Bilanzbetrug

Wirecard: Untersuchungsausschuss rückt näher

Die Grünen sehen bei der Bundesregierung einen Mangel an Willen zur Aufklärung. Damit wird ein Untersuchungsausschuss immer wahrscheinlicher.

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Die Wirecard-Firmenzentrale im bayerischen Aschheim. Beim insolventen Zahlungsdienstleister wird jetzt 730 Mitarbeitern gekündigt.
Die Wirecard-Firmenzentrale im bayerischen Aschheim. Beim insolventen Zahlungsdienstleister wird jetzt 730 Mitarbeitern gekündigt.Peter Kneffel/dpa

Bei den Grünen verdichten sich die Anzeichen, dass die Partei einem Corona-Untersuchungsausschuss zustimmen dürfte. Die Antworten der Bundesregierung auf Fragen aus dem Finanzausschuss seien nicht befriedigend – darüber herrscht in der Partei offenbar nun Konsens. Der Bundestagsabgeordnete Danyal Bayaz sagte dem KURIER: „Die Antworten bringen kaum neue Erkenntnisse. Die Bundesregierung informiert weiterhin nur zögerlich und unvollständig. Sie bremst die Aufklärung, anstatt sie glaubwürdig voranzutreiben. Die Einsicht des Berichts einer zentralen Bafin-Sonderprüfung der Wirecard-Bank ließ seit Wochen auf sich warten, ebenso sämtliche Untersuchungsergebnisse der Wirtschaftsprüferaufsicht APAS über die Arbeit von EY.“

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) war als zuständiger Minister für die Finanzaufsicht seit Februar 2019 über Entwicklungen bei Wirecard informiert.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) war als zuständiger Minister für die Finanzaufsicht seit Februar 2019 über Entwicklungen bei Wirecard informiert.Michael Kappeler/dpa

Und weiter: „Als zuständiger Minister für die Finanzaufsicht behauptet Olaf Scholz, seit Februar 2019 stets zu den Entwicklungen bei Wirecard informiert worden zu sein. Eingegriffen hat er trotzdem nicht. Das darf nicht der Anspruch eines Vizekanzlers und Verantwortlichen für die Arbeit der Finanzaufsicht sein. Scholz hätte viel früher politisch aktiv werden müssen. Der Reformbedarf in Aufsicht und Bilanzprüfung hätte so rechtzeitig erkannt und der Schaden für Anleger und den Finanzplatz damit begrenzt werden können.“

Es stehe jetzt eine weitere Sondersitzung an. Bayaz: „Die Bundesregierung hat die vom Parlament gebotenen Gelegenheiten bei der ersten Sondersitzung bislang nicht genutzt, nachweislich Aufklärung zu betreiben. Bleibt das so, kann nur ein Untersuchungsausschuss mit einem klar formulierten Auftrag Licht ins Dunkel bringen."

Ein Fahndungsaufruf nach Jan Marsalek, dem Ex-Vertriebsvorstand des Dax-Konzerns. Er ist seit Bekanntwerden des Milliarden-Betrugs verschwunden, wird international gesucht.
Ein Fahndungsaufruf nach Jan Marsalek, dem Ex-Vertriebsvorstand des Dax-Konzerns. Er ist seit Bekanntwerden des Milliarden-Betrugs verschwunden, wird international gesucht.Daniel Bockwoldt/dpa

Die Abgeordnete Lisa Paus sagte: „89 Fragen, aber kaum neue Erkenntnisse. Denn die Antworten sind oft lapidar oder unterliegen der Geheimhaltung. Auch zur Rolle des Bundeskanzleramtes und der Geheimdienste wurde nichts Neues preisgegeben.“

So komme man bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals und des Versagens der Aufsichtsbehörden nicht weiter. Paus: „Es bleibt nur noch die anstehende Sondersitzung, um die Aufklärung entscheidend voranzubringen. Dabei wird es noch mal um die Anti-Geldwäschebehörde FIU gehen, die Sinnbild für Behördenchaos geworden ist. Seit Monaten kriegt Scholz die Probleme bei seiner Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche nicht in den Griff.“

Ex-Wirecard-Chef Markus Braun steht im Zentrum der Ermittlungen wegen „gewerbsmäßigem Bandenbetrugs“ seit 2015.
Ex-Wirecard-Chef Markus Braun steht im Zentrum der Ermittlungen wegen „gewerbsmäßigem Bandenbetrugs“ seit 2015.Eric Piermont/AFP

Paus weiter: „Die Bundesregierung scheint den Ernst der Lage noch nicht richtig verstanden zu haben. Es geht uns weiter um Sachaufklärung und nicht um politische Spielchen. Aber wenn eine hundertprozentige Aufklärung nur über einen Untersuchungsausschuss geht, dann wird dieser unausweichlich. Eine lückenlose Aufklärung und echte Reformen sind wir den Millionen geschädigten Groß- und Kleinanlegern und der Öffentlichkeit schuldig.“