Der klare KURIER-Kommentar

Weise Entscheidung oder Spruch aus dem Elfenbeinturm?

Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts, Häftlingsarbeit besser zu bezahlen, muss sich in der Realität beweisen

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 In Deutschlands Haftanstalten gibt es eine Reihe von Arbeitsstätten.
In Deutschlands Haftanstalten gibt es eine Reihe von Arbeitsstätten.Sebastian Kahnert/dpa

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass Mickerlöhne für Strafgefangene nicht rechtens sind, hat das Potenzial  für Aufregung. Kostet jeder Tag Strafhaft je nach Bundesland doch um die 200 Euro und mehr.

Da könnte man auf die Idee kommen, die Gefangenen sollten sich daran beteiligen.

Kosten und Löhne im Gefängnis kann man nicht gegeneinander aufrechnen

Allerdings sind Haftkosten und Arbeitslohn zwei verschiedene Paar Schuhe. Wenn der Gesetzgeber verfügt, dass Arbeit hinter Gittern dem Zweck der Resozialisierung folgt und nicht vorrangig der Möglichkeit, Geld zu verdienen, kann man das eine nicht gegen das andere aufrechnen.

Das Argument des Gerichts, eine schlechte Bezahlung könne dem Ziel der Resozialisierung zuwiderlaufen, weil die Strafgefangenen das geringe Einkommen als mangelnde Wertschätzung wahrnehmen, hört sich schlüssig an. Manuel Matzke, Sprecher der Gefangenengewerkschaft, sagte es klarer: „Aktuell sind wir  auf dem Stand, dass vermittelt wird, dass ehrliche Arbeit sich nicht auszahlt. Und so kann niemand resozialisiert werden.“

Rückfallquote in Deutschland ist hoch

Das hat auch eine gewisse faktische Begründung. Denn die Rückfallquote ist hoch. Knapp die Hälfte der Menschen, die hinter Gittern saßen, wird wieder in der einen oder anderen Form straffällig, gut jeder fünfte Rückfällige fährt sogar wieder ein.

Die Antwort, ob das Gericht mit seiner Annahme richtig liegt, bleibt allerdings der Zukunft vorbehalten, wenn die Löhne wirklich angehoben sein werden.

Erst in ein paar Jahren wird man feststellen können, ob ein besserer Lohn der Resozialisierung dient, oder ob der Karlsruher Spruch aus dem Elfenbeinturm kam und nichts mit der wahren Welt zu tun hat.

Wahrscheinlich ist die Randbemerkung der Chefin des 2. Senats, Doris König, die Gefangenen könnten durch Arbeit für eine frühere Entlassung Zeit ansparen, der bessere Weg.