Timo Wollmershäuser vom Ifo-Institut erwartet, dass die Wirtschaftsleistung Deutschlands im kommenden Jahr schrumpfen wird.  
Timo Wollmershäuser vom Ifo-Institut erwartet, dass die Wirtschaftsleistung Deutschlands im kommenden Jahr schrumpfen wird.   dpa/Carsten Koall

Das Ifo-Wirtschaftsforschungsinstitut (München) erwartet weiter steigende Inflationsraten und eine schrumpfende Wirtschaftsleistung in Deutschland. Für 2022 rechnen die Ökonomen mit einer Teuerungsrate von 8,1 Prozent und im kommenden Jahr von 9,3 Prozent. Die Wirtschaft wird nach der am Montag in Berlin vorgelegten Ifo-Konjunkturprognose in diesem Jahr nur noch um 1,6 Prozent zulegen und 2023 sogar um 0,3 Prozent schrumpfen.

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Preissteigerungen „verhageln die wirtschaftliche Erholung“

„Wir gehen in eine Winter-Rezession“, sagte der Leiter der Ifo-Konjunkturforschung, Timo Wollmershäuser. Die Kürzung der Gaslieferungen aus Russland und die folgenden drastischen Preissteigerungen „verhageln die wirtschaftliche Erholung nach Corona“, sagte er. „Erst 2024 erwarten wir eine Normalisierung mit 1,8 Prozent Wachstum und 2,5 Prozent Inflation.“

Die Energieversorger würden ihre Strom- und Gaspreise Anfang nächsten Jahres spürbar an die hohen Beschaffungskosten anpassen. Das werde die Inflationsrate im ersten Vierteljahr sogar auf etwa 11 Prozent hochtreiben. Damit gingen die realen Haushaltseinkommen kräftig zurück, und die Kaufkraft sinke spürbar, so die Konjunkturforscher.

Wirtschaftsforscher gehen trotz Entlastungspaket von Kaufkraftverlust aus

Das Entlastungspaket dürfte dies bei weitem nicht ausgleichen. „Der Kaufkraftverlust, gemessen am Rückgang der realen Pro-Kopf-Löhne in diesem und im kommenden Jahr um jeweils etwa 3 Prozent, ist so hoch wie nie zuvor seit dem Beginn der heutigen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen im Jahre 1970“, sagte Wollmershäuser.

Nur geringer Anstieg der Arbeitslosigkeit vorhergesagt

Für den Arbeitsmarkt erwartet das Ifo-Institut aber keine schweren Auswirkungen. Der Beschäftigungsaufbau werde sich nur vorübergehend verlangsamen. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte im kommenden Jahr zwar um 50.000 Personen steigen. Aber das gehe vor allem auf Ukrainer zurück, die nur allmählich in den Arbeitsmarkt integriert würden.

Zahl der Firmenpleiten steigt nach Rückgang wieder an

Das Statistische Bundesamt ermittelte unterdessen, dass nach zwei Monaten Rückgang die Zahl der Firmenpleiten wieder steigt. Im August wurden nach vorläufigen Angaben 6,6 Prozent mehr beantragt als im Juli. Nach endgültigen Zahlen für das erste Halbjahr gab es 7113 Unternehmensinsolvenzen, 4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Die Forderungen der Gläubiger liegen bei 8,2 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2021 waren sie mit 31,8 Milliarden Euro höher, weil es mehr größere Fälle gab. Um Pleiten wegen Corona abzuwenden, hatte der Staat die Pflicht zum Insolvenzantrag bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit bis 1. Mai 2021 ausgesetzt.