Wladimir Putin gibt sich gern als harter Typ, steigt dafür auch im Winter in eiskalte Seen.
Wladimir Putin gibt sich gern als harter Typ, steigt dafür auch im Winter in eiskalte Seen. Foto: Alexei Druzhinin POOL SPUTNIK KREMLIN/AP/dpa

Voraussichtlich 16 Jahre Angela Merkel, 16 Jahre Helmut Kohl – die ewig anmutenden Amtszeiten der beiden CDU-Regierungschefs sind jedoch nur ein Klacks gegen das, was Russlands Präsident Wladimir Putin anstrebt. Er steht schon seit 1999 an der Spitze des Landes. Kommt die von ihm angestoßene Verfassungsänderung bei einer Volksabstimmung zwischen dem 25. Juni und dem 1. Juli durch, könnte er es auf 37 Jahre bringen.

Der heute 67-Jährige war 1999 russischer Ministerpräsident geworden, von 2000 bis 2008 als Nachfolger Boris Jelzins der mit mehr Macht ausgestattete Präsident des Landes. Bis 2012 war er dann wieder Regierungschef, tauschte dafür den Posten mit Dmitri Medwedew, der Befugnisse an Putin abgab.

Die Rochade war nötig geworden, weil die russische Verfassung nur zwei Amtszeiten eines Präsidenten erlaubte - mit dem Postenwechsel wurde es Putin möglich, 2012 erneut und diesmal auf sechs Jahre Präsident zu werden. 2018 wiedergewählt, will er offenbar ewig an der Macht bleiben.  

Putin im Schutzanzug beim Besuch eines Corona-Krankenhauses bei Moskau.
Putin im Schutzanzug beim Besuch eines Corona-Krankenhauses bei Moskau. Foto: Alexei Druzhinin POOL SPUTNIK KREMLIN/AP/dpa

Zwar darf ein Präsident auch nach der neuen Verfassung nur zwei Amtszeiten absolvieren, aber die bisherigen Zeiten werden nicht angerechnet. Putin dürfte deshalb 2024 und 2030 erneut antreten. 2036 wäre er dann 84 Jahre alt.

Russlands Oppositionelle haben zum Protest gegen einen dauerhaften Verbleib von Putin im Kreml aufgerufen.  „Nein dem ewigen Putin!“ heißt die Aktion - im Internet stellten die Kremlgegner Plakate und Flugblätter bereit zum Ausdrucken, weil Straßenproteste wegen des Coronavirus verboten sind. Die Opposition wirft Putin vor, sich mit einem  „Verfassungsumsturz“  im Amt zu halten, das Verfahren sei im Grunde illegal. 

Die Verfassungsänderung hatte Russlands Parlament, die Staats-Duma, im Winter im Eiltempo beschlossen. Im Grunde hat sie Putin schon durch eine Unterschrift in Kraft gesetzt. Er betonte aber, dass auch das russische Volk sie noch bestätigen solle. Wegen der Corona-Pandemie hatte der Kreml das Referendum am 22. April abgesagt. Anfang Juni hatte Putin den neuen Termin angesetzt.

Unterdessen ist die Wahlpropaganda für „Wolodja“ angelaufen. Das Staatsfernsehen wirbt  in den Hauptnachrichten offen für das neue Grundgesetz. Im Internet häufen sich Videos, die Angst machen sollen vor einem Nein zu der von Putin angestoßenen Verfassungsänderung. Da gibt es Clips von Ärzten, die heldenhaft gegen das Coronavirus kämpfen – samt Appell, für die Verfassung zu stimmen, damit das Gesundheitssystem erhalten bleibt.

Ein anderer Clip zeigt ein schwules Paar, das einen tieftraurigen Jungen adoptiert und ihm ein Kleid schenkt – mit dem Aufruf, Russland vor solchen Zuständen zu bewahren. Youtube sperrte das Video, weil es Hass verbreite. Putin hat im Grundgesetz die Ehe zwischen Mann und Frau verankern lassen. Er versprach, dass es in Russland keine gleichgeschlechtliche Ehe geben werde, so lange er regiere.

In Moskau gab es vor dem coronabedingten Demonstrationsverbot Kundgebungen gegen die Verfassungsänderung.
In Moskau gab es vor dem coronabedingten Demonstrationsverbot Kundgebungen gegen die Verfassungsänderung. Foto: Alexander Zemlianichenko AP/dpa

Es gibt allerdings auch aus dem Putin-Lager Kritik. Der als systemtreu beschriebene Designer Artemi Lebedew, der zunächst in einem Werbefilmchen für die Verfassungsänderung geworben hatte, schwenkte um, als er bemerkte, dass sie Putin die Präsidentschaft bis 2036 sichern kann: „Ich habe nichts dagegen, dass Putin solange Zar bleibt, bis er zur Mumie wird. Aber ich bin dagegen, dies in der Verfassung festzuschreiben.“