Ex-Audi-Chef Rupert Stadler wird das Gericht bald als freier Mann verlassen können.
Ex-Audi-Chef Rupert Stadler wird das Gericht bald als freier Mann verlassen können. Lukas Barth/AFP

Der gigantische Diesel-Betrug bei VW ist einer der größten deutschen Industrie-Skandale der Nachkriegszeit, es geht um Zehntausende betroffene Besitzer von Dieselautos, einen Milliardenschaden und Imageverlust ungeahnten Ausmaßes. Doch mit einem schlichten „Ja“ genügten dem Ex-Audi-Chef Rupert Stadler nur zwei Buchstaben, um sich eine Gefängnisstrafe zu ersparen.

Als erster Volkswagen-Konzernvorstand will Stadler nämlich Betrug beim Verkauf von Dieselautos mit geschönten Abgaswerten zugeben. Am Mittwoch bestätigte Stadler vor dem Landgericht München, dass er ein umfassendes Geständnis ablegen werde. Im Gegenzug hatte ihm die Wirtschaftsstrafkammer zugesagt, die geplante Freiheitsstrafe von anderthalb bis zwei Jahren nur zur Bewährung auszusetzen.

Außerdem muss Stadler 1,1 Millionen Euro an die Staatskasse oder an gemeinnützige Organisationen zahlen, um nicht hinter Gittern zu landen. Das genaue Urteil will der Vorsitzende Richter Stefan Weickert im Juni verkünden.

Stadler ließ Verkauf manipulierter Dieselautos weiterlaufen

Fünf Wochen lang hatte der 60-jährige Ex-Audi-Boss über das Angebot nachgegrübelt. In zwei Wochen will Stadler sein Geständnis dem Gericht vortragen, kündigte sein Verteidiger Thilo Pfordte an.

Nach Einschätzung der Kammer dürfte Stadler spätestens im Juli 2016 erkannt haben, dass die Abgaswerte der großen Audi-Dieselmotoren manipuliert gewesen sein könnten. Statt der Sache auf den Grund zu gehen und die Händler zu informieren, habe er Produktion und Verkauf der Autos jedoch bis Anfang 2018 weiterlaufen lassen. Wegen Betrugs durch Unterlassen drohte ihm das Gericht deshalb mit einer Freiheitsstrafe. Mit dem Geständnis wird Stadler stattdessen aber das Gericht bald als verurteilter Betrüger, aber als freier Mann verlassen.

Bei der Abgasuntersuchung stimmten bei den manipulierten Dieselmotoren die Werte, aber nicht auf der Straße.
Bei der Abgasuntersuchung stimmten bei den manipulierten Dieselmotoren die Werte, aber nicht auf der Straße. Patrick Pleul/dpa

Jahrelang hatte der ehemalige Audi-Chef seine Unschuld beteuert, seine Rolle als Aufklärer im Dieselskandal betont und gesagt, er sei von seinen Technikern hinters Licht geführt worden. Der Strafprozess um Abgas-Manipulationen im VW-Konzern läuft seit mehr als zweieinhalb Jahren in München. Seit September 2020 steht Stadler vor Gericht, zusammen mit dem ehemaligen Audi-Motorenchef und Porsche-Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz und zwei seiner leitenden Ingenieure.

Die drei Mitangeklagten haben bereits gestanden, Motoren manipuliert zu haben. Damit wurden laut Anklage gesetzliche Abgaswerte zwar auf dem Prüfstand, aber nicht auf der Straße eingehalten. Audi-Chef Stadler soll es nach dem Auffliegen des Skandals versäumt haben, den Verkauf der manipulierten Autos zu stoppen.

Der Prozess ist eines der prominentesten Gerichtsverfahren zur Aufarbeitung des Dieselskandals bei Volkswagen und der Konzerntochter Audi. Der Skandal um millionenfach manipulierte Abgaswerte war im September 2015 aufgeflogen.

In Braunschweig stehen seit September 2021 vier frühere Topmanager des Volkswagen-Konzerns wegen möglichen Betrugs vor Gericht. Das Verfahren gegen den vormaligen VW-Konzernchef Winterkorn liegt krankheitsbedingt auf Eis.