Leopard 2 für die Ukraine?

Verteidigungsminister erwartet Panzer-Entscheidung „in Kürze“

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) verweist in der  Panzer-Frage erneut auf den Kanzler. Und auf die Nato-Partner. Die sollten schon mit der  Ausbildung von Ukrainern am Leopard 2 beginnen.

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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte beim Treffen mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (r.) eine zügige Lieferung neuer Waffen, damit die Ukraine als souveräner Staat bestehen könne.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderte beim Treffen mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (r.) eine zügige Lieferung neuer Waffen, damit die Ukraine als souveräner Staat bestehen könne.Christian Spicker/imago

Im  Panzerstreit hat Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) jetzt im TV-Interview verkündet, man werde in Kürze wissen, wie viele Leopard 2 für die Ukraine bereitgestellt werden könnten. Das festzustellen, sei Voraussetzung dafür, „dass wenn ein Ja kommt, was möglicherweise in den nächsten Tagen der Fall sein wird, dass wir dann auch schnell handlungsfähig sind, ausbilden können und die Verbände dann auch entsprechend verlegen können“. Die Entscheidung über Lieferungen falle aber im Kanzleramt.

Bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin wurde Pistorius deutlicher: „Ich rechne damit, dass in Kürze eine Entscheidung fällt.“

Bei der laufenden Bestandsaufnahme würden Fragen wie Nachschub, Unterhaltung, Instandsetzung und Versorgung der Waffensysteme in einem möglichen Einsatz geprüft. „All darauf bereiten wir uns jetzt vor. Und für den Fall einer positiven Entscheidung werden wir dann sehr schnell handlungsfähig sein“, sagte Pistorius.

Andere Staaten sollen schon mal Ukrainer ausbilden, sagt Pistorius

Er ermunterte Partnerländer, die über einsatzbereite Leopard-Panzer verfügen, eine Ausbildung ukrainischer Kräfte an diesen Panzern bereits zu beginnen.  „Wir selbst können das aber naturgemäß erst machen, wenn unsere Entscheidung zum Umgang mit den Leopard-Panzern gefallen ist.“

Wie mehrfach berichtet, drängen Nato-Länder, das EU-Parlament und im Inland die SPD-Koalitionspartner Grüne und FDP sowie die oppositionelle Union, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) endlich entscheidet.

Zusätzlichen Entscheidungsdruck könnte es bringen, wenn die US-Regierung  nun doch die Lieferung von Abrams-Kampfpanzern in die Ukraine in Betracht zieht. Eine Ankündigung über die Zusage „einer größeren Anzahl“ der amerikanischen M1 Abrams zur Abwehr des russischen Angriffskriegs könnte noch diese Woche kommen, berichtet das Wall Street Journal am Dienstag unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen.

Hintergrund ist die Befürchtung, dass die Ukraine sonst einer erwarteten russischen Frühjahrsoffensive zu wenig entgegensetzen könne.

Diese Panzer kämen zu spät in die Ukraine

Was Leopard 2-Panzer aus den Lagern des Rüstungsunternehmens Rheinmetall angeht, dürfte eine Lieferung dafür zu spät kommen. 29 Stück wären erst im Frühjahr fertig, sagte Konzernchef Armin Papperger dem Stern. „Diese Panzer gehören der Bundesregierung. Damit kann sie tun, was sie will.“

Eigentlich sind sie für einen „Ringtausch“ vorgesehen: Tschechien und die Slowakei sollten sie bekommen, dafür Tanks aus sowjetischer Produktion in die Ukraine liefern.

22 weitere Leopard 2 würden erst Ende 2023 überholt sein. Papperger: „Diese Panzer standen zum Teil zehn Jahre mit offener Luke da, die sind innen verschimmelt.“

Neue deutsche Herausforderung: Panzer zählen
Früher ging der Spott um, Deutschland verfüge über 80 Millionen Bundestrainer. Dann wurden alle – zeitweilig parallel – Virologen, Afghanistan-Kenner und Klimaspezialisten. Jetzt, so scheint es, verfügt unser Land über 80 Millionen Welt-Strategen und Waffenexperten. 
Nun darf und muss sich jeder seine Meinung bilden und sagen, aber dieses weit verbreitete „Expertentum“ ist auch ein Ergebnis der unsäglichen Haltung des Bundeskanzlers, der seit Monaten zwar Führung behauptet, sie aber nicht liefert.
Das hatte sich schon kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine gezeigt, als wochenlang herumgeprüft wurde, ob das kleine Estland zehn Kanonen aus früheren NVA-Beständen an das angegriffene Land liefern darf.
Weder wagt es Scholz, Nein zu Panzerlieferungen an die Ukraine zu sagen, noch kann er sich ein Ja abringen. Bei einer Ablehnung isoliert er Deutschland international noch mehr, bei einer Zustimmung trifft er auf Skepsis bei einer starken Minderheit der Deutschen.
Das Herumeiern („Scholzing“) führt in der Debatte zu einem sich ständig verschärfenden Tonfall, sowohl in der Öffentlichkeit als auch im politischen Raum, selbst unter Koalitionären. Und gleichzeitig zu Verdruss und Zweifel an der Kompetenz der Regierung, für die es augenscheinlich eine Wissenschaft ist, Panzer zu zählen. 
Die sind ja auch leicht zu übersehen, so gut getarnt, wie sie sind ...
Gerhard Lehrke
Die Bundeswehr scheint ihre Leopard-Panzer so gut getarnt zu haben, dass das Zählen Mühe macht ...
Die Bundeswehr scheint ihre Leopard-Panzer so gut getarnt zu haben, dass das Zählen Mühe macht ...Alexander Welscher/dpa

Polen hat deutsche Genehmigung für Panzer-Lieferung beantragt

Insgesamt wird von Militärfachleuten mit einem Bedarf der Ukraine von 300 Leopard 2 gesprochen. Verschiedenste Staaten in der ganzen Welt verfügen über den Panzer, Polen hat zunächst 14 Stück zugesagt und jetzt in Deutschland die Genehmigung beantragt.

Während Pistorius noch zählen lässt, was an Leopard 2 bei der Bundeswehr vorhanden ist, meldete der Spiegel am vergangenen Wochenende, es seien 312. Davon seien 99 in Reparatur, einer ausgesondert. 19 ältere Modelle könne Deutschland problemlos liefern. Sie dienten nur noch als Ziele für virtuellen Beschuss im Manöver.

Neben Leopard 2 könnte Rheinmetall noch 88 Leopard 1 verfügbar machen, hieß es vom Unternehmen. Diese Panzer wurden jedoch vor über 60 Jahren entwickelt, bis 1984 in modernisierten Varianten gebaut und 2003 von der Bundeswehr ausgemustert.