Verteidigungsminister: Erst drängelten alle, Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern und jetzt macht kaum ein Land mit
Die Lieferung von Leopard 2-Panzern an die Ukraine kommt nicht voran, aber es soll wenigstens mehr Flak-Munition geben.

Die Planungen für eine schnelle Lieferung von Dutzenden europäischen Leopard 2-Panzern an die Ukraine kommen nach Angaben Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nur langsam voran. Es sehe „nicht ganz so berauschend aus - um es vorsichtig zu formulieren“, sagte er am Dienstag am Rande eines Treffens der internationalen Kontaktgruppe für Waffenlieferungen an die Ukraine.
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Neben der deutschen Zusage zur Lieferung von 14 Leopard 2A6 gibt es demnach bislang nur aus Portugal die Ankündigung, drei solcher Panzer zur Verfügung zu stellen. Weitere A6 seien derzeit nicht im Gespräch, sagte Pistorius. Bei Panzern vom Typ Leopard 2A4 aus Polen gebe es möglicherweise Probleme, was den Zustand und die Einsatzfähigkeit der Panzer angehe.

Zur Frage, ob er Verständnis für Länder habe, die erst wahnsinnig Druck gemacht hätten, Panzer zu liefern und jetzt Lieferprobleme hätten, sagte Pistorius: „Da ich mich hier auf diplomatischem Parkett bewege, würde ich sagen – wenig.“
Bei Munition und Ersatzteilen verweist der Verteidigungsminister an die Rüstungsunternehmen
Offen ist nach Angaben von Pistorius auch noch die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass genügend Munition und Ersatzteile vorhanden sind. „Das kann nicht Bundesrepublik Deutschland sicherstellen, das können nur die Rüstungskonzerne“, sagte er.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich Ende der vergangenen Woche optimistisch gezeigt, dass die Ziele für die Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine erreicht werden. „Mein Eindruck ist, das läuft“, sagte der SPD-Politiker in der Nacht zum Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel. „Aber es wird natürlich nicht einfach gehen.“
Die Bundesregierung hatte am 25. Januar das Ziel ausgegeben, der Ukraine für zwei Bataillone Leopard-2-Panzer zur Verfügung zu stellen. Diese sind in der Ukraine üblicherweise mit jeweils 31 Panzern ausgestattet. Deutschland selbst will in einem ersten Schritt 14 Panzer abgeben. Die anderen sollen von Partnerländern kommen.
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Deutschland hat für die Ukraine neue Munition für die an die Ukraine gelieferten Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard bestellt, die Rede ist von 300.000 Schuss. Die Verträge mit den Herstellern seien unterschrieben, sagte Pistorius. „Das heißt, wir werden jetzt unverzüglich wieder eigene Produktion aufnehmen bei Rheinmetall für Gepard-Munition. Die wird unverzüglich anlaufen.“
Für die Ukraine gehe es derzeit darum, den Luftraum nicht an die russische Luftwaffe zu verlieren und nicht noch mehr Bombardierungen und Angriffe auf kritische Infrastruktur hinnehmen zu müssen, erklärte Pistorius. Es sei hoffentlich nicht zu spät, dass das Thema nun Fahrt aufnehme.
Ausgemusterte Flakpanzer schießen gut russische Drohnen ab
Die Geparden, von der Bundeswehr seit einem Jahrzehnt ausgemustert, leisteten trotz ihres Alters „herausragende Dienste gerade bei der Drohnenabwehr“ und werde von den ukrainischen Soldaten überaus geschätzt.
Deutschland hat seit dem vergangenen Sommer 32 Gepard-Flugabwehrpanzer in die Ukraine geliefert, fünf weitere sollen bis Ende Februar folgen. Die Munition dafür ist allerdings knapp, auch weil die Schweiz die Weitergabe von Gepard-Munition mit dem Verweis auf ihre Neutralität blockiert und auch Brasilien sie nicht herausgibt.
Eine neue Fabrik des Rüstungsunternehmens Rheinmetall für die Herstellung dieser Munition entsteht derzeit im niedersächsischen Unterlüß im Landkreis Celle Niedersachsen. Die Fertigung soll nach Angaben aus dem Dezember im Juni beginnen.
Warum die Ukraine „Mopeds“ vom Himmel holen muss
Rheinmetall sei dann bereits im Juli in der Lage, eine erste Charge von Gepard-Munition auszuliefern, sagte der Sprecher damals. Dem Vernehmen nach handelt es sich dabei zunächst um bis zu 300.000 Schuss.
Bei der Tagung in Brüssel hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Bündnisstaaten zu weiterer Militärhilfe für die Ukraine im Krieg gegen Russland aufgefordert. Konkret geht es demnach darum, mehr Munition zu liefern und die Produktionskapazitäten hochzufahren. Auch, um damit die eigenen Bestände wieder aufzufüllen. Stoltenberg: „Wir sehen keine Anzeichen dafür, dass Präsident Putin sich auf den Frieden vorbereitet. Er bereitet sich auf mehr Krieg vor, auf neue Offensiven und neue Angriffe.“
Mit Blick auf die mögliche Lieferung von Kampfjets sagte er, dass die Diskussion darüber laufe, dies aber nicht das drängendste Thema sei. Eine wichtige Frage sei, welche Systeme an die Ukraine geliefert würden, und diese Debatte habe sich im Laufe des Kriegs entwickelt. „Aber es ist auch äußerst wichtig, sicherzustellen, dass alle bereits gelieferten Systeme so funktionieren, wie sie sollten.“
Nato-Generalsekretär: Liefert endlich, was ihr versprochen habt
Neben Munition sprach Stoltenberg etwa von Ersatzteilen und Wartung. Zudem sei es dringend notwendig, jene Waffen zu liefern, die bereits versprochen worden seien. Hier erwähnte der Norweger etwa die deutschen Schützenpanzer Marder, die US-Schützenpanzer Bradley und Kampfpanzer wie den deutschen Leopard 2.

Das britische Verteidigungsministerium meldete in seinen täglichen auf Geheimdienstinformationen beruhenden Lageberichten, die Russen griffen an mehreren Stellen verstärkt an. „Das aktuelle operative Bild legt nahe, dass den russischen Kräften in den meisten Frontabschnitten der Vormarsch befohlen wird.“ Allerdings könnten sie an keiner Stelle genügend Kampfkraft bündeln, „um entscheidende Wirkung zu erzielen“.
Das zeigt sich unter anderem daran, dass auf russischer Seite die Einnahme einzelner Dörfer beispielsweise bei der heftig umkämpften Stadt Bachmut gefeiert werde, in der nur noch 5000 der einstmals 70.000 Einwohner ausharren.