Kaum Platz im Streb: Bergleute mit einer reparaturbedürftigen Schrämmaschine, die Kohle aus dem Flöz fräst.
Kaum Platz im Streb: Bergleute mit einer reparaturbedürftigen Schrämmaschine, die Kohle aus dem Flöz fräst. Evgeniy Maloletka/AP

Mit rußgeschwärzten Gesichtern kommen die Bergleute zurück an die Oberfläche, legen ihre Lampen in Regalen ab, ziehen sich in der Kaue um. Ihre Schicht ist vorbei, die nächste hat begonnen. Rund um die Uhr wird in der Mine in der Region Dnipropetrowsk nach Kohle geschürft. Es ist harte Arbeit, doch die Kumpel sagen, sie hätten das Gefühl, auf diese Art etwas zum Abwehrkampf der Ukraine gegen Russland beizutragen.

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Ohne die Kohle hätte es vielfach gar keine Heizung mehr gegeben

Das Land bei seiner Energieversorgung unabhängig zu machen, sei gerade in den vergangenen Monaten extrem wichtig gewesen, sagt Chefingenieur Oleksandr, der wie seine Kollegen nur seinen Vornamen nennen will. Seit einem halben Jahr versuchten die russischen Truppen, mit Angriffen auf Kraftwerke und andere Energieeinrichtungen die Versorgung der Ukrainer mit Strom und Wärme zu kappen. Nur mit Kohle habe man erreicht, dass die Wohnungen im Land weiter beheizt werden konnten, sagt Oleksandr.

Mit ihrer Arbeit können die Kumpel nicht komplett den fehlenden Strom etwa aus dem russisch besetzten Atomkraftwerk Saporischschja kompensieren, aber jedes Megawatt Energie zusätzlich helfe, Engpässe zu überbrücken, sind sie sich sicher.

Schicht im Schacht ... Feierabend für die Bergleute.
Schicht im Schacht ... Feierabend für die Bergleute. Evgeniy Maloletka/AP

„Wir kommen her und arbeiten voller Optimismus und versuchen nicht daran zu denken, was außerhalb der Mine vor sich geht“, sagt der Bergarbeiter Serhij. „Wir arbeiten mit einem Lächeln auf den Lippen und vergessen es alles.“ Nach jeder Schicht beginne aber auch für sie wieder das Leben der Entbehrungen mit dem Ziel, einfach nur zu überleben.

Kein Szenenbild aus einem düsteren Science-Fiction-Film, sondern Bergleute, die auf einem Förderband mitfahren.
Kein Szenenbild aus einem düsteren Science-Fiction-Film, sondern Bergleute, die auf einem Förderband mitfahren. Evgeniy Maloletka/AP

Kohle statt Atomkraft: Der Krieg beendete den Weg zu weniger CO2-Ausstoß

Vor dem Krieg wollte die ukrainische Regierung die Abhängigkeit des Landes von Kohle eigentlich reduzieren und mit einem Fokus unter anderem auf Atomenergie klimafreundlicher Energie produzieren. Doch das größte Atomkraftwerk Europas in Saporischschja produziert längst keinen Strom mehr. Der letzte Reaktor dort wurde im September heruntergefahren, nachdem Kämpfe rund um das Akw Sorgen vor einem Atomunfall geschürt hatten.

Zugverkehr unter Tage in einem Bergwerk der Oblast Dnipropetrowsk
Zugverkehr unter Tage in einem Bergwerk der Oblast Dnipropetrowsk Evgeniy Maloletka/AP

Die Abkehr von der Kohle ist damit erst einmal verschoben. Gerade in den traditionellen Abbaugebieten im Osten des Landes wird aber noch gekämpft, die Gruben sind von Russen besetzt oder abgesoffen.

Bergleute aus dem Donbass zogen weiter nach Westen

Viele Bergleute schlossen sich zu Kriegsbeginn den ukrainischen Streitkräften an, andere zogen weg, um zum Beispiel in Dnipropetrowsk wieder als Kumpel anzuheuern.

Rund 150 Vertriebene aus anderen Bergbauregionen sind dort derzeitig tätig. Unter ihnen ist auch Jurij. Er verließ seine Heimatstadt Wuhledar in Donezk, wo er 20 Jahre lang in einer Kohlemine gearbeitet hatte. „Der Krieg hat mein Leben natürlich radikal verändert“, sagt er. Es sei jetzt unmöglich in seinem Heimatort zu leben oder wieder Arbeit zu finden. „Das Leben fängt wieder bei Null an.“