Der Bundesfinanzhof in München: Dort wird am Mittwoch verhandelt, ob die Rentenbesteuerung rechtens ist.
Der Bundesfinanzhof in München: Dort wird am Mittwoch verhandelt, ob die Rentenbesteuerung rechtens ist. Foto: dpa/Peter Kneffel

Ist die Rentenbesteuerung in ihrer derzeitigen Form verfassungswidrig? Darüber verhandelt der Bundesfinanzhof (BFH) in zwei Verfahren am Mittwoch. Das für Mai erwartete Urteil wird Auswirkungen auf Millionen aktueller und zukünftiger Ruheständler haben. Vor dem höchsten Finanzgericht hatten zwei Rentner gegen ihre Steuerbescheide geklagt. Sie werfen – in einem Fall unterstützt vom Bund der Steuerzahler – dem Staat vor, bei der Alterssicherung doppelt Steuern zu kassieren: Erst im Erwerbsleben, später bei der Rente. Vor dem Bundesfinanzhof geht es im Kern um die Frage, ob diejenigen, die bis 2040 in Rente gehen, nicht zu viel Steuern zahlen müssen.

Hintergrund ist die seit 2005 laufende Umstellung der Rentenbesteuerung, die 2040 abgeschlossen sein soll. Dann wird die gesetzliche Rente, wie bei Beamtenpensionen üblich, voll „nachgelagert“ besteuert, also bei ihrer Zahlung.  Im Gegenzug sollen noch arbeitende Bürger bei der Besteuerung der Rentenversicherungsbeiträge entlastet werden. Vor 2005 war es andersrum: Die Rente blieb in der Regel steuerfrei, die Versicherungsbeiträge im Erwerbsleben wurden aber „vorgelagert“ als Teil des Einkommens versteuert und konnten nicht über die Steuererklärung abgesetzt werden.

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Die Umstellung war notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2002 die ungleiche Behandlung von Pensionären und Rentnern für verfassungswidrig erklärt hatte. Es verlangte von der Bundesregierung bis 2005 eine Neuregelung, bei der es, und das ist entscheidend, keine Doppelbelastungen geben darf. Doch genau so ist es gekommen – das zumindest meinen die beiden Kläger.

Rechtsstreit über 35 Jahre Übergangsfrist

Strittig ist die Art und Weise, wie die Bundesregierung die Übergangsphase geregelt hat – die ist nämlich auf 35 Jahre gestreckt.

Eine sofortige Umstellung hätte ein großes Loch in die Staatskasse gerissen, da Arbeitnehmer von heute auf morgen keine Steuern mehr auf ihre Rentenbeiträge hätten zahlen müssen. Deswegen sinkt nun schrittweise die Besteuerung der Beiträge, während die Renten zunehmend steuerpflichtig werden: Für 2005 konnten mit Beginn der Umstellung 60 Prozent der Rentenversicherungsbeiträge als „Vorsorgeaufwendungen“ in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Pro Jahr wächst der Anteil um zwei Prozentpunkte. Ab 2025 sind die geleisteten Beiträge dann komplett absetzbar.

Parallel dazu steigt der Anteil der Renten, der besteuert wird. Wer 2005 in Rente ging, musste 50 Prozent der Einkünfte versteuern. Pro Jahr liegt auch hier die Zunahme bei zwei Prozentpunkten – zumindest für Neurentner. Wer 2021 in Rente geht, muss also bereits 81 Prozent seiner Einkünfte versteuern. Ab 2040 müssen Neurentner dann ihre volle Rente versteuern.

Das Verfahren hatte von Anfang an zu Vorwürfen geführt, dass der Bund in der Übergangszeit durch die Hintertür eine doppelte Besteuerung einführe, weil er bei den Beiträgen und den ausgezahlten Renten kassiere.

Das Finanzministerium von Olaf Scholz (SPD) verweist darauf, dass es in der bis 2040 dauernden Übergangsphase fast nie zu Doppelbesteuerungen kommt, was Steuerexperten allerdings bezweifeln. 

Falls die beiden Rentner ganz oder teilweise gewinnen, müsste das Finanzministerium handeln und einen ganzen Rattenschwanz von Vorschriften ändern.