Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionschef Oliver Kirchner.
Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionschef Oliver Kirchner. Imago/Political Moments

Es war eine Entgleisung, die selbst in der AfD nicht oft geschieht. Bei einer Demonstration auf dem Magdeburger Domplatz am Montagabend sprach auch der sachsen-anhaltinische Fraktionsvorsitzende der Partei, Oliver Kirchner, zu den 2000 anwesenden Menschen. Dabei ging es aber nicht nur um die Energiekrise und den „heißen Herbst“, auf den die AfD ihre Anhänger einschwören will, sondern ganz konkret auch um zwei Journalisten des MDR. 

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Er nannte beide beim Namen und referierte über deren beruflichen Werdegang, von einem der Journalisten druckte er ein altes Facebook-Profilfoto aus und präsentierte es am Donnerstag in aller Öffentlichkeit im Landtag. Die Empörung ist riesig, im Parlament von Sachsen-Anhalt zog sich die Empörung durch alle demokratischen Parteien von der Linken bis zur CDU.

AfD-Mann stellt Journalisten an den Pranger

Als Grund für die persönlichen Angriffe auf die Journalisten, nennt AfD-Mann Kirchner die Berichterstattung die beiden, die seiner Meinung nach nicht ausgewogen sei und er nicht mehr mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht werden wolle. Tatsächlich gilt die AfD dem Verfassungsschutz als bundesweiter Verdachtsfall, mehrere Landesverbände und der inzwischen aufgelöste „Flügel“ galten als gesichert rechtsextrem. Kirchner war Teil des Flügels.

Bei den beiden Journalisten, die er nun öffentlich an den Pranger gestellt hat, vermutet Kirchner aufgrund ihrer Historie, dass sie nicht neutral berichten würden. Einer der beiden hatte vor Jahren für die linke Wochenzeitung Jungle World Musik-Rezensionen geschrieben, der andere vor seiner journalistischen Laufbahn einen Button mit „Fuck AfD“ auf seinem privaten Facebook-Profilbild. Dieses Foto hatte der Journalist später gelöscht, Kirchner trug es als Ausdruck in den Landtag von Sachsen-Anhalt. Ein Umstand, der sogar CDU-Fraktionsschef Guido Heuer bei seiner Rede im Landtag zu einem Vergleich mit Nazi-Methoden veranlasste.

Der Fraktionschef der CDU in Sachsen-Anhalt: Guido Heuer.
Der Fraktionschef der CDU in Sachsen-Anhalt: Guido Heuer. Imago/Christian Schroedter

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Scharfe Kritik kam auch von der Landespressekonferenz (LPK) Sachsen-Anhalt, die in einem offenen Brief schrieb, dass die Äußerungen Kirchners mit sachlicher Kritik an Berichterstattung nichts zu tun hätten. Vielmehr seien sie dazu geeignet, Journalisten unter erheblichen Druck zu setzen und eine freie Berichterstattung zu behindern. „Aus unserer Sicht schüren Sie damit Wut und Hass gegen einzelne Medienvertreter und befördern vorsätzlich eine Stimmung, die nur allzu leicht in Gewalt umschlagen kann.“

MDR kritisiert AfD-Fraktionschef Kirchner

Auch der MDR für den die beiden Journalisten arbeiten, verurteilte das Vorgehen des AfD-Fraktionschefs scharf. „Dass Oliver Kirchner zwei unserer Reporter öffentlich an den Pranger stellt, die in der Vergangenheit auch über Kritik an der AfD berichtet haben, entlarvt dieses Vorgehen als unwürdigen Versuch, zwei integre Journalisten zu diskreditieren und sie einzuschüchtern“, heißt es in einer Stellungnahme. Das Vorgehen des AfD-Fraktionsvorsitzenden Kirchner sei undemokratisch und zeige deutlich, dass dieser die Rundfunk- und Pressefreiheit mit Füßen trete.

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Laut Intendantin Carola Wille sei es inzwischen bereits fast trauriger Alltag, dass Journalistinnen und Journalisten – nicht nur vom MDR – auf Demos und anderen Veranstaltungen verbal oder sogar tätlich angegriffen werden.