „wenn deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit 60 km/h und mehr beträgt“. Wie schnell sie deshalb mindestens unterwegs sein müssen, ergibt sich daraus nicht.
Aber: Wer ohne triftigen Grund durch langsames Fahren den Verkehr behindert, verstößt ebenfalls gegen die StVO. Sie sollten also besser ihre Geschwindigkeit an den fließenden Verkehr anpassen.
13. Wenn man mit dem Auto steht, ist die Handynutzung erlaubt
Vorsicht, das ist falsch und kann teuer werden.
Sie dürfen während der Fahrt nicht telefonieren - und nicht einmal einen Blick auf das Telefon werfen. Das gilt auch, wenn das Auto steht. Ansonsten drohen ein Punkt und ein saftiges Bußgeld! Achtung: Auch die Start-Stop-Funktion beim Motor zählt nicht (mehr) als Ausrede.
Grundsätzlich gilt: Sie müssen das Fahrzeug mit dem Zündschlüssel ausschalten, bevor Sie das Handy nutzen. Mit einer Freisprechanlage ist das Telefonieren natürlich auch während der Fahrt erlaubt.

14. Fußgänger dürfen Parkplätze reservieren
Nein, das dürfen sie nicht. Es kann sogar als Ordnungswidrigkeit bestraft werden.
Grundsätzlich gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das bedeutet: Wer mit seinem Auto eine Parklücke zuerst erreicht, hat auch den Anspruch auf den Parkplatz. Man darf laut Gerichtsentscheidungen sogar langsam (!) in die Parklücke einfahren, wenn sich dort ein Fußgänger befindet. Allerdings dürfen Sie dabei NIEMALS jemanden gefährden.
15. Radfahrer müssen den Radweg benutzen
Ja, das müssen sie. Allerdings nur, wenn es sich um einen gekennzeichneten Radweg handelt. Verbindlich erkennbar ist das an der Beschilderung und/oder Markierungen auf dem Boden. Gibt es die nicht, dürfen Radfahrer selbst entscheiden, ob sie die Fahrbahn oder den Radweg nehmen.

16. Kleinst-Autos dürfen auch quer parken
Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Laut § 12 Abs. 4 StVO muss man am rechten Fahrbahnrand parken. Das Querparken ist dabei nicht vorgesehen, aber eben auch nicht ausdrücklich verboten. Das Querparken kann von Polizei und Behörden also toleriert werden. Es darf aber wie immer keine Gefährdung des sonstigen Verkehrs entstehen. Selbst Smarts überragen quer meist die Parkzone und begründen deshalb eine Ordnungswidrigkeit. Wer also einen Strafzettel vermeiden will, sollte auf das Querparken besser verzichten.
17. Man darf so langsam fahren, wie man will
Nein, das darf man nicht. Wer ohne triftigen Grund schleicht und damit den Verkehrsfluss behindert, dem droht dafür sogar ein Bußgeld. Und ziemlich sicher wird man Sie auf Alkoholkonsum testen...