Von der Bundesbank lernen: Ihr Chef fordert mehr Stabilitäts-Disziplin beim Euro
Vor 65 Jahren wurde die Bundesbank gegründet, an die mehr Deutsche glaubten als an Gott, wie ein Franzose feststellte.

Zum 65. Geburtstag der Bundesbank hat ihr Präsident Joachim Nagel darauf gedrungen, dass die Staatsbanker im Euro-Raum ihrer alten Leitidee folgen und für Stabilität der Gemeinschaftswährung sorgen. „Wir können und müssen jetzt alles daransetzen, um zu verhindern, dass sich die aktuell so hohe Teuerung verfestigt. Die immer noch sehr expansive Ausrichtung der Geldpolitik muss zügig beendet werden, und die nun beschlossene Leitzinsanhebung ist dafür ein erster, wichtiger Schritt.“ Nagel betonte: „Preisstabilität ist kein Selbstläufer, sondern muss entschlossen verteidigt werden.“
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Im Juni hatten die Verbraucherpreise im Euroraum um 8,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats gelegen. Die EU-Kommission rechnet für das Gesamtjahr 2022 mit durchschnittlich 7,6 Prozent Inflation im Währungsraum der 19 Länder. Das wäre ein historischer Höchstwert und weit über dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebten stabilen Preisniveau mit einer jährlichen Teuerungsrate von zwei Prozent.
Um die Inflation zu dämpfen, hatte der EZB-Rat, dem Nagel angehört, am 21. Juli die erste Zinserhöhung seit elf Jahren beschlossen. Der sogenannte Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB beschaffen, hatte bei Null Prozent gelegen, steigt jetzt auf 0,5 Prozent und soll weiter wachsen.
Euro soll trotz vieler Aufgaben der Zentralbanken wieder stabil werden
„Jetzt ist es unsere Aufgabe, zusammen mit den anderen nationalen Zentralbanken und der EZB dafür zu sorgen, dass unsere gemeinsame Währung stabil bleibt“, sagte Nagel. „Wir arbeiten mit aller Kraft daran, die Inflationsrate wieder auf den Zielwert von zwei Prozent zu senken. Und dort wollen wir sie halten, auch wenn uns Klimawandel und Energiewende, demografischer Wandel und Digitalisierung als Zentralbanken herausfordern.“

Die Deutsche Bundesbank hatte sich weltweit als „Hort der Stabilität“ einen Namen gemacht. Das schier unerschütterliche Vertrauen der Deutschen in ihre Notenbank als Garant einer wertstabilen D-Mark ist geradezu legendär: „Nicht alle Deutschen glauben an Gott, aber alle glauben an die Bundesbank“ – auf diesen Punkt brachte es 1992 der Franzose Jacques Delors, damals Präsident der EU-Kommission.
Im Juli 1957 wurde das „Gesetz über die Deutsche Bundesbank“ unterzeichnet. Mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 1957 nahm die Bundesbank ihre Arbeit auf. Nagel, der seit Anfang 2022 amtiert, ist der zwölfte Bundesbank-Präsident in der Geschichte der Notenbank.
Als Zentralbank der noch jungen Bundesrepublik stand die Frankfurter Institution vor allem für die Härte der D-Mark. Mit dem Zusammenrücken Europas wurde die Bundesbank im Jahr 1999 Teil des Eurosystems, dem derzeit 19 Staaten angehören.
2023 wird Kroatien das 20. Land mit dem Euro als Währung
Er freue sich, wenn zum 1. Januar 2023 Kroatien als zwanzigstes Land in den Kreis der Länder mit der europäischen Gemeinschaftswährung aufgenommen werde, sagte Nagel. „Was uns im EZB-Rat eint, ist das gemeinsame Streben nach Preisstabilität im Euroraum. Klar ist aber auch: Damit die Währungsunion ein Erfolg bleibt, müssen die Mitgliedstaaten ihrer Verantwortung gerecht werden. Das betrifft die Wirtschaftspolitik, aber auch die Finanzpolitik.“
Der Bundesbank-Präsident ist an den Entscheidungen des obersten Entscheidungsgremiums der EZB, dem EZB-Rat beteiligt, hat aber wie die Vertreter der anderen Euroländer nur eine Stimme, auch wenn Deutschland Europas größte Volkswirtschaft ist. Nagel äußerte sich überzeugt: „Die Bundesbank ist und bleibt eine starke Stimme der Stabilitätskultur und sie wird gut gehört.“