Weihnachtsmann mit Maske: In London wird das schon vorgeführt, kann als Warnung für Deutschland dienen.
Weihnachtsmann mit Maske: In London wird das schon vorgeführt, kann als Warnung für Deutschland dienen. Foto: Foto: Yui Mok/PA Wire/dpa 

Weihnachten im kleinsten Familienkreis? Maskiert vor dem Baum? Mit unbehaglichen Gefühlen beim Geschenke-Kauf vor dem Fest? So soll es nicht kommen. Deshalb hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder am Mittwoch nach über acht Stunden Verhandlung Regelungen gefunden, mit denen Deutschland die zweite Corona-Welle in den Griff bekommen soll. Die hat mit bundesweit 6638 neuen Infektionen einen neuen Höchststand erreicht, gab das Robert Koch-Institut am Donnerstag bekannt. Es waren rund 1500 mehr als am Vortag. Unterdessen bröckelt das Beherbergungsverbot.

Wie berichtet war beschlossen worden: In Städten und Kreisen, wo die „Inzidenz“ bei über 35 Ansteckungen pro Woche und 100.000 Einwohner liegt, muss auch auf belebten Straßen im Freien Maske getragen werden. Bei einer Inzidenz von über 35 sollen an privaten Feierlichkeiten höchstens 15 Menschen in Räumen teilnehmen. 

Deutsches Sperrstundenland

Liegt die Inzidenz über 50, dürfen an solchen Feiern höchstens zehn Menschen aus zwei Haushalten teilnehmen. Im Freien gilt das ebenfalls für das Zusammensein. Sollten die Infektionszahlen binnen zehn Tagen nicht sinken, dürfen nur noch fünf Menschen draußen zusammen sein. In Gaststätten wird eine Sperrstunde ab 23 Uhr verhängt, wenn die Inzidenz über 50 liegt. Bei über 35 ist es eine Kann-Bestimmung.

Außerdem wurde die AHA-Regel um L und A ergänzt. Neben Abstand, Händewaschen und Alltagsmaske kamen Lüften und App hinzu: Die Bürger sind dringend aufgefordert, die Corona-Warn-App auf ihr Smartphone zu laden, soweit technisch möglich.

Die Maske verbirgt die Corona-Sorgen von Angela Merkel nicht.
Die Maske verbirgt die Corona-Sorgen von Angela Merkel nicht. Foto: Stefanie Loos/AFP POOL/dpa

Dass sich die verantwortlichen Politiker trotz ihrer Beschlüsse unwohl fühlen, war schon gleich nach der Sitzung klar geworden. Merkel hatte gesagt: „Ob das heute genug war, werden wir sehen. Deswegen ist meine Unruhe mit dem heutigen Tag noch nicht weg.“ Der Anstieg der Infektionszahlen müsse gestoppt werden, „sonst wird das kein gutes Ende nehmen.“

Coronafreies Weihnachtsfest

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) appellierte deshalb am Donnerstag an die Bevölkerung, die verschärften Corona-Schutzmaßnahmen mitzutragen: „Wir haben es selbst in der Hand, diese Entwicklung zu stoppen.“ Ziel sei es, die Zahlen so niedrig zu bekommen, „damit Schule und Kita und Einzelhandel geöffnet bleiben können“.

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Gelinge dies, seien keine weiteren Verschärfungen oder gar ein zweiter Lockdown nötig. Jetzt entscheide sich, ob Weihnachten „in gewohnter Weise stattfinden kann, oder ob wir eine Situation haben werden wie an Ostern, wo wir empfehlen mussten, nicht die Verwandtschaft zu besuchen.“

Das könnte ein Vorbild für Deutschland sein: In der walisischen Stadt Cardiff regeln gelbe Markierungen die Bewegung der Fußgänger. Natürlich gilt Linksverkehr ... 
Das könnte ein Vorbild für Deutschland sein: In der walisischen Stadt Cardiff regeln gelbe Markierungen die Bewegung der Fußgänger. Natürlich gilt Linksverkehr ...  Foto: Ben Birchall/PA Wire/dpa

Mit Blick auf das  Beherbergungsverbot, zu dem es noch keine abschließende Einigung gab, sprach sich Spahn für ein regional abgestimmtes Vorgehen aus. Nach den Herbstferien will die Bund-Länder-Runde erneut darüber verhandeln. Einstweilen wird dringend geraten, aus Gebieten mit einer Inzidenz von über 50 nicht innerdeutsch zu verreisen beziehungsweise dort nicht hinzufahren.

Beherbergungsverbot gekippt

Ob das Verbot Bestand hat, ist zweifelhaft: Der Verwaltungsgerichtshof in Baden-Württemberg kippte am Donnerstag das Beherbergungsverbot in dem Bundesland auf einen Eilantrag hin. Kurz danach folgte das niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit einem gleichartigen Beschluss. Sachsen hob das Verbot inzwischen auf.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz ist der Auffassung, dass die Debatte um das Verbot schwerwiegendere Probleme überlagere. Der Stiftung geht der Beschluss von Bund und Ländern deshalb nicht weit genug. Stiftungsvorstand Eugen Brysch: „Die schärferen Regeln für Corona-Hotspots können hier nur ein erster Schritt sein. Denn wie die wenigen Beamten der Ordnungsämter das überwachen sollen, bleibt offen.“ Es fehlten zum Beispiel verbindliche Zielvorgaben zur Stabilisierung der Gesundheitsämter. „Steigen die Neuinfektionen, steigen – verzögert – auch die schweren Krankheitsverläufe und die Zahl der Corona-Toten.“ Betroffen seien insbesondere pflegebedürftige und chronisch kranke Menschen.

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