Priorisierung

Vergesst die Alten und Kranken beim Corona-Impfen nicht!

Chef der Ständigen Impfkommission tadelt Bundesländer wegen Ausnahme-Impfungen. Sterbezahl sinkt überraschend

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Ein Polizist bekommt im neuen Corona-Impfzentrum im Flughafengebäude Tempelhof seine erste Astrazeneca-Spritze. 
Ein Polizist bekommt im neuen Corona-Impfzentrum im Flughafengebäude Tempelhof seine erste Astrazeneca-Spritze. Foto: AFP-Pool/Tobias Schwarz

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, beklagt das Verhalten der Bundesländer bei den laufenden Corona-Impfungen. Der Ulmer Virologe: „De facto wird in den Ländern schon lange gegen die Priorisierung verstoßen.“ Es seien schon jetzt viele geimpft worden, die nach wissenschaftlichen Kriterien der Priorisierung noch nicht an der Reihe wären - etwa Erzieher, Lehrkräfte oder Polizisten. Ein Lockern der Priorisierung dürfe nicht dazu führen, dass die Schwächsten und Gefährdetsten für schwere Covid-19-Verläufe benachteiligt würden.

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Mertens befürchtet eine weitere Aufweichung der Impfreihenfolge, wenn von April an die niedergelassenen Ärzte in Deutschland flächendeckend mit Corona-Impfungen beginnen. Darauf einigten sich die Fachminister von Bund und Ländern. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) stehen fürs Impfen 75.000 Haus- und Facharztpraxen in Deutschland bereit. Wenn es genug Impfstoff gibt, kann es laut KBV gelingen, am 1. August einen Impfvollschutz der gesamten Bevölkerung zu erreichen.  

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Virologe Mertens hofft darauf, dass Hausärzte sich an die Empfehlungen der Stiko halten. Zur zum Teil lautstarken Kritik am schleppenden Fortgang bei den Corona-Impfungen sagte Mertens, er könne beide Seiten verstehen. Die Länder müssten den Mangel an Impfstoff verwalten, zugleich möchten viele Menschen, die laut Priorisierung noch nicht an der Reihe sind, geimpft werden. „Die Priorisierung war und ist nicht das Problem, sondern der Mangel an Impfstoff.“ 

In Deutschland wird weniger gestorben

Überraschend sind trotz vieler Covid-19-Toter im Februar drei Prozent weniger Menschen gestorben als im Schnitt des Februars der vier Vorjahren. Demnach starben 81.746 Menschen, 2632 weniger als im Monatsdurchschnitt von 2017 bis 2020, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Zur Erklärung, warum im Februar die gesamten Sterbefallzahlen stark gefallen sind, verweist die  Behörde auf den Grippe-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI). Demnach befindet sich die Aktivität anderer Atemwegserkrankungen als Covid-19 auf einem beispiellos niedrigen Niveau. Das dürfte mit den Corona-Schutzmaßnahmen zusammenhängen, die viele Ansteckungen verhindern.