Ausbeutung im Kongo

Wie viel Kinderarbeit steckt in unseren E-Autos?

Das Mineral Kobalt, das auch für die Herstellung von Smartphones nötig ist, wird in Zentralafrika abgebaut.

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Kinder arbeiten in einer Kobalt-Mine im Kongo.
Kinder arbeiten in einer Kobalt-Mine im Kongo.dpa/Picture Alliance/Amnesty International

Afrikanische Kinder schleppen Erzkörbe, Bergleute schürfen unter Lebensgefahr: Wer Akkus für E-Autos bauen will, braucht das Mineral Kobalt – jedenfalls beim heutigen Stand der Batterietechnologie. Dass ausgerechnet die vermeintlich umweltfreundliche Elektro-Mobilität auf der Ausbeutung der Ärmsten beruht, sorgt international für Protest. Politiker in Afrika und Deutschland fordern ein Ende der Kinderarbeit. Konzerne sollen bestraft werden.

Willy Kitobo hat eine Vision. Der kongolesische Bergbauminister will erreichen, dass die Menschen und die Umwelt nicht länger unter dem Rohstoff-Abbau leiden müssen. „Wir haben gesehen, dass Ausländer die Bodenschätze ausbeuten und dabei das Ökosystem zerstören“, sagt er. Kitobo arbeitet daran, dass künftig nur noch unter würdigen Bedingungen abgebaute Mineralien zertifiziert und im Namen des Kongos ins Ausland verkauft werden.

Experten schätzen, dass mehr als zwei Millionen Menschen im Kleinbergbau im Kongo unter unmenschlichen Bedingungen Kobalt und Kupfer für die weltweite Produktion fördern. Das Land generiert 58 Prozent der globalen Kobalt-Gewinnung. Das Mineral ist wichtiger Bestandteil der Lithium-Ionen-Akkus in E-Autos, wird aber auch für Smartphones und Laptops benötigt. Die weltweite Nachfrage nach Kobalt hat sich zwischen 2010 und 2015 von 65.000 Tonnen auf über 90.000 Tonnen pro Jahr erhöht. Bis 2025 dürfte der Bedarf auf 155.000 Tonnen steigen.

Wann wachen deutsche Konzerne auf?

Dabei könnten Firmen aus Deutschland und anderen Industrieländern die Situation am Anfang ihrer Lieferketten verbessern. Ähnliches hat man bereits in Bangladesch, dem nach China zweitgrößten Herstellungsland von Textilien, gesehen. Vor sieben Jahren stürzte dort die achtgeschossige Textilfabrik Rana Plaza ein. Rund 1100 Menschen starben in den Trümmern. Das Unglück schockierte die Welt, Mode-Labels fürchteten einen Kunden-Boykott. Deshalb unterschrieben 200 europäische Firmen ein Abkommen für Brandschutz und Gebäudesicherheit.

Kinderarbeit wird von den Profiteuren nicht gern offen zur Schau gestellt. Das zeigte sich auch bei einem Besuch von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) in Indien. Kurz vor Beginn der Corona-Krise wollte er sich ein Bild von den Problemen am Anfang der Lieferkette machen. Er besuchte eine Steinmühle und eine Teeplantage. Arbeitende Kinder sah er mit seiner offiziellen Delegation nicht. Aber es gibt sie, obwohl das offiziell verboten ist.

Minister plant „Lieferkettengesetz“

Zur Eindämmung der Kinderarbeit im Kongo und anderen Ländern plant Entwicklungsminister Müller nun ein „Lieferkettengesetz“. Es soll deutsche Konzerne zur Einhaltung von Menschenrechten auch bei ihren Zulieferern und Subunternehmern im Ausland verpflichten. Den Missetätern im Geschäft könnten bald Strafen drohen, wenn Müller und sein Mitstreiter, Sozialminister Hubertus Heil (SPD), das Gesetz durchboxen.   

Doch nicht jeder ist glücklich über das Vorhaben. „Wer deutsche Unternehmen pauschal an den Pranger stellt, der leistet einen Beitrag gegen Umweltschutz und gegen die Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem afrikanischen Kontinent“, sagt Stefan Liebing, Chef des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Auch die CSU, die Partei des Entwicklungsministers, äußert Vorbehalte. Die Pläne würden der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen schaden. (mit dpa)