Nur gut fünf Prozent kommen aus heimischer Erde

Wenig Hoffnung auf mehr Erdgas aus Deutschland

Die Suche nach neuen Erdgas- Vorkommen dauert und manche Reserve kann nur mit verbotenem Fracking erschlossen werden.

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Hier konmt's raus: Die Erdgas-Quelle Goldenstedt Z 23 bei Vechta in Niedersachsen.
Hier konmt's raus: Die Erdgas-Quelle Goldenstedt Z 23 bei Vechta in Niedersachsen.dpa/Sina Schuldt

 „Goldenstedt Z 23“: Das ist kein Codewort, sondern der Ort eines der wenigen Erdgas-Quellen in Deutschland. Inmitten von Maisäckern und Gemüsefeldern bei Vechta strömt das immer teurer  werdende Gas aus der  Erde Niedersachsens. 97 Prozent der 5,7 Milliarden Kubikmeter des 2021 in Deutschland gewonnenen Rohgases kommen aus diesem Bundesland. Der Rest verteilt sich auf Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen und Bayern.

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Ein kleiner, aber wichtiger Teil des deutschen Gasbedarfs

Das war im Vergleich zum Vorjahr zwar ein Plus von 0,8 Prozent. Eigene Gasbohrungen tragen damit nur 5 bis 6 Prozent zur Deckung des Bedarfs der Bundesrepublik bei. „Bisher waren das immer vermeintlich kleine Zahlen“, sagt Klaus Torp vom US-Energie- und -Rohstoffkonzern ExxonMobil, der „Goldenstedt Z 23“ betreibt. „Aber angesichts der aktuellen Situation ringt nicht nur die Branche, sondern die ganze Gesellschaft um jeden Kubikmeter.“

Ludwig Möhring,  Vorstand des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG), sieht dringenden Bedarf an deutscher Produktion: Damit die Energiewende generell vorankomme, sei der Rohstoff für eine Übergangszeit nicht wegzudenken. „Insofern sind auch kleine Mengen wichtig. Im Endeffekt brauchen wir jedes Molekül.“

Allerdings: 2021, vor der Krise, gab es laut LEBG keine Suchbohrungen mehr in Deutschland, die Fläche, unter der nach Gas (und Öl) gesucht werden kann, ging um ein Drittel auf 25.000 Quadratkilometer zurück. Die Zahl von Bohrungen zur Förderung hat sich auf drei halbiert.

Überschaubare Aussicht auf Erfolg neuer Gasquellen in Deutschland

Eine Zunahme heimischer Bohrvorhaben gebe es trotz der drastischen Rohstoffpreis-Inflation bisher nicht, berichtet ein LBEG-Behördensprecher. Jedoch beantragten manche Förderer die Ausweitung bestehender Flächen, zum Beispiel das Unternehmen Neptune Energy für ein Feld bei Adorf an der niederländischen Grenze.

Eine Fördererlaubnis gibt es in diesem Fall noch nicht. Ähnlich wie bei einem Projekt vor der Nordseeinsel Borkum, das  Umweltschützer und -politiker kritisch sehen.

„Die Suche und Erschließung neuer Lagerstätten bietet in Deutschland nur noch eine überschaubare Aussicht auf Erfolg“, glauben Experten aus dem Amt. Vielleicht könnte in der jetzigen Situation zusätzliche Produktion aus vorhandenen Lagerstätten etwas Entlastung schaffen. Ob dabei insgesamt bis zu 6 Milliarden Kubikmeter pro Jahr realistisch wären, wie einige Firmen annehmen, lasse sich aber „schwer bemessen“.

Keiner weiß, wie lange deutsches Erdgas reicht

Auch in Goldenstedt sind sie mit konkreten Prognosen vorsichtig. Wie lange noch Gas aus rund vier Kilometern Tiefe geholt wird, kann keiner genau sagen. Womöglich 20 Jahre, womöglich länger. „Oftmals fördern wir länger als theoretisch berechnet“, sagt Torp. Zudem spiele der natürliche Lagerstättendruck eine Rolle, der mit steigender entnommener Menge in der Regel sinkt. „Wir werden im Moment gefragt, ob wir nicht einfach mehr fördern können. Das können wir nicht.“

Die  deutschen Gasspeicher waren am vergangenen Freitag zu 85 Prozent gefüllt. Das ist der Stand, der eigentlich erst am 1. Oktober erreicht werden sollte.
Die deutschen Gasspeicher waren am vergangenen Freitag zu 85 Prozent gefüllt. Das ist der Stand, der eigentlich erst am 1. Oktober erreicht werden sollte.Grafik: dpa. Quellen: GIE, Bundeswirtschaftsministerium

Hoher Druck in großer Tiefe

Bei „Goldenstedt Z 23“ kommt das Gas  mit hohem Druck aus der Erde.  Das wäre bei möglichen anderen Lagerstätten anders, da müsste mit Wasser und Chemikalien nachgeholfen werden. Dieses „Fracking“ aber ist in Deutschland wegen möglicher kleiner Erdbeben oder Grundwasser-Belastung verboten. 

Das Wirtschaftsministerium stellt mit Blick auf die Versorgung in den Wintermonaten klar: „Hier hilft Fracking nicht, da die Verfahren  zeitlich aufwendig sind und es keine Anträge aus der Wirtschaft gibt.“

Die Gasförderer geben sich zurückhaltend. Aber: „Wir regen dringend an, eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob Fracking mit neuer, schonenderer Technologie nicht auch eine relevante Option sein könnte“, sagt Ludwig Möhring vom BVEG.  Die Lage ist zu ernst, als dass man dieses Thema auf dem Stand beendet, den wir vor fünf Jahren mal hatten“, sagt er.  LNG dürfte nach seiner Einschätzung anfangs ebenso recht teuer sein und alle Welt sich darum reiße.