Warum Stromkonzerne die gesunkenen Strompreise nicht weitergeben: Diese Antwort meines Energieversorgers spricht Bände!
„Alle weiteren Erläuterungen würden hier zu weit führen“, heißt es barsch auf Nachfrage.

Die Entscheidung für den passenden Energieversorger trifft man aus unterschiedlichen Gründen: Viele bleiben aus Bequemlichkeit beim örtlichen Grundversorger, Preisbewusste suchen auf Vergleichsportalen nach günstigen Alternativen. Und dann gibt es auch noch Leute wie mich, die ihren Versorger aus Überzeugung ausgesucht hatten. Die EWS Schönau wurden 1994 aus einer Bürgerinitiative eines Städtchens im Schwarzwald gegründet: 650 „Stromrebellen“ – so nennen sie sich immer noch – gründeten ein Elektrizitätswerk, das regenerativen Strom später auch überregional in die Netze speiste.
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Wofür geben Stromkonzerne eigentlich die Einnahmen aus den Stromtarifen aus?
Jahre vor der Atomkatastrophe von Fukoshima wurde ich Kundin dieses alternativen Stromanbieters, der etwas mehr als andere Unternehmen für denselben Strom kassierte, der aus der Dose kommt. Mir war und ist es wichtig, wo er herkommt. Darüber informierte das rebellische Unternehmen seine Kundschaft: Windkraft, Biogas, geförderte Solar-Projekte. Das waren schon damals wichtige Themen, die andere Stromanbieter erst Jahre später aufgriffen. Vor allem in Süddeutschland wurde die Entstehung von Windkraftparks von Bürgerinitiativen und Regierungen massiv behindert – was in diesem Winter zu einer ernsten Versorgungskrise hätte führen können.
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So ein Unternehmen, das sich gegen eine rückschrittliche Politik wendet, unterstützt man also gerne aus Überzeugung. Doch beim näheren Hinsehen wunderte ich mich gelegentlich, wieviel Energie die „Stromrebellen“ in Dinge steckten, die aus meinem Verständnis nicht viel mit der eigentlichen Stromerzeugung zu tun haben: Die Förderung von Klima-Aktionen wie „Sail the Cop“, politischer Aktivismus: egal wie man dazu steht, es fragt sich, ob dies die Aufgabe eines kommerziellen Unternehmens sein sollte.
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Nachfrage beim Stromversorger: Warum gibt dieser die gefallenen Strompreise nicht weiter?
Die während des Ukraine-Krieges entfesselte Strompreis-Krise brachte das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen: Im Sommer 2022 schossen die Strompreise auf nie gekannte Allzeit-Höhen, um dann allerdings bald wieder in die rauschende Tiefe zu segeln. Für ein paar Wochen überboten sich Politiker wie Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil mit Vorschlägen, die fehlgeleiteten Preis-Anreize der Strommärkte zu korrigieren. Der Staat müsse einschreiten, in Windkraft-Ländern müsse der Strompreis niedriger sein. Auch die EWS Schönau meldete sich in sozialen Medien zu Wort.
Davon hört man wenig, seitdem die Preise im Großhandel ins Bodenlose gestürzt sind. Erstaunlich wenig hört man auch darüber, warum die Unternehmen die sich seit Monaten abzeichnenden Preissenkungen nicht, verzögert oder nur teilweise an ihre Kundschaft weitergeben. Bringt eine Nachfrage beim Versorger Licht ins Dunkel?
Der Tweet, den ich vor einigen Tagen absetzte, war freilich etwas unfair, denn dass der „Überblick“ über die Kalkulation des Strompreises aus weißen Linien auf schwarzem Hintergrund bestand, lag an der Darstellung meines Handys. Aber auch auf einem PC betrachtet, zeigt die Aufstellung nur Eines: Der sogenannte Versorgeranteil soll sich binnen Jahresfrist fast verdoppelt haben. Darin eingerechnet: Beschaffungskosten, Vertriebskosten, Konzessionsabgabe.
„Alle weiteren Erläuterungen würden hier zu weit führen“: So bügelt der Versorger die Nachfrage ab
„Alle weiteren Erläuterungen würden hier zu weit führen“: Das ist der Satz, den eine wissbegierige Kundin, die in meinem Fall auch Journalistin ist, nicht so gerne hört. „Den Strom, den Sie heute erhalten, haben wir nicht erst heute eingekauft“: Aus diesem Satz ergibt sich die Erkenntnis, dass ein erheblicher Teil des vom Unternehmen verkauften Stromes überhaupt nicht aus eigener Produktion stammt, obwohl dieses ursprünglich die Idee war, an die viele Kundinnen und Kunden geglaubt hatten und bereit waren, mehr an ein solches Unternehmen zu zahlen als etwa an den heimischen Grundversorger.
Stromversorger verdienen mit ihrer Kalkulation Geld, finanzieren mit den an Verbraucher umgelegten Preisen vielerlei Dinge, die mit der eigentlichen Stromproduktion nichts zu tun haben: Marketing, Werbung, Lobbyismus und derlei mehr. Der Markt regelt es offenbar nicht: Stromunternehmen sollten dazu verpflichtet werden, ihre Kalkulation genau offenzulegen, damit jeder sieht, womit Stromunternehmen auch Geld machen. Vor allem Erzeuger alternativer Energien verdienen sich an den überhöhten Preisen gerade eine goldene Nase, insbesondere mit längst amortisierten Windkraftanlagen, die Strom zu billigsten Kosten produzieren.
Wenn Stromversorger Übergewinne kassieren, sollte sie der Staat rigoros abschöpfen
Stromunternehmen sahen sich im Sommer dazu gezwungen, diesen Billigstrom teuer verkaufen zu müssen. Daraus sind Einnahmen entstanden, die offengelegt werden sollten. Ob Versorger derzeit Strom teuer anbieten müssen, daran darf man so lange zweifeln, bis die Unternehmen nicht auf den Cent genau darlegen, wofür die Stromentgelte tatsächlich verwendet werden. Viele Milliarden öffentlicher Gelder sind dafür ausgegeben worden, den insolventen Gasimporteur Uniper zu stützen. Auf der anderen Seite haben Versorger aus ihrem Umgang mit der absurden Preisentwicklung an den Energiemärkten mutmaßlich massive Übergewinne kassiert. Das ist die Quelle, die der Staat zuallererst abschöpfen sollte, bevor Verbraucher wieder zur Kasse gebeten werden.